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Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde

Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde

Titel: Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Krouk
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Alessa über die Zeilen ihrer Mutter. »Gallagher und Daimon sind sich nie begegnet.«
    »Aber Gallagher hat Daimons Leben gelebt, während Daimon sich all die Jahre verstecken musste. Grund genug, um genügend Hass in sich aufzubauen.«
    »Okay.« Ihr Finger schien jeden Buchstaben nachzuzeichnen. »Und was tun wir jetzt?«
    Zarah verstaute den Kristall mit Friedbert in ihrer Jackentasche. »Wir halten ihn auf. Wann ist Vollmond?«
    »In dieser Nacht. Die Uhrzeit des Zenitstands kann ich dir nicht nennen, aber es ist bestimmt in wenigen Stunden.«
    »Bist du mit einem Auto hier?«
    »Mit Josepha.«
    »Dann nichts wie hin, mit dem Gaul brauchen wir eine Ewigkeit, bis wir da sind.«
    Alessa nickte, presste sich das Buch an die Brust und ließ ihr Kinn auf ihm ruhen. »Darf ich es behalten? Ich weiß, du wirst es als fürchterlich menschlich und sentimental empfinden, aber ich habe nichts, was mir von meiner Mutter geblieben ist.«
    »Meinetwegen.«
    Während Zarah durch den Schutt den Weg nach draußen fand, beugte sie sich hin und wieder zu den herumliegenden und -hockenden Menschen, nahm sich mal ein Messer, mal einen Dolch. Einer hatte sogar eine Pistole bei sich, die er jedoch nicht ohne Widerstand abgeben wollte. Zarah entschuldigte sich, bevor sie ihn mit einem gezielten Schlag ausschaltete. Als sie den Hauptbahnhof verließ, besaß sie ein kleines Arsenal, das sich zwar nicht dazu eignete, das Ende der Welt zu verhindern, jedoch weit besser war, als es mit leeren Händen zu versuchen.
    In der Nacht lebte Hamburg auf, unzählige Menschen, Dämonen und sonstige magische Wesen eilten durch die Straßen und behinderten ihr Vorankommen erheblich. Es ging auf Mitternacht zu – die Rush Hour in der Innenstadt, da die meisten Büros ihre Mitarbeiter in eine Essenspause entließen. An der Alster hielt ein Touristengrüppchen nordischer Selkies die Badesaison wacker für eröffnet. Mit nackten Oberkörpern und Seehund-Unterleibern planschten die Meerfrauen mit den Nöcks um die Wette, sehr zum Missfallen der einheimischen Nixen. Im Stadtpark flanierten Pärchen, die der Anziehungskraft des Vollmondes nicht widerstehen konnten. Während Jogger sich darum bemühten, ihnen und den neurotischen Werwesen canidischen Ursprungs auszuweichen, die allen sich bewegenden Waden nachjagten.
    Das Planetarium erhob sich am Ende einer der Hauptalleen wie ein Tempel, erleuchtet von dem gelblichen Schein der Strahler, welche den Eindruck erweckten, als bräche das Licht aus dem Inneren des Gebäudes hervor. Der Bau und die Lichter spiegelten sich in dem Wasserbecken, das sich vor dem Planetarium erstreckte.
    Zarah sprang von Josepha hinunter. Alessa stieg ab, wie gebannt von der majestätischen Erscheinung des Gebäudes, das Gesicht der Säulenfront zugewandt und den Blick auf die weiß beleuchtete Schrift ›Planetarium‹ gerichtet. »Kaum zu glauben, dass es früher ein Wasserturm war, oder?«
    »Wasserturm.« Jetzt verharrte auch Zarah. »Wasser. Noch eine Verbindung zu der Prophezeiung. Wenn ich bloß begreifen könnte, welche Rolle das Wasser dabei spielen soll! Mh, hast du eine Flasche oder irgendeinen Behälter dabei?«
    Alessa nestelte an der Satteltasche und holte eine Trinkflasche hervor. Zarah füllte sie in dem Becken bis zum Rand. »›Wasser verletzt das Feuer‹, hieß es. Wer weiß, wofür das gut sein wird.« Sie reichte die Flasche Alessa und ging zur Treppe.
    »Eine vielleicht dumme Frage: Hast du eigentlich einen Plan?«
    Zarah stolperte. »Einen Plan? Hm. Den hat bestimmt dein Bruder. Ich möchte mir erst mal einen Überblick verschaffen. Und natürlich die Welt retten.« Sie stieg die restlichen Stufen hoch und studierte den Zettel an der Tür, der verkündete: »Heute geschlossene Gesellschaft.«
    Zarah zog die Pistole und prüfte die Tür. Nicht abgeschlossen. »Werten wir das als eine Einladung.«
    Der Eingangsbereich war überwiegend in Weiß gehalten. Vor der gewölbten Wand, die den Raum am anderen Ende abschloss und an eine breite Litfaßsäule erinnerte, stand ein unbesetzter Tresen. Darüber waren in hellgrüner Farbe Mondzyklen gezeichnet, ein gelber Schriftzug verkündete: Planetarium HH , ein zweiter, in freundlichem Schwarz gehalten: Kollegium für Astrologie, Gestirne und Sternendeutung.
    »Hm, niemand am Empfang?« Zarah pirschte sich an den Tresen heran. Der Bürostuhl lag umgekippt auf dem Boden, zusammen mit der Empfangsdame darin. Auf der schwarzen Tresenoberfläche prangte ein mit Blut

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