Svantevit - historischer Roman (German Edition)
aus dem Sturm auftaucht. Völlige Überraschung – Gegenwehr zwecklos!" und Radik malte sich in Gedanken aus, wie das Boot in schneller Fahrt aus dem Dunstschleier auftauchend, auf den schäumenden Meereskämmen mehr schwebend als schwimmend, auf das Land zuschießt.
Die Ruderer greifen so kraftvoll in die Riemen, dass man meint, sie würden am Ufer nicht halt machen, sondern das Land unter dem Kiel ebenso zerteilen, wie es der Bug mit der See tut.
"Bei dem Wetter wirst du nicht einmal bis Hiddensee kommen", riss ihn Ferok aus seinen Träumen und wie zur Bestätigung wurden beide durch eine kräftige Windböe umgeworfen.
"Du Angsthase würdest die Dänen natürlich bei bestem Sonnenschein angreifen", erwiderte Radik, der sich wieder erhob und den Sand von der Kleidung klopfte, "Das würden die da drüben aber sofort sehen, ihre Frauen und Kinder ins Hinterland schicken und hätten genug Zeit, ihre Schwerter vom Schmied noch mal schleifen zu lassen. Und wenn du Held dann dort ankommst, noch erschöpft vom Rudern, veranstalten die Dänen ein kleines Schlachtefest. Aber immerhin musstest du keine Angst haben, vorher zu ertrinken."
Ferok machte eine abwinkende Handbewegung und meinte: "Warum sollen wir uns darüber Gedanken machen. Bis zu den dänischen Inseln werden wir Fischer ja doch nicht kommen."
Er wusste, dass er Radik mit solchen Anspielungen reizte und konnte sich diese Spitze nicht verkneifen.
"Das wollen wir doch erst noch sehen, wer hier Fischer wird und wer nicht", sagte dieser daraufhin ruhig, aber so scharf, dass es trotz des Windes gut zu verstehen war und fügte fast im Befehlston hinzu: "Wir gehen zur Burg!"
In der Burg herrschte wie immer ein lebhaftes Treiben. Bauern und Fischer lieferten in Säcken, Körben oder auf Ochsenkarren Waren an, hauptsächlich Nahrungsmittel. Auch der Schmied mit seinen Gehilfen hatte hier ständig zu tun. Sie fertigten Waffen und Ausrüstungen für die Soldaten und deren Pferde. Der Bedarf war recht groß, da das Eisen oft von nicht allzu guter Qualität war und daher schnell abnutzte. Das beste Roheisen wurde für die Herstellung der Waffen, Schwerter, Langmesser und Äxte verwendet.
Die Schmiedearbeiten fanden, ebenso wie die Gewinnung des Eisens aus Rasenerzen, außerhalb der Burg und außerhalb der Dörfer statt. Das offene Schmiedefeuer war eine zu große Gefahr für die oft eng zusammen stehenden Holzbauten.
Obwohl zwei Soldaten am Burgtor standen, war es für Radik und Ferok nicht schwer, hineinzugelangen. Schließlich konnten und wollten die beiden Wächter nicht jeden Ankommenden nach seinem Begehr fragen. Daher war es nur wichtig, einen geschäftigen Eindruck zu machen und in der Menge der Menschen, die in die Burg gingen, nicht aufzufallen. Zur Not hätte Radik natürlich auch sagen können, dass er seinen Onkel besuchen wolle, aber es war doch angenehmer, erst gar keinen Argwohn auf sich zu ziehen.
Gerade als die beiden Freunde das Tor passierten, kam ihnen ein Trupp Berittener aus der Burg entgegen, der sich lautstark seinen Weg bahnte. Radik erkannte sogleich Dubislaw, den "Herrn der Peitsche", an der Spitze dieser Gruppe. Die Reiter trugen an ihren Gürteln Langmesser und Äxte und stießen den Pferden leicht in die Flanken, nicht um diese zum Vorwärtsgehen zu bewegen, sondern um sie geschickt durch die Menschen zu dirigieren. Die Tiere machten einen frischen, fast wilden Eindruck und schienen es kaum erwarten zu können, endlich in vollem Lauf davonzupreschen.
Radik war von dem Anblick so fasziniert, dass er mitten im Tor stehen blieb. Am liebsten hätte er seine Hand nach den Pferden ausgestreckt, die dicht an ihm vorbeiritten und deren lautes Schnauben ihre ungestüme Kraft verriet. Er schaute ihnen noch nach, als sie hinter dem Tor den Weg verließen und über ein abgeerntetes Feld davon galoppierten, nasse Erde hinter sich aufwerfend und in Gedanken malte er sich aus, zu welchen Heldentaten dieser Trupp nun aufgebrochen sein mochte.
Auch die Bäuerin, die hinter Radik und Ferok ging, hatte den Reitern hinterher gesehen, war dabei aber weiter vorwärts geschritten und hatte so nicht bemerkt, wie Radik stehen geblieben war, gegen den sie jetzt prallte. Dabei erschrak sie derart, dass sie einen Korb mit Äpfeln fallen ließ.
"Junge! Kannst du nicht aufpassen?! Steht da und träumt!", keifte sie sofort.
Die Äpfel rollten quer über den Weg und Ferok lief hinterher, um sie wieder einzusammeln. Ein Bauer, der aus der Burg kam, musste sein
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