Susan Price
sechzehnte Rune: Wenn mich die Lust treibt, so kann ich die Liebe einer weißhäutigen Frau erringen. Und der Name dieser Rune lautet –
Ich kenne eine siebzehnte: Sie ist so mächtig, dass die Frau an mich gebunden ist, bis ich sie wieder befreie. Und ihr Name lautet –«
»Leg dich hin«, sagte der Einäugige, und Elfling legte sich zwischen seine eigenen Knochen. Der Einäugige häufte die kräftig duftenden Blätter der großen Esche über ihn.
Ebba half ihm. Aus einer Esche hatte Woden den ersten Mann erschaffen und aus einer Ulme die erste Frau. Ich erschaffe einen Menschen, dachte sie, aus Eschenblättern und Eschenholz und Knochen. Sie hielt kurz inne und hob ihre Hände, um nachzufühlen, ob sie zwei Augen hatte oder nur eins. Ihre Hände waren voller Walderde.
Elfling lag zwischen seinen eigenen Knochen und streckte seine Arme und bewegte seine Hände und spürte, wie die Knochen sich unter seinem Fleisch bewegten. Er schaute zu den weit ausufernden Ästen des Baums hoch und nahm die Dunkelheit und das goldene Flackern des Feuerscheins in den rauschenden Blättern wahr. Er hörte das Ächzen des großen Baums, wie er sich ständig bewegte, und spürte, wie die Erde unter ihm pulsierte, als seine Wurzeln ihre Kraft aufsaugten.
Der Einäugige beugte sich zu ihm hinab, und er sah das Glitzern im lebendigen Auge. Der Einäugige kam noch näher, legte seine Lippen auf Elflings Lippen und blies in ihn hinein. Sein Atem stank nach Wolf, und seine Lippen waren kalt wie Lehm.
»Eine achtzehnte Rune kenne ich, doch werde ich sie nie weitergeben, weder der weißen Frau in meinen Armen noch meiner eigenen Schwester! Das Geheimnis allein ist mächtig – nur ich kann es lehren, und das werde ich niemals tun!
Neun Runen und neun habe ich am Baum gelernt, eine harte Schule! Diese Worte sprach ich aus, bevor es die Menschen gab, und dies waren meine Worte nach meinem Tod, als ich mich wieder erhob!«
Das Feuer knisterte. Der Wind blies ihnen Wolken stechenden, atemraubenden Rauchs ins Gesicht. Der Feuerschein warf einen blendend hellen Lichtkreis. Für wenige Sekunden war ein Pfahl in der Nähe zu sehen oder ein Bruchstück eines zerbrochenen Topfes oder die Zahnreihen eines Schweinekieferknochens, der aus dem Unrat des Grabens herausragte. Augenblicke später flackerte das Feuer kurz auf, und alles versank wieder in Finsternis. Jenseits lag eine Mauer aus Dunkelheit, und vor dieser Dunkelheit wirbelten tanzende scharlachrote Funken, und kleine Schneeflocken fielen nun sachte herab und hauchten im Feuer zischend ihr Leben aus.
Ud ergriff die Hände der Leiche und zog sanft an ihnen. Als die Leiche sich dank seiner Kraft erhob, bedeckte Ebba ihren Mund mit der Hand und schloss die Augen. Doch als sie einen Seufzer hörte, der weicher als der Wind in den Bäumen klang, blickte sie wieder auf.
Ud und Elfling saßen sich gegenüber, und Ud hielt Elflings Hände fest umschlossen. Sie saßen wie in einem kleinen Boot, die Beine ineinander verschlungen, und sie lächelten einander an.
Ebbas Blicke huschten zwischen den beiden hin und her. Der eine bekleidet, die nackte Haut des anderen wie poliertes Elfenbein im Feuerschein glänzend. Der eine grau und bärtig, der andere bartlos und wunderschön. Das flackernde Licht spielte über die Falten des alten Gesichts, ließ die Runzeln auf Stirn und Nase tiefer wirken, machte aus dem verlorenen Auge einen Abgrund, entblößte jede einzelne Furche auf den ledrigen Wangen und um die Augenhöhlen.
Das Licht ließ Elflings Gesicht goldbraun erglänzen. Seine Augen blitzten silbern auf.
Ud streckte eine große adernüberzogene, faltige Hand aus und glitt mit seinem dicken Zeigefinger von Augenbraue zu Kinn, wie ein Künstler, der seine Arbeit bewundert.
Ebba zitterte am ganzen Leib, wie eine Stoffpuppe, die an ihren Fäden wild gezogen wird. Sie schlang die Arme um sich und zitterte nur noch mehr. Sie dachte: Niemand sollte dies sehen.
Ud sagte: »Antworte mir, wenn du es kannst. Wie wurde die Erde erschaffen?«
Ebba stopfte sich die Finger in die Ohren, um nichts zu hören, konnte es aber nicht verhindern.
»Vom Ersten«, antwortete Elfling, »der Frau und Mann war, Mutter und Vater von allem. Die Berge entstanden aus den Knochen des Ersten, die Erde aus der Haut des Ersten, der Himmel aus der Rundung des Schädels des Ersten –«
»Genug!«, sagte der Einäugige. »Doch beantworte mir auch dies. Wer waren die ersten Lebewesen, und woher stammten sie?«
»Die Zwerge
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