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ehemalige Raumschiff an den Fisch, in dessen Bauch der Junge hatte ausharren müssen.
In vielen Gesprächen hatte ihm Torogard einen anderen Blick auf ELIUM vermittelt. Dem früheren Sternengiganten war Torogards Vermutung nach beim Absturz auf Less tatsächlich
Leben
eingehaucht worden – wenngleich auf eine völlig fremde Weise und nicht vergleichbar mit einem anderen intelligenten, tierischen oder pflanzlichen Lebewesen. Leben, dessen Tod Serjaff nicht sehen konnte.
Nun war die alte Angst wieder zurückgekehrt. Dies, obwohl er kein Kind mehr war und fast fünfzehn Sonnenzyklen älter und erfahrener.
Fast gehetzt blickte sich Serjaff um. Wohin sollte er sich wenden? Konnte er einfach zurück in die Werkstatt des Aderschlags Gegenwart gehen und so tun, als wäre gar nichts geschehen? ELIUM war größer als jede Stadt auf Less. Zu Fuß benötigte Serjaff für den Weg in die Werkstatt länger als ein fleißiger Schmied an einem Thaynga-Beil arbeitete.
Ein leiser Luftzug kühlte seine erhitzten Wangen und ließ die Flammen der Talglichter flackern. Die Versorger hatten den Luftstrom in diesem Bereich ELIUMS intensiviert. Vor seinem geistigen Auge sah Serjaff die riesenhaften aber gutmütigen Orgamechanoiden, die auf ELIUMS Oberfläche ruhten und unentwegt Luft in den mächtigen Körper pumpten. Dazu blähten sie sich in der Art eines überdimensionierten Blasebalgs auf, bis in ihnen locker ein Zweifamilienhaus des Nadeltals Platz gefunden hätten. Wenn sie ihre Körper zusammendrückten, pressten sie die frische Luft der Oberfläche in den Verteilerraum, von wo aus sie von den Versorgern durch unzählige Ventile bis in den letzten Winkel ELIUMS gelenkt wurde.
Serjaff sog die Mischung aus frischer Luft und dem vertrautem ELIUM-Geruch in sich auf. Mit einem Schlag wurde ihm bewusst, dass er noch nicht zurückgehen durfte. Er konnte Torogards Aussagen nicht so einfach ignorieren. Zudem fühlte er, dass ihn der Anführer als Gesprächspartner mehr denn je brauchte. Es war nun an der Zeit, dass Serjaff ihm etwas von dem zurückgab, wovon er in den letzten fünfzehn Sonnenzyklen profitiert hatte: Verständnis.
Der Todseher lenkte seine Schritte nach links. Tiefer in den Bereich des Aderschlags Zukunft hinein.
Serjaff betrat die in Wohn- und Nasszelle unterteilte Kammer, die er die meiste Zeit seines Lebens bewohnt hatte.
»Ah! Der Meister ist zurück – ein dreifach Hoch auf den Meister!«
Der Todseher musste trotz aller düsteren Gedanken unwillkürlich lächeln. Der kleine Orgamechanoide stakste auf seinen dünnen Beinchen auf ihn zu und streckte ihm einen seiner zwölf Tentakel entgegen. Er war einer menschlichen Hand nachempfunden.
Serjaff griff zu und schlenkerte ihn leicht auf und nieder. Da die Hand aus weichem Zarionleder gefertigt war, lief Serjaff nicht Gefahr, das Sterben des Orgamechanoiden in Form einer Todesvision miterleben zu müssen.
»Schön, dich zu sehen, Nim. Fast hätte ich vergessen, dass du die ganze Zeit über auf meine Kammer aufgepasst hast.«
»Ich habe Euch nicht vergessen, Meister!« Nim strahlte quer über sein possierliches Seepferdchengesicht. »Ihr werdet kein einziges Staubkörnchen finden und die Kakteendinger habe ich auch gegossen, wie Ihr mir aufgetragen habt. Sie gingen mir zwar mit ihrem ewigen Gequassel etwas auf die Hydraulik, doch ich habe ihnen gesagt, dass ich auch nichts dafür kann, wenn ihnen ihre doofen Töpfe nicht gefallen.«
»Das hast du ausgezeichnet gemacht«, lobte Serjaff den Kleinen, dessen langgezogener trompetenartiger Mund vor Stolz erglühte.
Torogard persönlich hatte kurz nach seinem Eintreffen in ELIUM die Orgamech-Werkstatt mit der Erschaffung von Nim beauftragt, damit Serjaff einen Spielgefährten und Haushaltsgehilfen bekam.
Der Todseher ließ Nims Hand los und blickte sich in der Kammer um. Alles war exakt so, wie er es vor sieben Lunarien zurückgelassen hatte. Über seiner Koje hing immer noch der Schlafhimmel, dessen Sterne in der Dunkelheit leuchteten. Auf dem kleinen Sims standen die vier Orgamechanoid-Modelle, die Serjaff in Anlehnung an Torogards Schiffssammlung selbst geschnitzt hatte. Lange Zeit träumte er davon, sich in der Orgamech-Werkstatt zu einem tüftlerischen Erfinder ausbilden zu lassen. Nach fünf Probelunarien in der Werkstatt hatte er aber einsehen müssen, dass er mit seiner ungeschickten rechten Hand nicht dazu berufen war, die feinen Arbeiten an den Verbindungen zwischen den organischen und mechanischen Teilen
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