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Sweetgrass - das Herz der Erde

Sweetgrass - das Herz der Erde

Titel: Sweetgrass - das Herz der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Alice Monroe
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vertrieben sich die Zeit. Es hatte unterschwellige Spannungen zwischen ihnen gegeben, aber bis zu diesem Nachmittag war nichts davon ausgesprochen worden.
    “Wie meinst du das, zu alt?”, erwiderte Mary June, einerseits sauer wegen Adeles Bemerkung, andererseits neugierig, was sie damit meinte. “Er ist gerade mal ein Jahr älter als Preston, und den fandest du ja auch nicht zu alt für mich.”
    “Er ist zwei Jahre älter als Press”, entgegnete Adele verärgert. “Und ich meine sowieso nicht nur das Alter. Tripp ist in vielerlei Hinsicht älter. Außerdem ist er nicht der Richtige für dich. Merkst du das denn nicht?”
    “Nein, das sehe ich anders”, sagte Mary June störrisch. Aber sie wollte nicht streiten und fügte etwas sanfter hinzu: “Was hast du eigentlich für ein Problem, Adele? Können wir nicht darüber reden?”
    “Da gibt es nichts zu reden! Mir gefällt einfach nicht, dass du mit Tripp gehst”, schnaubte Adele. “Außerdem seid ihr dauernd weg! Ich frage mich, was du hier überhaupt noch machst, wo du dich doch sonst nicht um mich kümmerst.” Sie starrte sie wütend an, während sie das Fläschchen mit dem Nagellack zuschraubte.
    “Bist du sauer, weil du nicht dabei bist? Du kannst doch mitkommen, wenn du willst.”
    “Na, vielen Dank”, gab Adele zurück, und ihre Stimme klang sarkastisch. “Ich muss mir doch nicht von dir erlauben lassen, wann ich etwas mit meinem eigenen Bruder unternehme! – Wie auch immer, ich habe keine Lust, mit euch und diesen
alten
Typen auszugehen. Was machst du denn, wenn sie Alkohol trinken, hm? Du bist schließlich noch nicht volljährig.”
    “Dasselbe, was ich tue, wenn ich mit Jungs in unserem Alter ausgehe, die Alkohol trinken. Ich bestelle mir eine Cola.”
    Adele reckte ihr Kinn vor und änderte ihre Strategie. “Auf jeden Fall finde ich nicht gut, was du Preston antust.”
    Mary June steckte den Pinsel zurück in ihr Fläschchen Nagellack. “Was tue ich Preston denn an?”
    “Du weißt genau, was er für dich empfindet. Und du hast ihn einfach für Tripp stehen lassen.”
    “Zwischen mir und Preston ist nie auch nur irgendetwas gewesen”, rief Mary June und fühlte sich plötzlich elend. Sie wollte nicht wahrhaben, dass sie Preston verletzt haben könnte. “Also habe ich ihn auch nicht stehen lassen. Außerdem hätte er genauso gut mitkommen können.”
    “Du meinst, er hätte mit dir und Tripp ausgehen sollen?”, fragte Adele herausfordernd.
    Eine unangenehme Stille breitete sich aus, als Mary June sich etwas Farbe vom Zeh wischte. “Nein”, antwortete sie leise. “Adele, ich will Press nicht wehtun, aber ich glaube, ich liebe Tripp. Was soll ich bloß machen?”
    “
Lieben?
Ach komm, Mary June. Du bist gerade mal neunzehn. Du liebst ihn nicht. Du weißt doch gar nicht, was Liebe ist.”
    “Natürlich weiß ich das”, entgegnete Mary June verletzt. “Ich weiß es, weil ich so empfinde. Warum freust du dich nicht für mich?”
    Adele wurde dunkelrot und platzte schließlich heraus: “Weil es nicht sein kann. Es
darf
nicht sein. Du bist einfach nicht die Richtige für Tripp!”
    Mary June wurde blass, als sie allmählich begriff, woher Adeles Ablehnung kam. Adele vergötterte ihren älteren Bruder. In ihren Augen konnte Tripp nichts Falsches tun. Alle erwarteten vom Ältesten der Blakely-Kinder etwas Besonderes: dass er der beste Angler war, der beste Jäger, der unterhaltsamste Junge der ganzen Gegend, der tapfere Kämpfer in einem unerbittlichen Krieg, der Mann, der nur mit seinem Lächeln mühelos eine giftige Schlange betören konnte.
    “Es geht gar nicht darum, ob ich die Richtige für Tripp bin, nicht wahr?”, hakte Mary June nach. “Es geht darum, dass ich nicht gut genug für ihn bin.”
    “Das habe ich nicht gesagt”, gab Adele zurück.
    “Das war auch gar nicht notwendig.”
    Die beiden Frauen starrten einander wortlos an. Schließlich sah Adele auf ihre Füße und setzte sich anders hin.
    “Hör mal, Mary June”, begann sie und blickte auf. Ihre Stimme war plötzlich versöhnlich. “Wir haben nur noch eine Woche Ferien. Dann müssen wir zurück aufs College, und Tripp fliegt nach Europa. Lass uns nicht streiten und uns damit den Sommer verderben.”
    Mary June hielt den Atem an. Sie konnte nicht fassen, was sie da eben gehört hatte.
    “Europa? Tripp hat mir gar nicht erzählt, dass er nach Europa fährt.”
    “Siehst du?”, erwiderte Adele mit leichtem Triumph in der Stimme. “Das meine ich. Seit Monaten

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