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schüttete es wie aus Schleusen. Eigentlich liebte der Daride Wasser, fühlte sich im feuchten Element wohl, aber das ging selbst ihm zu weit. Und dabei hatte er sich Gedanken gemacht, wie sie in der Wüste an Wasser herankommen sollten!
Nur ein kleiner Teil versickerte im trockenen Wüstenboden. Der weitaus größere Teil manifestierte sich in Pfützen, die in Senken umgehend die Ausmaße kleiner Seen annahmen. Sturzbäche strömten von Hügeln. Um das Maß für die Mandiri voll zu machen, bescherte das Unwetter ihnen ausgerechnet in dem Moment einen Erdrutsch, als sie eine Anhöhe passierten.
Die Folgen waren katastrophal. Wem das Schicksal zur falschen Zeit den falschen Aufenthaltsort zugewiesen hatte, erhielt keine Chance zur Flucht. Die Schlamm- und Wassermassen waren zu schnell, ein Entkommen unmöglich. Mindestens zweihundert Seelen forderte das Unglück. Angehörige wühlten mit bloßen Händen, um ihre Nächsten zu befreien. Zumeist vergebens, nur einige wenige konnten noch lebend geborgen werden.
Zeit zur Trauer blieb keine, sie mussten so schnell wie möglich weiter. Verzweifelt kämpften sich die Menschen durch nachgebenden Sand, rutschten Dünen hinunter, die unter ihnen wegsackten. Die Adepten waren fortwährend im Einsatz, um die Kolonne beieinander zu halten, denn der Regen behinderte die Sicht so sehr, dass man leicht vom Weg abkommen und sich verirren konnte. Sie machten den Menschen Mut, dass die Hälfte der Wegstrecke fast geschafft sei. Dass es nicht mehr schlimmer kommen könne.
Wasser hatten sie in dieser Wüste jedenfalls genug. Tschad entging diese Ironie keineswegs. Was die Nahrungsmittel anging, mussten die Rationen noch knapper bemessen werden. Zwar würde der Niederschlag den Wüstenboden demnächst vor Leben bersten lassen. Aber bis dahin waren sie vermutlich verhungert. Das machte selbst den emotionslosen Gus zum Zyniker.
Und so verhöhnte der Regen die Flüchtlinge mit jedem fallenden Tropfen.
Langsam wich der Mob zurück. Im Schlamm lag der übel zugerichtete Leib eines Mannes. Er rührte sich nicht mehr.
Fredron hielt den Beutel fest an seine Brust gedrückt, während er sich zwischen den Schaulustigen hindurchschob. Er lief vorbei an Mandiri, die es sich allein, zu zweit oder in größeren Gruppen so gut eingerichtet hatten, wie die Wetterbedingungen es zuließen. Glücklich waren diejenigen, die unterwegs in weiser Voraussicht Blätter des Perwanischen Gummibaums gesammelt hatten, die nun als Regenschutz dienten.
Hierzu zählten sich auch Hemja und Fredron. Der Mann ließ sich neben seiner Frau nieder. Sie spannte das schirmförmige, an Stöcken befestigte Blatt ein Stück auf, um ihm darunter Platz zu bieten.
Fredron öffnete den Beutel. »Ich habe noch einen kleinen Rest Fleisch organisieren können. Möchtest du etwas?«
»Ein bisschen vielleicht, ich habe eigentlich keinen großen Hunger.« Ihre Stimme klang schwach. Mit müdem Lächeln musterte sie ihren Gatten. »Was ist mit dir? Du wirkst so nachdenklich.«
»Gerade eben … einer wollte heimlich von den Rationen stehlen.« Ein bitterer Ausdruck grub sich in seine Miene. »Die zur Verteilung eingeteilten Posten haben es rechtzeitig bemerkt. Sie haben ihn einfach totgeprügelt.«
Hemja seufzte. »Die Maske der Zivilisation fällt in jenen Momenten, an denen der Mensch sich selbst der nächste ist.«
»Und zum Tier wird.« Fredron reichte seiner Frau ein Stück getrockneten Fleisches und steckte sich anschließend selbst etwas davon in den Mund. Es schmeckte grauenhaft, aber es war immer noch besser als gar nichts.
»Wie geht es dir?«, fragte er nach einer Weile des Schweigens. Er sah seine Frau besorgt von der Seite an. »Du siehst nicht gut aus.«
»Es geht«, wiegelte sie ab. »Ich denke, es ist mehr die Erschöpfung. Vielleicht hätte ich mir diese Tortur doch nicht antun sollen.« Sie lachte rau. Natürlich meinte sie das Gegenteil, Fredron hätte sie um keinen Preis der Welt davon abbringen können.
»Was machen deine Schmerzen? Möchtest du etwas von dem Sud?«
»Danke, so schlimm ist es nicht. Sparen wir ihn lieber auf. Wer weiß, ob es in Burundun ohne weiteres möglich ist, Nachschub zu bekommen. Wir können ja auch nicht dafür bezahlen.«
Der Regen hämmerte auf das Blatt, ohne hindurchzukommen. Schweigend beendete das Paar sein karges Mittagsmahl. Bald darauf war Hemja trotz der unbequemen Sitzhaltung eingeschlafen. Sie lehnte an Fredrons Schulter. Er hielt sie fest.
Nach einer Weile rührte
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