Susan Price
Morcar prallte gegen die Leute, die sich am Feuer versammelt hatten. Schreiend schlugen sie auf ihn ein. Elfling war gleichermaßen behindert, dem Messer auszuweichen. Aldgytha schrie, und Hild übertönte alle: »Das Feuer! Das Feuer!«
Morcar packte den Stoff von Elflings Kittel und versuchte, Elfling in Richtung seiner Messerklinge zu ziehen, doch hatte er nicht so viel Bewegungsfreiheit, wie er es sich gewünscht hätte. Ebba drängelte sich durch die Menschen, drückte sich an der Mauer vorbei – wodurch sie eine Lawine aus Schlammverputz auslöste –, packte Morcars Messerhand und hängte sich mit ihrem gesamten Gewicht daran.
Jetzt waren noch mehr Leute auf den Beinen und brüllten und schrien wegen des Feuers. Morcar ließ Elfling los, um sich mit Ebba zu befassen. Sie war schwer genug, seine Messerhand zu behindern, aber sobald er beide Arme benutzen konnte, machte ihm ihr dürres Gestell keine Mühe. Während sie noch an seinem Arm hing, hob er diesen und schleuderte sie in die Mitte des Raums. Fast gleichzeitig drängte Elfling nach vorn, um sich auf Morcar zu stürzen. Einige Männer hielten ihn zurück. Ebbas Griff löste sich, sie segelte durch die Luft – und landete direkt im Feuer.
Innerhalb von Sekunden krabbelte sie heraus, aber ihr Kleid brannte schon lichterloh, und ihre Haut war voller Brandwunden. Ihre Schreie, aus Angst und Schmerz geboren, waren entsetzlich, aber sie beendeten den Kampf. Morcar stand fassungslos da, mit offenem Mund. Aldgytha verbarg ihr Gesicht. Andere schienen ebenfalls noch nicht begriffen zu haben, was geschehen war, oder schrien, während sie Flammen austrampelten, die durch die herausgeschleuderte Glut vom Herd entkommen waren. Hild schließlich warf Ebba zu Boden und schlug mit bloßen Händen auf deren brennendes Kleid ein. Dabei rief sie: »Elf! Elf!«
Elfling lief zu den beiden Frauen, seiner alten Amme und der jungen Leibeigenen. Mit seiner Kraft fiel es ihm leicht, Ebba auf dem Boden zu rollen, bis sämtliche Flammen erloschen waren. Dann nahm er ihren kleinen verbrannten Körper auf die Arme. Als sie vor Schmerzen aufschrie, flüsterte er ihr tröstend zu: »Liebling, Liebling!«, und drückte seinen Kopf gegen ihren.
Alle im Haus sahen staunend zu, selbst Aldgytha wagte den Blick zu heben, als er Ebba, deren Kleid verbrannt war und deren bloße Haut tiefrote Brandwunden zeigte, hochhob, was ihr mit Sicherheit große Schmerzen bereitete. Schnell ebbten Ebbas Schreie zu Schluchzen und Wimmern ab, bis sie schließlich ganz still war. Alle hielten den Atem an, als sie sahen, wie Elfling mit geschlossenen Augen das Mädchen hielt, als konzentrierte er sich angespannt. Eine Ewigkeit schien vergangen, in der Ebba still in seinen Armen lag, als er die Augen wieder öffnete und begann, behutsam über die Wunden des Mädchens an der Hüfte und im Rücken zu streichen. Dabei flüsterte er ohne Unterlass unverständliche Worte, immer noch äußerst konzentriert.
Ebba war sich kaum bewusst, was mit ihr geschehen war. Erst die Angst um Elfling, dann der Kampf mit Morcar und die freudige Erregung, dass sie kämpfte, um ihren Geliebten zu retten – und dann plötzlich die schrecklichen Schmerzen, unerträglich, Hitze und Flammen ringsum. Ihre Panik war durch Hilds Schreie und Schläge noch gesteigert worden. Sie hatte geglaubt, Hild wolle sie bestrafen. Als Elfling sie hochgehoben hatte, waren die Schmerzen entsetzlich gewesen. Es war ihr gleich gewesen, dass es Elfling war; ja, sie hatte nicht einmal gewusst, dass er es war – nur, dass es unsäglich wehtat. Doch dann hatten die Schmerzen sehr schnell nachgelassen. Kühle hatte sich auf die Brandwunden gelegt, als hätte jemand kaltes Wasser darübergegossen. Und dann hörte sie Elfling sagen: »Liebling, Liebling …« Das hatte die größte Linderung gebracht. Eine wohlige Wärme hatte sie eingehüllt, nicht die sengende, brennende, schmerzliche Hitze der Feuerzungen, sondern eine sanfte Wärme, welche sie an Elflings Schulter friedvoll einlullte.
Morcar stand an der Hausmauer, den Kopf unter den mit Stroh gedeckten Dachvorsprung geduckt. Eine Magd kümmerte sich schweigend um das Feuer und sammelte die verstreute Glut ein. Sie bemühte sich, die Konzentration des Elfengeborenen nicht zu stören. Als Morcar sich umschaute, sah er, dass das Gesinde über die Handlungen seines Herrn nicht übermäßig erstaunt war. Seinen eigenen Dienern hing die Kinnlade herab. Er blickte zu Elfling, der immer noch das junge
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