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Torogards Gedanken erfasst. Noch ein Gedanke bildete sich in ihm.
Erster.Eins
. Der Stumme hob die Hand und wies auf sich.
»Ersterpunkteins«, flüsterte Torogard. »Ich glaube, ich verstehe …«
Dann drehte der Stumme sich um und verließ den Raum wieder, gab jedoch mit einem Handzeichen zu verstehen, dass die Unterhaltung noch nicht beendet war. Innerlich völlig aufgewühlt folgte Torogard ihm. Der Stumme führte ihn zu dem Konservierungstank, in dem die Überreste des Graxflams aufbewahrt wurden. Nahezu als erste Handlung hatten die Stummen den Tank hier in die Nähe des Herzens von ELIUM schaffen lassen, um eine Extraktion des Erbguts und ein Klonen des Graxflams zu versuchen. Doch die Molekülketten mit den Erbinformationen waren nicht mehr rekonstruierbar gewesen und der Konservierte quasi unter ihren Händen zerfallen.
Das alles war Torogard bekannt. Was genau versuchte Erster.Eins ihm mitzuteilen? Ihm schwirrte der Kopf. Fremde Ausdrücke trieben in seinem Bewusstsein umher, deren Bedeutung er zum Großteil nicht einmal ansatzweise verstand. Die Fehlversuche mit dem Graxflam mussten ein großer Rückschlag sein, doch irgendeine Vermutung sagte ihm, dass es dieser Stumme offenbar nicht so sah. Dass er eine Alternative wusste, mit der er, Torogard, irgendwie zu tun haben sollte.
Damit war die »Unterhaltung« beendet. Erster.Eins wandte sich von ihm ab, und Torogard spürte, dass er nun seinen eigenen Verpflichtungen nachzugehen hatte.
Nachdenklich kehrte er in sein Büro zurück und ließ sich in seinem Sessel nieder. Was hatte die Bezeichnung »Ersterpunkteins« wohl zu bedeuten? Stand er etwa doch über 0/A/11111, der sich sonst unmissverständlich als Chef aufspielte? Und warum sah er anders aus? Lagen die hierarchischen Unterschiede auch darin begründet?
Er griff nach der Kumbak’t-Flasche und rollte sie in seinen Händen. Dabei beobachtete er, wie die Extrakte der weiblichen, orangen und der männlichen, violetten Kumba-Wurzeln mit Schlieren ineinander liefen, ohne sich zu vermischen. Wie gerne hätte er sich jetzt mit Serjaff ausgetauscht.
Oder Zafira, seiner viel zu früh verstorbenen Frau, deretwegen er in all das geraten war, um sein Versprechen an sie einzulösen.
Schließlich goss er sich ein Glas ein, nippte zögernd daran.
»Die Stummen konzentrieren sich auf
mich
«, murmelte er im Selbstgespräch. »Nicht auf Bontonaire oder einen anderen des Aderschlags, oder sonst jemanden von Less, der hier in ELIUM arbeitet …«
In einem Zug leerte er das Glas und goss nach.
»Aber warum?«
6.
Immer und immer wieder kreisten Shanijas Gedanken um die grausamen Erkenntnisse, die sie gerade erfahren hatte. Ein nicht enden wollender Alptraum, der mit ihrer Gefangennahme durch die Quinternen auf Charon begonnen hatte und nun eine noch schrecklichere Fortsetzung fand.
Sie stieß einen Schrei aus, in den sie all ihren Zorn auf die Quinternen und ihren Schmerz über das Schicksal ihrer Tochter Raja legte, katapultierte sich empor und kam federnd auf den Füßen zum Stehen. Ihre Tage als Soldatin mochten zehn Jahre her sein, doch von ihrer Fitness hatte sie nichts eingebüßt, sondern jeden Tag hart in ihrem Dojo trainiert. 0/A/11111 hatte nicht den Fehler begangen, sie zu unterschätzen.
Zehn Jahre hielt sie sich nun schon auf Less auf, hatte vor allem im ersten Jahr lange Reisen hinter sich gebracht, in denen sie viel von der Oberfläche dieser Welt gesehen hatte. Selbst in ELIUM war sie schon gewesen, auch wenn es ein kurzer Trip, eine Rettungsmission für Seiya gewesen war.
Dies hier war
ihr
Territorium! Die Quinternen waren jetzt die Fremden! Damit hatten sich die Vorzeichen verändert und möglicherweise auch alles andere.
Shanija hatte trotz der aufwühlenden Ereignisse genau beobachtet und wusste jetzt, wonach sie suchen sollte, und in welcher Richtung. Sie fand die Öffnung zu ihrem Kerker nach einigem Tasten. Jedoch hatte sich der organische Mechanismus so weit zusammengezogen, dass ihre Fingerspitzen lediglich eine kleine Mulde ertasteten. Das Material war rau, aber dennoch steinhart. Selbst der Boden der Zelle zeigte sich nachgiebiger als diese »Tür«.
Sie versuchte mit den Fingernägeln die Oberfläche aufzukratzen, doch in alter Gewohnheit hielt sie ihre Nägel immer noch militärisch kurz, sodass sie erfolglos abglitt.
Mit Seiyas Händen hätte ich wohl mehr Erfolg gehabt
, grübelte sie, um sich gleich zu widersprechen.
Nein, solche langen Fingernägel wären höchstens
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