Sumerki - Daemmerung Roman
Guardians den Ältesten der Maya zu Ohren gekommen), weder die Überfälle wilder Eingeborener noch das Sumpffieber noch das beschwerliche Fortkommen im Urwald. Ja, die Soldaten hatten gemurrt, doch war jeder Versuch eines Aufstands von den Offizieren im Keim erstickt worden.
Der indianische Wegführer glaubte zu wissen, wer der Mann war, der das wahre Ziel ihrer Expedition kannte, der wusste, wonach sie zu suchen hatten und worauf der Bischof so ungeduldig wartete. Es würde nicht mehr lange dauern, bis auch ich diesem Menschen auf die Schliche kam.
Doch wenn bestimmte Kräfte danach strebten, das Siegel zu brechen, um das verbotene Geheimnis aufzudecken, so musste es, wenn man Juan Nachi Cocoms Warnung ernst nahm, auch auf der anderen Seite gewisse Akteure geben, die sich jenen entgegenstellten und das Wissen zu bewahren versuchten. Aus diesem Blickwinkel betrachtet konnte man all die Unglücke, die den Expeditionstrupp heimgesucht hatten, unmöglich länger für Zufälle halten. Sie waren Ausdruck einer dämonischen oder göttlichen Absicht.
Ich musste an das Kapitel denken, in dem die Konquistadoren bereits zu Beginn der Expedition die Hälfte ihrer Soldaten verloren hatten: jene, die zurückgeblieben waren, um das Lager zu bewachen. Die einzige Illustration in diesem
Kapitel war ein abstoßendes Monster auf dem letzten Blatt gewesen. Es war mit Chaac betitelt gewesen. Chaac. Einer der mächtigsten Götter der Maya. Vielleicht waren die Blitze, die in jener Nacht über den blinden, schwarzen Himmel zuckten, und jener Platzregen, der die Spuren der Menschen und Pferde verwischte, nichts anderes als die Verwünschungen und Tränen des Regengottes gewesen? Gab es womöglich noch weitere geheime Anzeichen, die ich aufgrund meiner Unwissenheit nicht hatte entschlüsseln können?
Die Teilnehmer der Expedition hatten sich der Gefahr in dem Augenblick ausgesetzt, als sie sich unwissentlich auf die Suche nach dem von Juan Nachi Cocom beschworenen Wissen machten. Einem Wissen, von dem in den späteren Kapiteln des Berichts vielleicht noch die Rede sein würde. Auch ich hatte folglich nur einen ersten Schritt auf diesem Pfad tun müssen …
Das Blatt Papier, das alles ins richtige Licht rückte, musste mir die Vorsehung selbst in die Hand gedrückt haben. Gewöhnlich werfe ich alle Quittungen, die ich als Nachweis für die Abgabe einer Übersetzung erhalte, unverzüglich in den nächsten Abfalleimer. Aber eine Einzige war auf wundersame Weise in der Gesäßtasche meiner Hose stecken geblieben und hatte mehrere Waschgänge überlebt.
Was ich am Abend zuvor noch für einen wertlosen Papierfetzen mit flüchtiger Unterschrift und verwischtem blauem Stempel gehalten hätte, erkannte ich nun als ein Dokument von unschätzbarem Wert, nämlich als jenen so unscheinbaren, aber entscheidenden Dominostein, der als erster fällt und sodann Tausende anderer mit sich reißt, um
dem Auge des Betrachters neue Muster und verschlüsselte Zeichnungen aufzuzeigen.
»Übersetzungsbüro Asbuka« , stand auf dem Zettel und weiter von Hand: »Auftrag ausgeführt und empfangen. Ausgezahlt 970,00 Rub. Semjonow I.« Schon das seltsame, eiförmige »o« machte mich stutzig, doch als ich das charakteristische »j« erblickte, dessen Schlaufe über fast zwei Zeilen nach unten schwang, bestand kein Zweifel mehr.
Ich wusste genau, woher ich diese Handschrift kannte. Lange und intensiv hatte ich diese vier Wörter betrachtet, sie tanzten mir noch immer vor den Augen wie ein Blendfleck auf der Netzhaut eines unvorsichtigen Schweißers.
»Oni idut sa mnoj« - »Sie kommen mich holen«. Es war dieser panisch hingekritzelte Satz am Ende eines der vorherigen Kapitel, später ausradiert und in Blut versenkt. Und er stammte von der gleichen Hand, die in der ehemaligen Kinderbibliothek meine Übersetzungen quittiert hatte.
Nun wusste ich, wer das Tagebuch vor mir gelesen hatte und welche Verheißungen er darin gesehen haben musste. Er hatte mir einige Mosaiksteinchen vor der Nase weggeschnappt, hatte versucht, sie früher als ich zu übersetzen. Kein Wort hatte er mir gegenüber von seinem Unternehmen verlauten lassen, ja sogar Desinteresse geheuchelt, am Ende jedoch einen furchtbaren Preis gezahlt. Unklar blieb, bis wohin sich Semjonow durchgearbeitet und womit er den Zorn des Auftraggebers auf sich gelenkt hatte - vorausgesetzt, dieser stand hinter dem Mord? Hatte man mit ihm abgerechnet, weil er seine Nase in fremde Angelegenheiten hineingesteckt
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