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Sumerki - Daemmerung Roman

Titel: Sumerki - Daemmerung Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dmitry Glukhovsky
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Schutzabkommen verbunden ist. Außerdem in dieser Ausgabe: In der Stadt Campeche wachsen die ethnischen Spannungen, nachdem mexikanische Söldner der ›Ab Canul‹ dem Maisgott Hun Nal Yeh zwei Kinder aus dieser Region geopfert haben. Weiter mit den Einzelheiten …«
    Plötzlich begann der Lautsprecher wie wild zu zischen, als hätte jemand Wasser auf eine Pfanne mit heißem Fett gespritzt. Hektisch korrigierte ich die Position des Reglers, doch vor Aufregung drehte ich zu weit, und wieder besetzten die lispelnden Lateinamerikaner den Äther. Ich brachte den Zeiger wieder in die ursprüngliche Position zurück, vergeblich: Zwei Millimeter hinter Mexiko-Stadt und vier vor Buenos Aires fing der Apparat nur das monotone Rauschen der Kurzwellenbrandung ein, die sich an der vom Hurrikan verwüsteten Küste des Golfs von Mexiko brach.
     
    Ich machte das Radio aus und kramte die Medikamentenschachtel aus dem Geschirrschrank hervor. Mein Plan war einfach: eine doppelte Dosis Schlafmittel und dann ab ins Bett. Vor meinen Augen schwammen regenbogenbunte Kreise, die sich mal weiteten, mal enger wurden, und mein Herz war schwer wie ein Pflasterstein. Zum ersten Mal
hatte ich das Gefühl, dass die Geschichte, in die ich hineingeraten war, mir über den Kopf wuchs. Das wohlige Kribbeln, das mir all die kleinen Abenteuer bisher verschafft hatten, war zwar schön und gut, doch würde ich für diese Adrenalinstöße irgendwann mit meinem Verstand bezahlen müssen. Gut möglich, dass das bereits der Fall war.
    Panische Gedanken schossen durch meinen Kopf wie wild gewordene Fische in einem wackeligen Aquarium. Aber dann fror das Schlafmittel die schwankende trübe Brühe allmählich ein, sie wurde dichter und dicker, bis sämtliche Gedankenfischlein endlich im Gelee medikamentöser Verblödung stecken blieben. Irgendjemand knipste das Licht aus.
    Der Dämmerzustand verschaffte mir jedoch nicht die erhoffte Ruhepause: Die verfluchten Maya verfolgten mich noch immer. Die Psychoanalyse behauptet ja, dass wir im Traum symbolhaft mit unseren Ängsten konfrontiert werden. Ich aber musste keine Zeichen entschlüsseln, alles lag offensichtlich vor meinen Augen: Ich schlug mich durch einen Dschungel, auf der Flucht vor Kriegern mit bronzefarbener, über und über bemalter Haut. Sie waren mir dicht auf den Fersen, und ich hatte ständig das Gefühl, dass sie mich jederzeit einholen konnten, jedoch lieber noch etwas Katz und Maus mit mir spielten.
    Plötzlich stolperte ich. Sogleich wurde ich gepackt und gefesselt. Dann hoben sie mich, diesen wehrlosen Kokon, mit Triumphgeheul über ihre Köpfe und schleppten mich dorthin zurück, von wo ich hatte fliehen wollen. Ich sah den breiten, flachen Stein mit den herausgemeißelten Rinnen, die von der Mitte zu den Ecken führten, dunkel vom ewig darin fließenden Blut.

    Gewaltsam flößten sie mir aus einem Tongefäß einen übelriechenden Sud ein. Ein purpurroter Nebel trübte meinen Blick, und meine Ohren schienen mit Watte verstopft zu sein, so dass alle Geräusche nur mit Verspätung und verzerrt zu mir durchdrangen. Und als schließlich mehrere starke Hände meinen gefühllosen Körper auf den Altar legten und der Nacom den scharf gewetzten Feuerstein über meinem Herzen in die Höhe hob, war mir alles völlig gleichgültig geworden.
    Im gleichen Moment kam mir zu Bewusstsein, dass dies alles nicht nur zum Schein geschah. Der Stein würde tatsächlich in wenigen Sekundenbruchteilen auf meine Brust niederfahren, meine Rippen würden krachend zerbrechen und ein Schwall dichten Blutes würde herausschießen, und dann würde der Mörder in der Maske einer alten Gottheit mein noch warmes Herz, mein Leben herausreißen. In einer verzweifelten Anstrengung, gleich der Konvulsion eines Tetanuskranken, krümmte ich mich, entwand mich dem Griff der Priester und fiel vom Stein - auf den kalten Parkettboden. Gleichmäßig tickte die Uhr und brachte mich mit jeder Drehung der Zahnräder weiter zurück in meine Welt, und die Schatten der Chaacs , die sich um mein Bett versammelt hatten, zogen sich widerstrebend in die Dunkelheit zurück.
    Es war halb sechs Uhr morgens. Ich wusste, dass ich es jetzt nicht mehr wagen würde, noch einmal einzuschlafen. Nachdem ich mich gewaschen und eine Tasse Tee getrunken hatte, zog ich mich warm an und verließ die Wohnung. Ich musste meinen Verstand auslüften, und nichts war dazu besser geeignet als ein Spaziergang durch das dunkle, dezemberkalte Moskau.

    Die Bürgersteige

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