SunQuest - die Komplettausgabe 2800 Seiten zum Sonderpreis: Dies Cygni und Quinterna (German Edition)
gefesselt, sondern frei, und musste sich zusammenreißen.
»Ich bin bereit«, sagte die schwarzhaarige junge Frau entschlossen.
Shanija griff in ihren Gürtel und zog zwei Revolver, die sie vor Verlassen der
Sonnenkönigin
eingesteckt hatte, aus dem Gürtel. Earl hatte sich noch über sie lustig gemacht, aber selbst bei einem einzelnen Quinternen ging Shanija kein Risiko ein. Sie hätte eine Schiffskanone mitgenommen, wenn sie in ihren Gürtel gepasst hätte. Und wie recht hatte sie gehabt. Sie reichte eine Waffe an die blonde Abenteurerin, deren blaue Augen angriffslustig funkelten. »Gemeinsam«, sagte sie.
Die Frau mit den kunstvoll arrangierten Zöpfen und der gewagten Lederkleidung grinste verwegen. »Wie damals, beim ersten Mal, erinnerst du dich? Der wandelnde Müllhaufen?«
»Wie könnte ich das je vergessen.« Shanija brachte trotz der Schmerzen ein Lächeln zustande.
Der Quinterne hatte fast die Decke erreicht und drehte sich. Unter das Dröhnen mischten sich schrille Misstöne, anscheinend empfand er den Einfluss des Psiblocks inzwischen als störend, und ebenso versuchte er mit dem Schlag seiner Schwingen den Nanovorhang zu zerreißen. Wie ein Pulsar am Himmel verharrte er über ihnen, mit an- und abschwellender Energieladung, die sich in zu- oder abnehmender Helligkeit zeigte. Vermutlich hatte er sein Werk längst vollenden wollen, doch bisher wurde er daran gehindert.
Seiya straffte ihre Haltung, Shanija konnte ihre Konzentration spüren. Sie nickte As’mala zu, beide stellten sich in Positur. Spannten den Revolver. Hoben den rechten Arm und zielten.
»Pong, Ping, den Vorhang öffnen!«, rief Shanija. »Earl, knall ihm eine vor den Bug!«
Die beiden Drachen schufen ein Loch, durch das eine glitzernde psimagische Faust schoss und den Elohim mit voller Wucht traf. Er wurde zurückgeschleudert, und sein Licht erlosch beinahe, für den Bruchteil einer Sekunde.
Shanija musste sofort reagieren, sie hatte keine Zeit für ein Kommando, aber das brauchte sie auch nicht. As’mala schoss gleichzeitig mit ihr, spannte neu, schoss, spannte neu, schoss. Sie leerten gemeinsam zwei Trommeln in den Körper eines Geschöpfes, das möglicherweise den Mythos von Engeln auf der Erde geschaffen hatte, vor sehr langer Zeit.
Der Körper des Quinternen war aus Fleisch und Blut. Die Kugeln drangen in seinen Leib ein und brachten ihn zum Bluten, zerfetzten seine Flügel, zwangen ihn endgültig zum Erlöschen. Er stürzte ab, und augenblicklich verschwand der grausame Druck. Die Fioren lagen still, und die Draawen sanken erschöpft in sich zusammen.
Seiya stürzte hastig nach vorn, auf den Gefallenen zu, und streckte die Hand aus. Ein eisiger Hauch wehte plötzlich durch die Halle, und der tödlich verwundete, entstellte und verdunkelte Quinternenkörper wurde von einer Frostschicht überzogen. Er lag still, das Blut – dickes,
rotes
Blut – gefror an seinen Wunden.
Die Türen wurden aufgerissen, und mehrere Adepten stürmten herein. Mun, dessen Gesicht grau vor Erschöpfung war, verlangte umgehend Bericht. Wie es aussah, würden die Draawen sich bald wieder erholen. Sie hatten gerade noch rechtzeitig eingegriffen.
»Ich kann noch keine exakte Diagnose stellen«, sagte der Erste Heiler, während seine Mitarbeiter sich um die Fioren und die Draawen kümmerten, »aber nach dem ersten Augenschein sieht es so aus, als sei den Bibliothekaren – und zwar allen, auch den Archivwürmern und den Helfern – Energie entzogen worden, während ihr Verstand gleichzeitig vernichtet werden sollte.«
»Das bedeutet, Eins wollte das gesamte Archiv übernehmen und alle Bibliothekare kontrollieren«, folgerte Earl Hag, und Mun nickte.
»Nachdem der direkte Angriff nicht geklappt hat, haben sie demnach eine neue Strategie entworfen – und durch die Gefangennahme von Eins auch noch einen leichten Weg gefunden, um ins Archiv zu gelangen.«
»Wir haben ihnen wieder einmal in die Hände gespielt«, bemerkte Shanija und rieb sich erschöpft die schweißnasse Stirn. »Bevor sie planen konnten, wie sie einen von ihnen hereinbringen, kamen wir ihnen durch die Gefangennahme entgegen, und Eins hat sich absichtlich geopfert, weil er in der Lage war, ohne die anderen zu überleben.«
»Schnelle Strategie, schnelle Anpassung, rasend schnelle Kommunikation durch Telepathie«, bemerkte As’mala. »Allmählich fange ich an zu begreifen, warum diese Mistkerle seit tausenden Quartennien dermaßen erfolgreich sind.«
Shanija sah zu Mun.
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