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Täuscher

Täuscher

Titel: Täuscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Maria Schenkel
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Gollierstraße,
Näherin Anna Priegl,
6 . 08  Uhr abends
    Während Johann Huther sich auf den Heimweg machte, saß Anna Priegl in München an ihrem Küchentisch und spielte nachdenklich mit dem Ring, den sie wie einen Anhänger an einer Kette um den Hals trug. Sie hielt ihn unter ihrer Kleidung verborgen, holte ihn nur hervor, wenn sie allein war.
    Auch vor einer Woche, als die Polizei die Wohnung bei der Hausdurchsuchung auf den Kopf gestellt hatte, hatte sie den Ring unter ihrer Bluse versteckt. Keiner der Polizisten hatte ihre Nervosität bemerkt, war sie doch in ständiger Angst vor Entdeckung gewesen. Schinder und auch all ihre anderen Liebschaften zuvor hatten ihr nie etwas geschenkt, immer war sie es gewesen, die hatte draufzahlen müssen. Aufgetaucht war der Luck doch auch nur, wenn er kein Geld hatte. Gründe dafür gab es genügend; wenn er nicht gerade aus dem Gefängnis entlassen wurde, lebte er über seine Verhältnisse, und wenn er wirklich Geld in der Tasche hatte nach einem seiner zahlreichen dubiosen Geschäfte, dann versoff und verhurte er es. Schon des Öfteren war er einfach für Wochen verschwunden, um dann ohne einen Knopf Geld in der Tasche vor ihrer Tür zu stehen. Dann war sie auf einmal wieder gut genug. Und jetzt sollte sie das einzige wertvolle Geschenk, das sie je bekommen hatte, hergeben? Nie! Der Ring gehörte ihr und dem Kind, dass sie vom Schinder erwartete. Wenn etwas Gras über die Sache gewachsen wäre, würde sie das Schmuckstück versetzen. Bei dem, was noch alles so in den Schachteln war, und wenn das, was in der Zeitung stand, auch nur halbwegs der Wahrheit entsprach, müsste der Ring doch auch einiges bringen.
    Anna Priegl nahm die Kette ab, hielt den Ring in den Lichtkegel der Lampe. Der Stein warf das Licht funkelnd zurück.
    »Vielleicht behalt ich ihn auch. Ist eigentlich zu schön zum Hergeben«, sagte sie halblaut zu sich selbst.
    Sie schloss die Finger um das Kleinod. Genau hier, an dem Platz, war sie gesessen und der Luck ihr gegenüber, am vorletzten Samstag, als er ihr den Ring und das Medaillon gegeben hatte.
    »Da, Anna, nimm, damit wir wieder gut sind, weißt schon, warum«, flüsterte Schinder ihr zu. Und ob sie wusste, sitzengelassen hatte sie der Lump, nachdem er erfahren hatte, dass sie schwanger war. Zu einer seiner vielen Menscher war er gegangen, aber wenn es Spitz auf Knopf stand, dann war er auf einmal wieder da, der Luck. Weil er wusste, dass er sich auf sie verlassen konnte.
    Sein Bekannter rannte derweil von einem Zimmer ins andere. Er konnte sich nicht still halten, setzte sich immer wieder kurz hin, wenn der Luck es ihn hieß, nur um gleich wieder aufzuspringen und seine Wanderung fortzusetzen.
    »Was ist mit dem? Ist der immer so?«, fragte sie den Luck, aber außer einem Schulterzucken bekam sie keine Antwort.
    Täuscher, den Nachnamen erfuhr sie erst später bei der Vernehmung durch die Polizei, hielt ständig eine brennende Zigarette in der Hand. Nach wenigen hastigen Zügen schien er sich jedes Mal eines Besseren zu besinnen und drückte die Zigarette im Aschenbecher aus, nur um gleich darauf wieder hektisch in seinen Taschen nach der Packung zu suchen und sich eine neue anzuzünden. Als sie ihn darauf ansprach, sah er sie zunächst nur verständnislos an, ganz so, als hätte er gar nicht kapiert, was sie zu ihm gesagt hatte. Hielt kurz inne und bot dann auch ihr eine Zigarette an. Als er ihr die Schachtel hinhielt, sah sie, wie seine Hände zitterten. Er konnte sie kaum halten. Auch die Marke fiel ihr auf: Manoli-Parkschloss, die Schachtel für fünfundzwanzig Mark! Ein Vermögen.
    Solche Zigaretten wurden für gewöhnlich nicht von den Spezln, mit denen der Luck früher bei ihr auftauchte, geraucht. Die waren froh, wenn sie sich überhaupt was zum Rauchen leisten konnten, meistens hoben sie die Kippen auf und rauchten die Stumpen.
    Aber seit er das letzte Mal aus dem Gefängnis entlassen worden war, verkehrte er anscheinend in anderen Kreisen.
    Anna steckte die Zigarette in ihre Kitteltasche und ließ den Freund vom Schinder dabei nicht aus den Augen. Täuscher streifte weiter ruhelos durchs Zimmer. Von Zeit zu Zeit fuhr er sich fahrig durch die Haare. Bis er schließlich mit der brennenden Zigarette gegen die herunterhängende Lampe im Flur stieß. Er fluchte, riss ärgerlich die abgebrochene Zigarette entzwei. Vor Aufregung steckte er sich das leere Mundstück wieder in den Mund und setzte seine Walz fort, ohne überhaupt zu merken, dass er

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