Tänzerin der Nacht - Feehan, C: Tänzerin der Nacht - Night Game
wenn sie dir ins Gesicht springt.« Es kostete ihn große Mühe, darauf zu achten, dass er langsam und gleichmäßig atmete. Sie konnte ihn so wütend machen wie kein anderer Mensch auf Erden.
»Welche Wahrheit? Deine? Du wusstest noch nicht mal, dass Whitney am Leben ist. Du bist zu vertrauensvoll, Raoul, und das wird dich noch das Leben kosten.«
»Das kann schon sein, Cher , aber mangelndes Vertrauen wird dich ganz entschieden das Leben kosten.«
»Ich mache mich jetzt doch fertig zum Schlafengehen. Es ist warm hier drinnen.« Er brauchte nur im selben Raum wie sie zu sein, damit ihr warm war. Und aus irgendwelchen Gründen, stellte sie fest, dass sie vor Verlangen feucht wurde, wenn er wütend war. Sogar ihre Brüste schmerzten. Vielleicht war sie die Perverse.
Gator schnappte sich eine Flasche Bier und öffnete den Kronkorken an der Tischkante. Er ließ sich auf den einzigen guten Sessel fallen und trank einen großen Schluck von der kalten Flüssigkeit, weil er sich davon erhoffte, sie würde ihn beruhigen und ihm wieder zu einem kühlen Kopf verhelfen. Flame würde ihm nicht einfach sterben, verdammt noch mal. Und er konnte den Anblick ihrer Narbe unter der Tätowierung nicht aus seinen Gedanken verbannen. Er wollte darauf pusten, damit sie nicht mehr so wehtat. Er wollte noch viel mehr. Er presste sich die eiskalte Bierflasche an die Stirn. Es würde eine lange Nacht werden.
»Willst du nicht wissen, warum ich James Parsons sein
Kristallglas gegen den Kopf geschlagen habe? Dieser Mistkerl. «
Er wandte ihr den Kopf zu und wünschte, er hätte es nicht getan. Sie hatte ihm den Rücken zugekehrt und trug ein kariertes Herrenhemd. Er war sicher, dass es diesmal sein Hemd war. Entsprach das der Vorstellung seiner Großmutter von Nachtwäsche? Sie wand sich ungeschickt aus ihrer Jeans, schob sie mit einer Hand hinunter und trat mit den Füßen darauf, um sich daraus zu befreien.
»Wirst du weiterhin untätig dasitzen, oder wirst du mir helfen?« Sie sah ihn finster an.
»Ach, Cher . Ich werde untätig dasitzen. Wenn du so miserabel gelaunt bist, komme ich nicht in deine Nähe.« Er lehnte sich im Sessel zurück und streckte die Beine vor sich aus. »Das Zusehen macht mir großen Spaß.«
»Das hätte ich mir ja denken können.« Sie befreite sich mit einem letzten Tritt aus ihrer Jeans.
»Und jetzt erzähle mir von Parsons. Ich habe ihm seine Geschichte nicht geglaubt, aber ich hatte in dem Moment keine Zeit, die Wahrheit aus ihm herauszuprügeln.«
Sie schüttelte den Kopf. »Du bist nicht der Typ Mann, der die Wahrheit aus anderen herausprügelt. Du bist zu nett.«
Er trank wieder einen Schluck von dem Bier und sah sie über den Flaschenrand an. »Glaube bloß nicht, ich sei allzu nett, Cher . Falls dieser Mann das getan hat, was ich ihm unterstelle, dann wird er versehentlich sterben. Er hat dein Hemd zerrissen, stimmt’s?«
»Ja.«
Tief in seinem Innern begann sich etwas zu regen, das er vor dem Rest der Welt verborgen hielt. Er empfand Wut.
Kalte Wut. Eiskalte Wut. Er stellte die Bierflasche behutsam auf den Boden und schaute auf seine Hände.
»Raoul.«
Er hörte sie aus weiter Ferne leise seinen Namen sagen. Er ballte seine Finger zu zwei harten Fäusten. Der Mann hatte dicht vor ihm gestanden, und auf irgendeiner Bewusstseinsebene war es Gator längst klar gewesen. Flame hätte niemals mit entblößten Brüsten in einem Wagen gesessen, wo alle Welt sie sehen konnte, ganz gleich, wie viel Blut sie verloren hatte. Wenn ihr ein anderer Mann das Hemd im Sumpf zerrissen hätte, hätte sie sich bedeckt, bevor sie in den Wagen eingestiegen war. Wenn sie noch die Geistesgegenwart besessen hatte, Parsons ein Glas an den Kopf zu knallen, dann hätte sie ihre Brüste mit absoluter Sicherheit bedeckt. Er würde den Mann mit seinen bloßen Händen umbringen.
»Raoul.« Diesmal war ihre Stimme scharf. »Du tust es schon wieder. Die Hütte ist alt. Willst du, dass sie über unseren Köpfen zusammenbricht? Er ist ein mieser kleiner Dreckskerl.«
»Er ist ein wandelnder Toter.«
Sie seufzte leise. »Das ist noch nicht alles. Ich habe Kratzspuren auf dem Leder gesehen, und da lag ein Ohrring. Der Ohrring war sehr auffällig. Joys Mutter hatte diese Ohrringe in einer Zeitschrift gesehen und ein Paar bestellt. Goldene Kreolen mit silbernen Fußabdrücken darauf. Die Fußabdrücke standen für ein Gedicht, das Joy liebte. Darin ging es um Christus, der sie in Zeiten der Not trägt.« Sie zog die Stirn in
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