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Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)

Titel: Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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die Wälder machen?«
    »Welche Idee! Sie wissen, daß ich das Marschieren hasse.«
    »Wir werden nur ganz wenig marschieren; ich werde Sie im Tilbury fahren, Joseph nehmen wir mit, acht darauf zu geben... Sie setzen nie einen Fuß in Ihren Wald, und ich bemerke dort ein seltsames Phänomen: es gibt da stellenweise eine gewisse Anzahl Baumkronen, welche die Farbe von Florentiner Bronze haben; die Blätter sind trocken...«
    »Gut, ich will mich anziehen!«
    »Dann werden wir in zwei Stunden nicht fort sein! Nehmen Sie einen Schal, setzen Sie einen Hut auf... ziehen Sie Halbstiefel an... das ist alles, was nottut ... Ich werde anspannen lassen.«
    »Man muß immer tun, was Sie wollen... Ich komme im Moment...«
    »General, wir gehen spazieren; wollen Sie mitkommen?« fragte Blondet, den Grafen weckend, der das Schnarchen eines Mannes hören ließ, den der Morgenschlummer noch umfangen hielt.
    Eine Viertelstunde später rollte der Tilbury, dem in einiger Entfernung ein großer livrierter Diener zu Pferde folgte, durch die Parkalleen.
    Es war ein Septembermorgen. Das tiefe Blau des Himmels strahlte stellenweise inmitten der Schäfchenwolken, die als der Grund erschienen, während der Aether nur als zufällige Erscheinung wirkte. Lange lasurblaue Linien zeigten sich am Horizonte, aber sie wechselten schichtweise mit anderen, sandiggrauen, Wolken ab. Diese Töne wechselten und färbten sich über den Wäldern grün. Unter dieser Decke war die Erde matt wie eine Frau beim Aufstehen. Sie atmete köstliche und heiße, aber ungewohnte Düfte aus; der Duft der Felder hatte sich mit dem Dufte der Wälder vermischt.
    In Blangy wurde der Angelus geläutet; die Glockentöne vermischten sich mit dem seltsamen Konzerte der Wälder und verliehen dem Schweigen Harmonie. Hier und da stiegen weiße, durchsichtige Dunstschleier auf. Beim Anblick dieses Zaubers der Landschaft hatte Olympe Lust bekommen, ihren Gatten zu begleiten, der einem seiner Wächter, dessen Haus nicht fern war, einen Befehl zu erteilen hatte. Der Arzt von Soulanges hatte ihr angeraten, spazierenzugehen, ohne sich zu ermüden; sie fürchtete die Mittagshitze und abends wollte sie nicht Spazierengehen. Michaud führte seine Frau. Sein Lieblingshund folgte ihm, ein hübscher, mausgrauer Windhund mit weißen Flecken, ein Feinschmecker wie alle Windhunde und voller Fehler, wie ein Tier, das genau weiß, daß man es liebt und daß es gefällt.
    So erfuhr denn die Gräfin, als der Tilbury am Gatter des Jagdpavillons vorfuhr und sie fragte, wie es Madame Michaud gehe, daß sie mit ihrem Manne in den Wald gegangen war.
    »Dies Wetter begeistert jedermann,« sagte Blondet und lenkte sein Pferd auf gut Glück in einen der sechs Waldwege.
    »Na, Joseph, du kennst dich im Walde aus?«
    »Ja, gnädiger Herr!«
    Und los ging's! Dieser Weg war einer der köstlichsten des Waldes; er bog bald um, verengerte sich und wurde zu einem gewundenen Pfad, auf den die Sonne durch das Blättergewirr des Laubdaches fiel, das ihn wie eine Laube umfing, die der Wind mit den Düften des Quendels, Lavendels und der wilden Minze erfüllte. Geknickte Zweige und Blätter fielen mit leichtem Geräusch. Tautropfen, auf Blätter und Kräuter gesät, sprühten bei der Vorbeifahrt des leichten Wagens ringsum, und je weiter er kam, um so mehr entdeckten die Spazierenfahrenden die geheimnisvollen Phantasien des Waldes: jene frischen Gründe, wo das Grün feucht und dunkel ist, wo das Licht sammetartig wirkt, indem es sich verliert; die Lichtungen mit anmutigen Birken, die von einem hundertjährigen Baume, dem Herkules des Waldes, beherrscht werden; die prachtvollen Gruppen knorriger, bemooster, weißlicher Stämme mit tiefen Rillen, die gigantischen Skizzen gleichen, und die Einfassung von zarten Kräutern mit schlanken Blumen, die in den Wagenspuren wachsen. Die Bäche sangen. Wahrlich, es ist ein unerhörtes Wonnegefühl, eine Frau zu fahren, die auf den schlüpfrigen Wegen, wo die Erde mit Moos überzogen ist, tut, als ob sie Furcht habe oder sich wirklich ängstigt, und sich an euch schmiegt und euch einen unwillkürlichen oder berechneten Druck der frischen Feuchtigkeit ihres Armes, des Gewichts ihrer runden, weißen Schulter fühlen läßt und zu lächeln beginnt, wenn man ihr sagt, sie hindere einen am Fahren. Das Pferd scheint in diese Unterbrechung eingeweiht zu sein, es blickt nach rechts und nach links.
    Dies für die Gräfin neue Schauspiel, diese in ihren Wirkungen so kraftvolle, so wenig

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