Susan Price
die anderen Häuser quetschen. Die meisten von ihnen waren Dänen, denn Unwin kümmerte sich weniger um deren Zufriedenheit als um die seiner walisischen Verbündeten. Ebba hörte, wie sie sich beklagten. Unwin nicht.
Sie hatte zugeschaut, wie alle Waffen von den Wänden des alten Hauses hinausgetragen wurden. Der christliche Priester hatte gesagt, sie dürften nicht in einem Hause Gottes hängen. Ing trug ein Schwert, Thunor eine Kriegsaxt und Woden einen Speer, doch Christus hasste Waffen und Krieg – außer natürlich, wenn der Krieg von Unwin geführt wurde.
Innerhalb eines Tages war Jul »heidnisch« geworden und sollte in Vergessenheit geraten. Das Haus musste ab sofort »Kirche« genannt werden, nach einem fremdländischen Wort. Wandteppiche wurden herabgerissen, weil sie »heidnische« Bilder zeigten. Wunderschöne, uralte Schnitzereien wurden von den Säulen und Wänden abgeschlagen oder entstellt.
Es erging der Befehl, in jedem Haus die grünen Zweige zu entfernen, nicht nur in der »Kirche«. Dieselben Frauen, die mit großer Freude Girlanden geflochten hatten, mussten nun jeden einzelnen Zweig, jedes Blatt und jede rote Beere entfernen und hinausfegen. Aber es reichte nicht, sie auf den Misthaufen zu werfen; sie mussten auch noch alle verbrannt werden. Auf den Höfen wurden Feuer entzündet, und alles Grüne wurde in ihnen verbrannt. Der Rauch hatte sich wie tief hängende Wolken über die gesamte Burg verteilt, ein Rauch, der Augen tränen ließ und Kehlen zuschnürte, und das stundenlang.
Während Ebba durch die Straßen schlenderte, war sie auf ein niedergebranntes Feuer gestoßen. Vor einem Gästehaus befand sich im offenen Hof ein Rund aus grauer Asche, umgeben von einem Ring schwarzer Erde, wo die Hitze der Flammen den Schnee hatte schmelzen lassen. Der schwarze Schlamm war noch in derselben Nacht wieder gefroren.
Dänen und Waliser saßen auf der Bank vor dem Haus, und die Frauen der Burg eilten mit gesenkten Köpfen an ihnen vorbei. Ebba beachtete sie gar nicht, tanzte in die Asche und trat eine Wolke feinen grauen Staubs auf, und es roch erneut verbrannt. An ihren Fußgelenken fühlte die Asche sich weich an, ließ sich auf ihrem Rock nieder, färbte ihn grau. Ein Teil davon flog so weit hoch, dass sie ihre dunklen Haare bedeckte und sie in eine alte Frau verwandelte.
Was sie gesehen hatte! Wenn sie sich daran erinnerte, dann schien ihr der Brand so lächerlich zu sein, dass sie laut auflachte – und dann erinnerte sie sich an Elfling in Freyas Armen. Ihr wurde schmerzhaft bewusst, dass sie niemals auch nur den kleinsten Teil dessen erhalten würde, was sie sich vom Leben erhofft hatte. Es tat weh, es schmerzte – und trotzdem konnte sie nicht aufhören zu lachen, vor Verblüffung über das, was sie gesehen hatte, was sie wusste. Es war die Art Wissen, die wie langsam über Haut züngelnde Flammen Schmerzen verursachte und sie wie trunken schwanken ließ. Dies war der Grund, das wurde ihr klar – und immer mehr Wissen schlug wie eine heranbrandende Welle über ihr zusammen –, warum Woden sich sein eigenes Auge herausgeschnitten hatte: für einen Schluck des Wissens. Dies waren der Schmerz und die Trunkenheit, die ihn wie Speere durchbohrt und schwindelnd am Baum hatten hin- und herschwingen lassen.
Sie wirbelte in der Asche, klatschte in die Hände und gab ein Geräusch von sich, das weder Weinen noch Lachen war. Durch den Aschenebel um sich herum erkannte sie den Dänen, den Dunkelhäutigen, den sie »Troll« nannten. Er saß bei den anderen auf der Bank und starrte sie mit offenem Mund an. Sie stampfte mit den Füßen auf, verschwand in einer Aschewolke und sang ihr Lied zum Tanz:
»Jeden Winter verlässt er uns, folgt den Walen auf ihrem Weg,
Doch Stechpalmenfeuer, Stechpalmenfeuer wecken ihn aus seinem Schlaf,
Und er kehrt zurück, er kehrt zurück,
Mit Weizengarben, Weizengarben in seinen Armen.«
Die Asche stob wirbelnd um sie nach oben, und weil sie husten oder lachen musste, konnte sie nicht mehr singen. Wie lustig, dass Unwin die Stechpalmenfeuer befohlen hatte!
Als sich die Asche wieder legte, erkannte sie, dass die Dänen mit dem Polieren und Ölen ihrer Rüstungen aufgehört hatten und untereinander zaghafte Blicke austauschten. Sie hatten ihr Lied verstanden.
Ebba lächelte ihnen zu und erkannte dann am Rande des Aschekreises einen perfekten unangerührten, grünen und scharlachroten Stechpalmenzweig. Sie schnappte ihn sich, tanzte erneut, sprang und drehte sich
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