Susan Price
das Weiß in seinen Augen blitzte ständig auf. »Ich bin auf gar keinen Fall ein Elfenkind«, plapperte er weiter. »Meine Mutter kam aus einem anderen Land. Sie –«
Ein schwacher kühler Lufthauch wehte durch die Hitze im Festsaal und ließ die Flammen von Feuern und Kerzen kurz flackern. Die Tür war geöffnet worden. Hunde bellten, und der Lärm am Saaleingang hatte einen anderen Klang angenommen. Unwin setzte sich in seinem Stuhl auf und schaute zum Eingang. Ingvi hielt mitten im Satz inne.
Der Torwächter durchmaß den Saal mit großen Schritten, um den Gästen des Königs seine Ehrerbietung zu erweisen, wenn auch sein König nicht anwesend war. Vor der Ehrentafel verbeugte er sich tief und sagte etwas in seiner Sprache. Ingvi antwortete ihm, und der Mann wandte sich ab.
»Halt!«, sagte Unwin. »Was ist los?«
»Er hat eine Nachricht für den König«, antwortete Ingvi, als der Torwächter zögerte.
Unwin erhob sich. »Ist jemand am Tor?«
Ingvi übersetzte die Frage und die Antwort des Torwächters. »Ein Mann erbittet den Zugang zur Festung – er muss dies dem König mitteilen.«
»Warum?«, fragte Unwin. »Frag ihn, warum er den Mann nicht zum Gästehaus geschickt hat. Frag ihn, was so wichtig ist, dass er den König selbst darüber in Kenntnis setzen muss.«
Ingvi stellte ihm die Fragen. Der Torwächter wandte sich den beiden Männern wieder zu, und seine Art zu antworten schmeckte Unwin nicht – zu trotzig, zu aufsässig. Ingvi grinste, als er ihm seine Antwort übermittelte. »Er sagt, dass dies König Loverns Burg ist, und dass König Lovern als Erster erfährt, wer an seinem Tor steht.«
Unwin ging an der Königstafel vorbei nach vorn zum Torwächter. Ingvi folgte ihm. »Wer bin ich?«, fragte Unwin den Torwächter.
Nachdem diese Frage übersetzt worden war, schien der Mann einen Augenblick lang verwirrt. »Ihr seid ein Sachse!«, lautete dann seine Antwort, und das verstand Unwin sehr wohl ohne Übersetzung.
»Wer bin ich?«, wiederholte er seine Frage und ging einen Schritt auf den Mann zu.
Der Torwächter antwortete, und Ingvi lachte. »Er sagt, wenn Ihr nicht wisst, wer Ihr seid, dann solltet Ihr einen weiseren Mann, als er es ist, um die Antwort bitten.«
Einen Augenblick lang war Unwin still. Dann lächelte er, legte seine Hand auf die Schulter des Manns und tätschelte sie leicht. »Bin ich der Gast deines Königs?«
Ingvi übersetzte, und es war leicht zu erkennen, wie der Mann mit sich selbst kämpfte, um nicht erneut eine patzige und unwirsche Antwort zu geben. Da Unwin ihn anlächelte und an der Schulter festhielt, gab er widerwillig zu, dass der Sachse des Königs Gast war.
»Bin ich nicht von königlichem Geblüt? Bin ich nicht der Sohn eines Königs? Dann wirst du mir jetzt sagen, wer am Tor steht, und vielleicht können wir es König Lovern ersparen, die Wärme seines Kamins verlassen zu müssen.«
Der Torwächter wich einen Schritt vor Unwin zurück und murmelte etwas.
»Ein Priester steht vor dem Tor«, sagte Ingvi. »Er behauptet, sein Name sei Fillan.«
»Fillan!«, rief Unwin. Der Torwächter ging durch den Festsaal zur Tür.
Einen Atemzug lang blieb Unwin stehen und folgte dann dem Torwächter. Ingvi rannte ihm nach. »Wohin gehst du?«
»Zum Tor.«
»Warum?«
»Um es zu öffnen«, sagte Unwin.
Sie wuchteten die Eingangstür des Festsaals auf und verließen dessen Wärme, als sie in die Nacht hinausgingen. Die Luft war so kalt, dass ihre Haut sich buchstäblich zusammenzog. Schnee knirschte unter ihren Füßen, wirbelte um sie herum und legte sich auf ihre Kleidung.
Ihre Ankunft am Torhaus störte die Wachleute, die aufsprangen und ihr Essen und ihre Getränke zu verstecken und dabei Aufmerksamkeit zu heucheln versuchten. Es war ihnen nicht erlaubt, Unwin aufzuhalten oder ihn am Öffnen des Gucklochs zu hindern, und das gefiel ihnen nicht.
Unwin starrte in den Vorbau des Torhauses. Der Schnee wirbelte umher, nur um kurz im Laternenlicht hell zu schimmern und dann wieder in der Dunkelheit zu verschwinden. »Fillan?«, rief er in die Finsternis.
Vater Fillan hatte sich in einer Ecke des Vorbaus zusammengekauert, denn Erschöpfung und Unterkühlung hatten ihm schwer zugesetzt, und er hörte zunächst gar nicht, dass jemand nach ihm rief. Als er es begriff, schreckte er auf und fiel fast um, denn er konnte sich kaum noch bewegen. »Hier!«, sagte er und krabbelte zum Guckloch.
Unwin erkannte ihn im Laternenlicht sofort wieder – Vater Fillan, der
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