Svantevit - historischer Roman (German Edition)
Deshalb solltest du mit deinem Esel hinter mir bleiben!", rief Radik schließlich herüber.
"Dir werde ich schon noch das Maul stopfen!", schrie Nipud erbost und trat seinem Pferd wild in die Flanken.
Doch Radik parierte den Angriff und auch Kuro selbst schien überhaupt nicht gewillt, sich überholen zu lassen.
Bald konnten sie die Burg sehen, zu welcher der Weg in einer Art Bogen führte. Nipud witterte seine Chance und lenkte sein Pferd auf offenes Feld, da er so die Strecke verkürzen konnte. Sogleich schwenkte auch Radik herüber, wodurch die beiden Kontrahenten kurzzeitig auf gleicher Höhe lagen.
Als Radik wieder Stück für Stück an Vorsprung gewann, zog Nipud sein Pferd dicht heran und begann nach Radik und Kuro zu treten. Nachdem Radik, der davon zunächst nichts mitbekommen hatte, schmerzhaft am Oberschenkel getroffen wurde, fuhr er mit aller Kraft seinen Arm aus und rammte Nipud die Faust mitten ins Gesicht.
Bereits der erste Schlag war ein Volltreffer und so konnte sich Radik wieder auf das Reiten konzentrieren. Dies war auch notwendig, denn schon näherten sie sich einer buschigen Hecke. Da ein Ausweichen einen zu großen Umweg bedeutet hätte, setzte Radik mit seinem Hengst zum Sprung an. Überrascht sah er, dass sie fast auf einer Möwe gelandet wären. Er wusste nicht, ob der Vogel von den Hinterläufen des Pferdes getroffen worden war, doch dies scherte ihn auch nicht. Wichtig war nur, jetzt so schnell es ging über das offene Feld zu galoppieren und als Erster das Burgtor zu erreichen.
Dort angekommen zügelte Radik seinen Hengst und blickte sich neugierig um. Nipud hatte sein Tempo nicht vermindert. Auch die anderen Leute sahen nun mit Interesse zu dem jungen Mann herüber, der dort in strammem Galopp angeritten kam und aus dessen Nase Blut floss, welches sich auf seinem Hemd auszubreiten begann.
Nur die Anwesenheit der vielen Menschen, vor allem der beträchtlichen Anzahl von Soldaten, die sich vor der Burg aufhielten, hielt Nipud wohl davon zurück, sich sogleich auf Radik zu stürzen.
"Vielleicht solltest du es das nächste Mal beim Reiten belassen! Ich glaube, das Raufen bekommt dir nicht!", sagte Radik schadenfroh, "Aber erst musst du dir entweder ein neues Pferd besorgen oder noch etwas üben, bevor du mich hierbei bezwingen kannst!"
Nipud erwiderte nichts, wischte sich mit dem Hemdsärmel die Nase und spie blutigen Rotz in den Sand. Sein hasserfüllter Blick war Radik eine eindringliche Mahnung, künftig auf der Hut zu sein.
Den Neuankömmlingen blieb nicht viel Zeit, sich in der Fürstenburg umzusehen, da sie sogleich von einigen Männern in Empfang genommen wurden, die sich mit lautstarken Kommandos ihrer annahmen.
Radik schätzte die Zahl der jungen Männer, die hier ihre Ausbildung zu Soldaten erhalten sollten, auf etwa fünfzig, alle im Alter von sechzehn bis zwanzig Jahren. Sie beäugten einander neugierig, einige schienen sich auch bereits zu kennen.
Im Inneren des Burgwalles befanden sich in dreistöckiger Anordnung übereinander kasemattenartige Räumlichkeiten, in denen nun die Quartiere zugewiesen wurden. Die Einrichtung war sehr spartanisch und zudem wirkte alles sehr beengt. Zu beiden Seiten waren Bänke, die auch als Schlafstätte dienten. Die niedrige Decke gestattete kaum, dass man sich voll aufrichtete, zumal wenn man, wie Radik, etwas höher gewachsen war.
In jeden dieser Räume wurden zwei der neuen Krieger gewiesen. Radik legte das Tuch, das er des Morgens in seiner Hütte gebunden hatte, auf die rechte Bank, welche die nächsten Wochen sein Schlafplatz sein würde. Zu ihm gesellte sich ein Bursche namens Granza, der einen freundlichen Eindruck machte. Er stammte, wie sich herausstellte, aus Garz und sein Vater, welcher Litog hieß, arbeitete am Fürstenhof.
Doch es blieb keine Zeit, sich näher bekannt zu machen, da die jungen Männer durch laute Rufe sogleich wieder herausbeordert wurden. Erwartungsvoll blickten alle auf die Handvoll Soldaten, die sich vor ihnen aufgebaut hatte.
"Ihr habt also beschlossen, euch als Soldaten zu verdingen?", fragte ein kleiner dicker Mann mit abschätzig musterndem Blick.
Vielmehr, dick war er eigentlich gar nicht, er wirkte nur so. Dies mochte daran liegen, dass er keinen Hals besaß, zumindest konnte man einen solchen nicht erkennen. Der Kopf ruhte direkt zwischen den Schultern, wobei das Kinn auf der Brust aufzuliegen schien.
"Wenn ich mir einige von euch so ansehe, hab ich Mühe, an mich zu halten und nicht
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