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Sweetgrass - das Herz der Erde

Sweetgrass - das Herz der Erde

Titel: Sweetgrass - das Herz der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Alice Monroe
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eine traurige Wendung genommen hatte. Der Sinn für das Zusammensein und für angeregte Gespräche verschwand, während die stummen Monate zu Jahren wurden. Irgendwann hatte Nan geheiratet und war von zu Hause ausgezogen, und danach war Morgan im Streit in den Westen aufgebrochen. Doch noch heute, wenn Nan an ihre Familie dachte, erinnerte sie sich voller Freude an die kostbaren Jahre, als die Familie sich vollständig zum Sonntagsessen traf.
    Sie kamen ein bisschen zu spät in Sweetgrass an. Chas und Harry hatten herumgetrödelt, mit der typischen Verbocktheit von Teenagern, die sich ordentlich anziehen mussten, um bei schönstem Wetter den Tag im Haus zu verbringen und sich zu Tode zu langweilen. Hank schien daran zu liegen, dass sie gemeinsam zu dem Familienessen gingen, und er hatte den Jungen Beine gemacht. Nan sah in den Rückspiegel. Stumm und abweisend saßen die Jungen auf dem schwarzen Lederrücksitz des Wagens.
    “Adele ist schon da”, sagte Hank kurz, als sie vor dem Haus vorfuhren. Hank arbeitete bei seinen Immobiliengeschäften eng mit Adele zusammen, und sie war nicht nur eine Verwandte, sondern auch seine Chefin.
    Nan biss sich auf die Unterlippe und warf einen Blick auf die Uhr. “Wir sind nur eine halbe Stunde zu spät. Ich glaube nicht, dass man uns schon vermisst hat. – Jungs”, rief sie, als ihre Söhne aus dem Wagen kletterten, “benehmt euch bitte.”
    Sie nahmen die Stufen zur Veranda, wo die Blumenkästen voller hübscher gelber und dunkelroter Stiefmütterchen standen und sämtliche Messingteile auf Hochglanz poliert waren. Nan stand in ihrem pfirsichfarbenen Leinenkleid vor der Haustür, um sie herum die großen gut aussehenden Männer ihres Lebens. Hank zog seine Krawatte zurecht, bevor er läutete, und Nan wischte noch einen Fussel von seinem Jackett. Als sie seine Anspannung bemerkte, überlegte sie, warum er wegen dieses Familientreffens so nervös war. War er all die Jahre von ihrer Familie wirklich wie ein Außenseiter behandelt worden?, dachte sie. Sie legte eine Hand auf seinen Arm und drückte ihn beruhigend. Er wandte ihr den Kopf zu und sah sie fragend an.
    Doch bevor Nan etwas sagen konnte, wurde die Tür geöffnet. Zu ihrer Überraschung wurden sie von Tante Adele begrüßt, die eine ausgefallene Bluse aus cremefarbener Rohseide trug und in jeder Hinsicht wie die Dame des Hauses wirkte.
    “Da seid ihr ja!”, rief sie, und ihre dunklen Augen strahlten. Prestons Schwester war eine große stolze Frau, mit der man es weder beim Golf- oder Tennisspiel noch in der Immobilienfirma, die sie aufgebaut hatte, leicht aufnehmen konnte. Ihr grau meliertes Haar war kurz geschnitten und frisch frisiert und betonte ihre sportliche Schönheit.
    Nan begann bereits mit den Entschuldigungen für ihre Verspätung, aber Adele ging unbekümmert darüber hinweg.
    “Oh, das macht überhaupt nichts. Kommt rein, kommt rein! Und ihr zwei”, sie öffnete ihre Arme, um die Jungen an sich zu drücken, “wo habt ihr denn so lange gesteckt? Kommt sofort her und gebt mir einen Kuss.”
    Unwillig kamen sie der Aufforderung nach, aber Nan merkte sehr wohl, dass echte Zuneigung im Spiel war. Adele war die Patin ihrer beiden Kinder, und da sie nie geheiratet und keine eigenen Kinder hatte, liebte sie die beiden Jungs ganz besonders und verwöhnte sie nach Strich und Faden. Mama June war manchmal eifersüchtig, weil die Jungen mehr Zeit in Adeles großem Haus auf Sullivan’s Island verbrachten, auf ihrem Boot, am Pool oder am gut gefüllten Kühlschrank, als auf Sweetgrass. Adele war eine wohlhabende Frau, die immer ein paar Dollar erübrigen konnte, während Mama June und Preston immer knausern mussten.
    Adele trat einen Schritt zurück, um die Jungen anzuschauen. “Meine Güte, ihr seht wirklich prima aus!”
    Chas lockerte mit dem Finger seinen Kragen. “Mama hat darauf bestanden, dass wir uns fein machen.”
    “Fein machen? Schatz, zu meiner Zeit hätte man euch in einen Anzug gesteckt. Und das ohne Klimaanlage, wohlgemerkt. Ihr könnt also noch froh sein.” Sie wandte sich Harry zu. “Ich dachte eigentlich, du wärst heute Nachmittag auf dem Golfplatz.”
    Harry zog eine Grimasse. “Das sollte ich auch. Ich habe nächste Woche ein Turnier.”
    “Das hat mir dein Vater erzählt. Stell dir vor, ich habe im Club einen ganz neuen Golfschläger aus Titanium gesehen – leicht wie eine Feder –, den könntest du sicher gut gebrauchen.”
    “Echt?”, rief Harry aufgeregt. “Der kostet doch

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