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Susanne Barden 04 - Weite Wege

Susanne Barden 04 - Weite Wege

Titel: Susanne Barden 04 - Weite Wege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen D. Boylston
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ob der Boß ihm wohl fünfunddreißig Cents geben würde, wenn er eine Stunde für mich Schnee schippt. Und ich sagte: Sicher tut er das. Und so kam es denn auch. Er arbeitete eine Stunde, und ich ging nach Haus. Nun hat Jul immer schrecklichen Durst. Ich schätze, er hat den halben Wasserkübel ausgetrunken. Und der Alte gibt sich nicht lange mit ‘nem Trinkbecher ab, der trinkt wie das liebe Vieh. Ich sah ihn noch trinken, als ich fortging.«
    »Ira! Glauben Sie, daß er ... Aber das ist ja nicht möglich! Alle Leute sind doch untersucht worden.«
    »Jul wohl kaum. Vor Ärzten hat er mehr Angst als vorm Gefängnis. Er sagt immer, sie sind alle Quacksalber. Wird wohl auch keiner an ihn gedacht haben, weil er doch selten zu sehen ist. Und sein Wasser ist bestimmt nicht untersucht worden, denn seine Hütte liegt so versteckt, daß man sie kaum findet.«
    »Warum hat euer Lastwagenführer dann aber nicht Typhus bekommen?«
    »Vielleicht war er nicht durstig und hat daher kein Wasser getrunken.«
    »Aber das Kirchenessen? Und die Masons?«
    »Woher die Masons es haben, kann ich mir auch nicht denken. Aber bei dem Kirchenessen ist Jul gewesen. Er geht immer hin und lungert an der Hintertür rum, um sich eine Portion Eiskrem zu ergattern. Ich sah ihn wie eine alte Vogelscheuche dort rumschnüffeln.«
    »Eiskrem!«
    »Ja, das dachte ich auch.«
    Susys Augen blitzten. »Ira - ich wette, wir sind auf der richtigen Spur! Ich werde sofort — Ach nein, das geht ja nicht!«
    »Was ist denn nun wieder los?«
    Susy blieb zögernd stehen. Dann setzte sie sich auf einen Schneehaufen und sah Ira Prouty beschwörend an. »Sie müssen mir helfen, Ira! Kein Mensch darf erfahren, daß wir das entdeckt haben - vor allem nicht Dr. Barry. Er muß glauben, er selber hätte es entdeckt.«
    Die beiden bemerkten nicht, daß hinter dem geöffneten Fenster über ihnen eine Bewegung entstand. Jemand kam in das Parterrezimmer und setzte sich an den Schreibtisch.
    »Es ist unbedingt notwendig, daß Dr. Barry das glaubt«, fuhr Susy fort. »Nun, dafür werde ich schon sorgen. Sie haben nichts anderes zu tun, als ihm dasselbe zu erzählen, was Sie mir erzählt haben, wenn er zu Ihnen kommt. Aber sagen Sie ihm nicht, daß wir miteinander gesprochen haben und daß ich Sie ausgefragt habe. Daß ich bei Frau Ventress gewesen bin, kann er ruhig wissen, denn von ihr habe ich ja nichts Wichtiges erfahren. Aber ...«
    »Moment mal!« unterbrach Ira sie. »Ich kann mir denken, warum Sie das so haben wollen. Aber ich find es nicht richtig, wenn keiner erfährt, daß Sie das mit Jul ‘rausgekriegt haben - falls es Jul ist. Und ich glaube bestimmt, daß er es ist.«
    Aus dem Parterrefenster schwebte Zigarrenrauch, und dahinter tauchte schemenhaft das Gesicht von Elias Todd auf.
    »Aber ich habe doch gar nichts herausbekommen«, erwiderte Susy. »Wir sind sozusagen darüber gestolpert.«
    »Na ja. Aber Sie haben mich durch Ihre Fragen darauf gebracht, und der Doktor ...«
    Susy stand auf. »Unsinn, Ira!«
    »Es ist nicht richtig, Fräulein Barden.«
    »Es ist wohl richtig!« rief Susy hitzig. »Dr. Barry hat sich Tag und Nacht mit dieser Sache abgequält. Soll er nun zum Dank dafür seine Praxis verlieren? Wenn er den Bazillenträger entdeckt, werden die Leute anders über ihn denken als bisher. Er selber muß ihn entdecken. Verstehen Sie das denn nicht, Ira? Wenn er erfährt, daß ich ihn gefunden habe, wird er es überall herumerzählen und sich damit selber den Hals brechen. Das müssen Sie doch einsehen!«
    Schweigend und verwirrt wog Ira seine Begriffe von Redlichkeit und Treue ab, während über ihm Elias Todd mit staunendem Respekt auf Susy blickte. »Na gut«, sagte er schließlich. »Ich will alles so machen, wie Sie wünschen, Fräulein Barden.«
    Susys Gesicht leuchtete auf. Mit einem warmen Lächeln ging sie auf ihn zu, ergriff seine rauhe, mit Farbe bekleckste Hand und schüttelte sie dankbar.
    »Hoffentlich ist es auch recht, was ich tue«, murmelte er. »Wie wollen Sie es dem Doktor denn beibringen?«
    »Das weiß ich noch nicht. Ich werde heute nachmittag darüber nachdenken.«
    »Hm. Seien Sie bloß vorsichtig!«
    »Keine Sorge, die Sache wird schon schiefgehen!« Susys Ton klang sehr zuversichtlich.
    Während des Nachmittags verlor sie jedoch viel von ihrer Zuversicht. Es ist schwer, sich auf einen Plan zu konzentrieren, während man Typhuskranke pflegt. Susy hatte jetzt zwar nur noch acht Typhuspatienten, und zwei davon waren nur leicht

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