Svantevit: Radiks Geschichte - Historischer Roman (German Edition)
jedoch nicht mehr einholen.
"Wenn ich gewusst hätte, dass du beim Schwimmen ausschlägst, wie ein störrischer Maulesel, hätte ich einen größeren Abstand gewählt", sagte Radik und hielt sich die Seite.
"Ich?", tat Ferok ungläubig, "Vielleicht ist dir ein Aal in die Quere gekommen."
"Ja, genau. Aber ich habe den Aal zu packen bekommen und der sah dir verdammt ähnlich."
"Ich weiß nur, wer der Schnellste war", meinte Ivod und übergab den faustgroßen Stein an Ferok, "Du kannst ja ein Loch durchbohren, ihn an eine Kette hängen und deiner Freundin schenken. Aber wundere dich nicht, wenn diese bald einen Buckel hat."
"Er bekommt doch sowieso nur eine Bucklige als Freundin."
Beim Spott waren sich die Brüder stets einig.
Radik war froh gewesen, als sein Hengst endlich ein Alter erreicht hatte, um geritten zu werden.
"Für dieses Tier trägst du die alleinige Verantwortung. Du allein kannst über ihn bestimmen", hatte Ugov ihm nochmals versichert, "Wenn du ihn schlachten wolltest, könntest du auch dies tun."
Wieder einmal lenkte Radik nun die Schritte seines gefügigen Pferdes zur Hütte des Alten, wobei er darauf achtete es in der Hitze nicht so sehr zu hetzen.
Womar hielt sich angesichts der hohen Temperaturen möglichst nur im schattigen Haus auf und Radik half Kaila bei der Arbeit mit den Bienen. "Pass auf, dass du nicht alles verplemperst!"
Radik schleppte einen Bottich voll Wasser zum Stall, um die Tiere, die zum Teil sehr unter der Hitze des Tages litten, damit zu versorgen. Kaila liebte es, Radik etwas zu necken und hatte ihm gegenüber nun jede Beklemmung verloren. Es war fast so, als wären sie Bruder und Schwester, dachte Radik manchmal, aber ihr Bruder wollte er nicht sein.
In einem Verschlag stand die Stute, die Womar seinerzeit von dem Bauern gekauft hatte. Auch ihr Fell hatte ein dunkles Schwarz, wie Radiks Hengst, der daneben angebunden war.
"Ein schönes Tier", meinte Radik, tauchte seine Hand in den Bottich und benetzte den Hals der Stute mit Feuchtigkeit.
Da zwängte sich unvermittelt Kaila zwischen ihn und das Tier und sah ihn herausfordernd mit ihren strahlend grünen Augen an.
"Findest du mich eigentlich auch schön?"
Die Frage klang ehrlich und Radik wusste, dass es ihr nicht um reine Koketterie ging. Sie war allein mit ihrem Großvater und ihrer Tante aufgewachsen. Sicher hatte ihr Großvater ihr unzählige Male gesagt, was für ein hübsches Mädchen sie sei, aber dies hätte er auch getan, wenn sie eine Hakennase und nur ein Auge haben würde.
Radik musste sich seine Antwort wohl überlegen. Er tippte ihr schließlich mit dem Zeigefinger an die Stirn, fuhr langsam an ihren Nasenrücken hinunter, umkreiste sanft ihre Lippen, die sich zu öffnen begannen, und streifte schließlich den Hals, um seine Hand wieder zurückzuziehen.
"Mir ist jedenfalls noch kein Mädchen begegnet, das ich hübscher gefunden hätte", sagte er schließlich, während sie sich tief in die Augen blickten.
In dem Augenblick machte die Stute einen Schritt zur Seite und stieß den Bottich um, so dass das Wasser Radik und Kaila über die Füße lief.
Beide erschraken etwas und Kaila fragte überraschend: "Wollen wir noch schwimmen gehen?"
"Gerne! Aber zunächst hole ich mal neues Wasser für die Tiere."
Das Meer versprach wenig Abkühlung, zumal Radik heißer war, als er es je erlebt hatte. Sie hatten Kuro mitgenommen, der es liebte, im Wasser zu traben und Radik war dankbar für alles, was ihn von ihrer Blöße ablenkte, der er nicht unbefangen standhalten konnte.
Zurück am Ufer legten sie sich in das Gras, um ihre nassen Körper von der Sonne trocknen zu lassen, während Kuro, den Radik vergeblich gerufen hatte, noch durch das Wasser stolzierte.
Vorsichtig beugte sie sich hinüber und küsste seine Wange, woraufhin er sofort ihre Lippen suchte. Seine Hände ertasteten ihren Körper und schließlich schwang sie ihre Beine um seine Hüfte und setzte sich auf ihn.
Der Kaufmann
Im Spätherbst fand wie in jedem Jahr der Heringsmarkt statt. Radik half diesmal Womar und Kaila, ihren Honig und Met zu verkaufen.
Manchmal konnte er sein Glück kaum fassen. Das hübscheste Mädchen, das er je erblickt hatte, war die seine, er hatte einen Lehrer, der ihm Dinge beibrachte, die niemand in seiner Umgebung sonst wusste und er besaß sein eigenes Pferd.
An diesem Tag hatte ihn sein Vater beauftragt, eine Gruppe von Kaufleuten aufzusuchen, die in einer Gastwirtschaft logierten und ihnen
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