Svantevit: Radiks Geschichte - Historischer Roman (German Edition)
Kleidungsstück geschenkt zu bekommen", fiel die Mutter sofort ein.
"Bei mir brauchst du keinen Pelz", gab der Vater zur Antwort und legte beide Arme um ihre Schulter, "Ich kann dich jederzeit warm halten und sei es nur mit dem Feuer meines Herzens."
Die Kinder stöhnten und Radik erhob sich und ging hinaus.
"Was soll ich mit einem Pelz?", fragte Kaila erstaunt.
"Möchtest du lieber einen Ring oder eine Kette?"
"Eine Kette habe ich bereits, noch dazu eine sehr schöne", sie holte das halbe Herz aus Bernstein hervor.
Radik beeilte sich, es ihr gleichzutun und beide drückten die Hälften aneinander.
"Woher stammt der Kaufmann überhaupt?", fragte Kaila und Radik wusste nur zu antworten, dass er wohl einen langen Weg hinter sich habe, denn er hatte von monatelanger Reise gesprochen.
"Mein Vater sagt, dieser Händler sei jedes Jahr zum Heringsmarkt da und das schon seit längerer Zeit. Er soll ein guter Abnehmer für Salzheringe sein."
"Vielleicht habe ich da eine Idee, was du dir von ihm wünschen könntest. Bedenke, du hast ihm immerhin das Leben gerettet."
"Sag schon."
Radik war ungeduldig.
"Wenn du die Geschichten hörst, die dir mein Großvater oft erzählt, wovon träumst du dann?"
"Meistens träume ich ja von dir", sagte Radik halb als Frage, denn er wusste nicht genau, worauf sie hinauswollte.
An dem Tag, an dem die Kaufleute ihre Fässer aus dem Dorf abgeholt hatten, machte sich Radik wieder zum Gasthof auf. Er war in gespannter Erwartung und meinte, auf eine genauso ausgelassene Runde zu treffen, wie er sie vor einigen Tagen verlassen hatte, doch bereits beim Eintritt in die Stube war es merkwürdig ruhig.
Radik sah, dass Pritzbur alleine an einem Tisch saß und sich tief über ein Stück Pergament beugte. Er schritt auf ihn zu, wurde aber von einem Mann am Arm festgehalten, einem großen breitschultrigen Kerl, dessen Gesicht narbenzerfressen war und dem ein Teil der Zähne fehlte.
"Nicht jetzt! Er macht gerade die Abrechnung, da ist meistens dicke Luft!"
Der Mann wollte ihn zu einer Bank ziehen, als Pritzbur kurz aufschaute und sich ein Lächeln abrang.
"Ach mein junger Freund. Wie war doch gleich der Name? Sicher willst du deinen Pelz abholen."
Er deute auf den narbigen Kerl.
"Rubislaw wird dich hinführen und dir einige Mäntel zeigen. Such dir aus, was dir gefällt und sei nochmals bedankt!"
Pritzbur senkte wieder seinen Kopf und setzte eine grüblerische Miene auf.
"Ich wollte fragen …"
Rubislaw hatte Radik wiederum sofort am Ärmel gepackt, aber Radik riss sich los und trat schnell zu Pritzbur an den Tisch.
"Ich möchte keinen Pelz!", sagte er laut und der Kaufmann blickte verdutzt auf.
"Du immer noch. Hat Rubislaw dir nicht die Pelze …"
"Ich möchte keinen Pelz!" wiederholte Radik.
"So? Dann mach aber schnell, ich habe keine Zeit!", sagte Pritzbur nun unwirsch.
"Bist du nächstes Jahr wieder hier?", fragte Radik zögernd.
"Ja, natürlich, so Gott will. Was soll ich dir mitbringen?"
"Nichts! Mein Wunsch ist, dich auf der Reise zu begleiten."
"Was? Wie stellst du dir das vor? Das ist wahrlich kein Ausflug! Und ich habe gar nicht die Zeit, ständig auf dich aufzupassen!"
Er schüttelte den Kopf und wendete sich wieder dem Pergament zu.
"Ich könnte doch auch mithelfen!", sagte Radik, der nicht gewillt war, sich so einfach abspeisen zu lassen.
"Mithelfen? Wie alt bist du?"
"Sechzehn Jahre."
"Mein Gehilfe Rubislaw, dessen körperliche Kräfte enorm entwickelt sind, kann ein Heringsfass alleine auf den Wagen heben. Du bist zwar für dein Alter recht groß und scheinst kräftig, aber ich bedarf deiner Hilfe nicht."
"Du hast aber versprochen, ihm jeden Wusch zu erfüllen", mischte sich plötzlich Rubislaw ein.
"Habe ich dich nach deiner Meinung gefragt?", giftete Pritzbur zurück, bemerkte aber, dass auch die anderen Männer im Raum auf ihn starrten.
"Was glotzt ihr so. Ich weiß selbst, dass mir der Junge das Leben gerettet hat und ich ihm dafür eine Belohnung versprach. Aber ein Pelz ist allemal genug."
"Er ist immer sehr übellaunig, wenn er über seiner Rechnung sitzt", flüsterte Rubislaw Radik ins Ohr.
"Deinetwegen kann ich nun noch mal beginnen!", brüllte Pritzbur Radik an und wies auf das Pergament, "Du siehst doch, dass ich keine Zeit habe!"
"Und wenn ich für dich schnell die Rechnungen ausführe, kann ich dann mit dir weiterreden."
Pritzbur schnappte nach Luft.
"Übertreib es nicht, Bengel! Meine Geduld hat ihre Grenzen!"
Radik
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