Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde
Sinne, sondern um Schuppen handelte. Fee oder nicht – eklig war es irgendwie schon. Außerdem waren solche Flecken schwer auswaschbar. Naturfarben eben.
»Ja, die Vasen, war gar nicht so leicht, etwas Passendes zu finden.« Entzückt legte Friedbert seine Hände zusammen und drehte eine Pirouette. »Findest du nicht auch, dass die Kombination aus Terracotta und Beige eine unvergleichlich behagliche Atmosphäre schafft? Du solltest unbedingt das Bad sehen! Kräftiges Lavendel kombiniert mit einem zarten Hauch von Türkis und Gletscher – ein Augenschmaus! In seinem Arbeitszimmer hätten Farn, Limette und ein Tick Melone für ganz viel Ruhe, Optimismus und Ausgeglichenheit gesorgt, aber da ließ der Tölpel nicht mit sich reden.«
»Entschuldige, sprechen wir von Tapeten oder von einem Obstsalat?«
»Pah. Noch ein Banause.« Er stupste sie kumpelhaft an.
»In meinem Arbeitszimmer bin ich ausgeglichen genug«, ertönte es aus der Küche. Kurze Zeit später trat Gallagher mit zwei Bechern heißem Tee an den Tisch, dessen Oberfläche eine Projektion der Landschaft des Grand Canyon schmückte. Friedbert bekam sein Getränk in einer Puppentasse serviert.
»Das kräftige Pink harmoniert wunderbar mit dem zarten Rosa deiner Flügel«, schmunzelte Zarah, doch Friedberts Blick ließ das Eis, das zwischen ihnen gebrochen schien, wieder zu einer dicken Kruste gefrieren.
»Nächsten Monat habe ich Geburtstag. Schenk mir doch einen neuen Becher. Vorausgesetzt, du findest etwas passend zu meiner Größe.«
»Entschuldige, ich wollte dich nicht kränken.«
»Wenn du es nicht willst, dann tu’s nicht! Denkst du, ich trage gern Tomatenrot?« Er deutete auf seinen Anzug. »Nein! Aber es gibt verdammt wenige Farben, die mit dem zarten Rosa harmonieren und in denen man einigermaßen vernünftig aussieht.« Friedbert schwang sich in die Luft. Seine Flügel vibrierten so schnell, dass Zarah einen sanften Lufthauch auf ihrer Haut spürte. »Ach, das ist mir einfach zu blöd. Ich bin in meinem Zimmer.« In einem scharfen Bogen flatterte er in den Korridor hinaus.
Nun blieb sie mit Gallagher allein. Und trotz Terracotta wollte sich das Gefühl von Behaglichkeit nicht einstellen. Sie zupfte an ihrem Ärmel, bevor sie merkte, dass er zu kurz war und die Armfessel nicht verdecken würde.
»Ich denke, ich bin bei Friedbert unten durch.« Sie griff nach der Tasse und nippte an ihrem Tee.
»Er ist ein ganz lieber Kerl. Wenn du ihn erst einmal näher kennengelernt hast, wirst du ihn zu schätzen wissen. Er ist bloß nicht ganz einfach, wenn es um seine Größe, Flügelfarbe oder … tausend andere Dinge geht.« Gallagher lächelte.
Heilige Bratwurst, er lächelte .
Etwas Heißes tropfte auf ihre Jogginghose und verbrühte ihr den Oberschenkel. Sie hielt die Tasse wieder gerade, nahm eine Serviette vom Tisch und tupfte den Fleck ab.
Du hattest sie vergessen, gib’s zu. Du hattest sie total vergessen, diese raren Augenblicke, die ihr zu zweit hattet.
In denen seine Gefühle greifbar waren und echt.
Gefühle für dich.
Sie tupfte verbissener, ließ den Fleck nicht aus den Augen. »Wie läuft es auf der Arbeit?«
Begleitet von einem melodischen Klang erschien eine Nachricht auf der Oberfläche des Tisches: ›Wiederholte Warnung: eine unbefugte Person im Haus. Bitte die automatische Weiterleitung wieder erlauben oder das Ordnungsamt unverzüglich manuell informieren!‹
Mit einem Zeigefinger führte er die Nachricht zum Papierkorb-Symbol, das in einer Ecke aufgeleuchtet war. »Auf der Arbeit ist es immer das Gleiche.« Er rief eine Benutzeroberfläche auf, tippte etwas ein, und in der nächsten Sekunde grüßte wieder der Grand Canyon.
»Du kannst doch nicht die Systemnachrichten einfach so löschen!«, entfuhr es ihr.
»Doch, ich schon.«
»Okay. Wie du meinst. Ich habe übrigens von Odas Tod gehört. Schrecklich, nicht wahr?«
»Die Meldung hat in der Tat das ganze Amt aufgescheucht.«
Sie stellte die Tasse ab, krampfte die Hände um die Serviette. »Und sonst, wie geht es dir?«
»Gut.«
»Hübsch hast du es hier.«
»Zarah, wenn wir jetzt noch anfangen, über das Wetter zu reden, wird mir schlecht.«
Sie sah wieder auf den feuchten Fleck. Der an den Knien ausgebeulte Stoff ihrer Jogginghose fiel ihr auf und unzählige weitere Flecken, die blieben, egal wie oft sie die Hose in dem kalten Wasser scheuerte. »Das vorhin bei uns tut mir wirklich leid. In letzter Zeit hatten wir wohl ein paar Verständigungsprobleme.«
Er
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