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Sumerki - Daemmerung Roman

Titel: Sumerki - Daemmerung Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dmitry Glukhovsky
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erzählte.
    »Die Organisatoren des Treffens hatten für uns ein kleines Kulturprogramm zusammengestellt und nahmen uns
mit auf eine Expedition nach Uxmal. All die hervorragenden Traktoristen, Melkerinnen und Grubenarbeiter aus unserer Gruppe liefen im Eilschritt an den Pyramiden vorbei und kehrten wieder zum Bus zurück - mich aber traf es damals wie der Blitz. Ich ging herum, fotografierte, sah mir alles an, eine Stunde, zwei - ich konnte mich einfach nicht losreißen. Die anderen hatten mich bereits aus den Augen verloren und hätten mich beinahe in den Ruinen zurückgelassen. Als ich in die Stadt zurückkehrte, kaufte ich mir Bücher über die Geschichte der Indios und las sie mithilfe eines Wörterbuchs. Auf dem Rückweg nach Hause wusste ich bereits, dass ich mit Flugzeugen nichts mehr zu tun haben wollte. Allein die Maya würden mich künftig beschäftigen. Eine absolut faszinierende Kultur, verblüffend wenig erforscht, ein Rätsel nach dem anderen. Allein ihr unerklärlicher Untergang auf dem Höhepunkt ihrer Entwicklung. Nicht einmal die Schrift war entziffert worden. Einige Fachleute hielten diese Hieroglyphen gar für dekoratives Beiwerk. Die Maya warteten damals noch auf ihren Champollion, und mein Ziel war es, diese Rolle zu spielen. Ich studierte Geschichte, beschäftigte mich mit Kryptografie und Sprachwissenschaft, also all dem, was mir dabei helfen konnte, die Maya-Schriftzeichen zu verstehen. Ich setzte meine ganze Kraft darauf - und hatte Erfolg.«
    »Sie haben ihre Schrift entziffert?«
    Der Alte verblüffte mich: Weder Jagoniel noch Kümmerling hatten Knorosows Verdienste auch nur mit einem Wort erwähnt. Log er oder hatte ich einfach unaufmerksam gelesen?
    Er nickte würdevoll.

    »Das beweist noch gar nichts«, sagte ich störrisch. »Ich habe eine kanonisierte Erklärung für die Herkunft des Mausoleums, und die ist nicht schlechter als Ihre.«
    Er blies mir einen Schwall Zigarettenrauch ins Gesicht und drückte die Kippe aus. »Na gut, dann erklären Sie doch mal all das, was Ihnen in den letzten Wochen widerfahren ist, seit Sie begonnen haben, dieses Buch zu übersetzen. Über den Jaguarmenschen, den kopflosen Wächter der Gräber, die Chronik des Künftigen …«
    Seine giftige Replik nahm mir den Wind aus den Segeln. »Ich hatte gehofft, dass Sie mir das erzählen würden.«
    »Leider dringe ich nicht zu Ihnen durch.« Er breitete die Arme aus. »Ich sage Ihnen nochmals, dass all dies hier mit Ihnen und mit dem gesamten Universum geschieht, weil ich es in meinem Traum sehe. Folglich bin ich das Universum.«
    »Aber wenn Sie der König und Gott dieser Welt sind, müssen Sie doch allmächtig sein! Beweisen Sie mir, dass dies keine leeren Worte sind. Vollbringen Sie ein Wunder! Verwandeln Sie diesen Tee hier in Wein, oder schweben Sie mir wenigstens was vor! Bringen Sie mich dazu, Ihnen zu glauben!«
    »Erstaunlich«, seufzte Knorosow. »Es ist immer das gleiche Problem. Alle brauchen unbedingt ein Wunder. Leider muss ich Sie enttäuschen. Ich bin machtlos.«
    »Aber dies ist doch Ihre Welt!«
    »Es ist wie ein zäher Fieberwahn. Ich sehe dies alles nur, bin aber nicht imstande, irgendetwas davon zu ändern. Natürlich sind es meine geheimen Wünsche und unterdrückten Sehnsüchte, die diese Welt formen, beeinflussen und
seine verschlungene Handlung vorantreiben, aber es ist eben auch nicht anders als in gewöhnlichen Träumen. Ich kann nur post factum versuchen zu verstehen, was die eine oder andere Wendung bedeuten soll; und das ist im Grunde, was ich im Augenblick tue …«
    Ich schwieg erneut, verblüfft über den plötzlichen Salto rückwärts, den meine Gedanken gemacht hatten. Doch noch immer fand ich keine Antwort auf die im Raum stehende Frage, also wandte ich mich wieder an ihn: »Wenn dies Ihr Traum ist, wo sind Sie dann selbst?«
    »Eine gute Frage. Wahrscheinlich liege ich irgendwo im Moskauer Krebszentrum und hänge am Tropf. Dort erwartet mich nämlich eine Operation an einem bösartigen Hirntumor. Der erste Verdacht kam mir vor einigen Monaten, anfangs wollte ich es nicht glauben und habe auch meinen Verwandten nichts gesagt, doch dann haben sowohl die Blutuntersuchung als auch die Röntgenaufnahme es bestätigt.
    Ich musste ins Krankenhaus. Eine hervorragende Klinik, das Personal bemüht sich wirklich sehr …« Dann setzte er unvermittelt hinzu: »Lida meinte, dass sie mich fürs Erste nicht besuchen kann. Von der Arbeit kann sie nicht weg, und der kleine Aljoscha ist

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