Svantevit - historischer Roman (German Edition)
was dieses Schwein außer den falschen Würfeln noch alles im Ärmel versteckt hat!", meinte der Glatzkopf ruhig, wobei sein Schwitzen aber noch zunahm.
"Wenn nicht sofort Schluss ist, werdet ihr noch heute aus der Karawane ausgeschlossen! Warum hilft mir denn niemand?"
Pritzbur krächzte verzweifelt, aber aus irgendeinem Grund hatte heute anscheinend wirklich jeder beschlossen, sich maßlos zu betrinken, sodass das Hoffen auf die Einkehr von Vernunft oder das Durchgreifen anderer Händler ein vergebliches war.
Die Kontrahenten umkreisten einander lauernd, als die Menge zum rhythmischen Klatschen anhob. Pritzbur drückte sich durch die Massen und blieb vor Radik stehen.
"Sind denn heute alle verrückt geworden?", sagte er noch mal leicht fassungslos, wobei Radik nicht entging, dass ihm die Zunge auch schon ziemlich schwer war.
Er griff eine große Schale mit Schnaps und lehrte sie in einem Zuge, starrte kurz vor sich ins Leere, verzog den Mund und übergab sich in einem dicken Strahl zu Radiks Füßen, der schnell etwas zurücksprang.
Dadurch, dass Pritzbur mit den Problemen seiner Innereien kämpfte, bekam er den überraschend schnellen Ausgang des anderen Kampfes gar nicht mit. Der Hagere hatte sich dann doch endlich entschlossen, etwas zu tun, und das Messer in Richtung des Glatzkopf gestoßen, der den umgeworfenen Tisch mit einer Armbewegung erstaunlich behände dazwischen brachte, wodurch das Messer mit lautem Schlag in das Holz eindrang. Dies war wie ein Signal für die umstehende Menge, die nun auf die beiden Kämpfenden zustürmte und beide hochleben ließ, was eine weitere Auseinandersetzung unmöglich machte.
"Bloß raus hier! Alle den Verstand verloren!", lallte Pritzbur und vor der Tür nahmen er und Radik tiefe Züge der frischen, kühlen Luft.
"Pass auf, heute bekommst du etwas zu sehen!" kündigte Pritzbur an, als sie sich am Morgen auf den Weg machten.
Am Vortage hatte es geregnet und über Nacht waren die Temperaturen gefallen, so dass die Wege jetzt zwar schön fest, aber auch gefährlich glatt waren. Dies machte die Leute auf den Wagen sehr nervös und das Gefluche und Geschimpfe übertraf daher an diesem Morgen das sonst übliche Maß. Doch dies hatte Pritzbur mit seinen bedeutungsvollen Worten nicht gemeint.
Die Leute schauten zum Himmel und haderten, denn dort war es klar und es wehte zudem ein kalter Wind aus Osten. Das bedeutete, dass diese Eisschicht, die alles bedeckt hatte, weder bald wegtauen noch sich durch Schnee in einen besser befahrbaren Untergrund verwandeln würde. So ging die Fahrt an diesem Tage nur langsam voran und stockte immer wieder, weil ein Tier ausgerutscht war oder sich ein Wagen quergestellt hatte.
Radik saß auf Kuro und versuchte, beruhigend auf das Tier einzuwirken, das zunächst durch die Glätte irritiert war, dann aber instinktiv vorsichtig voranschritt.
Die Luft war feucht und von Nebelschwaden durchwoben, die sich auch gegen Mittag noch nicht verzogen hatten. Bei diesen Verhältnissen war das Fortkommen sehr anstrengend und manch einer hätte es am liebsten gesehen, wenn der Tross vorzeitig sein Nachtlager aufgeschlagen hätte. Doch die Anführer der Karawane erstickten derlei Gedanken in Keime.
"Wer sagt dir, dass es morgen anderes Wetter gibt? Wie lange willst du dann hier warten? Vielleicht taut es übermorgen und wir versinken im Schlamm! Wer heute nicht weiter will oder kann, muss den Tross verlassen!"
Niemand murrte offen gegen diese Worte und keiner verließ den Schutz der Gemeinschaft, doch das Ende des Tages wurde von allen sehnlicher herbeigewünscht als sonst.
Noch aber stand die Sonne am Himmel, wenn auch immer wieder von Nebelschwaden verdeckt.
Da setzte sich plötzlich ein Ruf durch die Reihe der Wagen fort.
"Halt! Anhalten!"
Einige schauten ungläubig drein, während andere geradezu auf dieses Signal gewartete zu haben schienen. Letztere stiegen von den Wagen und prüften den Sitz der Ladung, klopften gegen die Räder und nestelten am Geschirr der Zugtiere.
Radik ritt auf Kuro langsam an den Wagen vorbei und hatte fast die Spitze des Trosses erreicht, als Pritzbur, der auf seinem Pferd saß, ihn zu sich rief.
"Nun junger Freund, an einem solch widrigen Tage sollst du etwas recht Beeindruckendes zu Gesicht bekommen!"
Sie gelangten an den ersten Wagen und ritten noch ein kleines Stück weiter, als sie plötzlich an das Ufer eines großen Sees kamen. Vor ihnen erstreckte sich eine hölzerne Brücke, deren Ende im Nebel
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