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Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde

Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde

Titel: Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Krouk
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tiefer und tiefer in den Blutrausch. Den Geräuschen nach zu urteilen, schien er bereits zu fiebern.
    Sechshundertfünfunddreißig, sechshundertsechsunddreißig … Na komm schon! Etwa z ehn Minuten waren bereits verstrichen, doch der Wächter machte keine Anstalten, seiner Gier nachzugeben.
    »So einer bist du also?« In ihren Ton presste sie den ganzen Spott, zu dem sie gerade fähig war. Sie konnte doch sonst jeden in Rage bringen. »Nur lecken und große Sprüche kloppen?«
    Gieriges Schnauben antwortete ihr, mehr nicht. Siebenhundertsechzehn, siebenhundertsiebzehn. Verdammt, hör auf zu keuchen, und beiß endlich zu! Er musste ihr nahe kommen, wenn der Ausbruch gelingen sollte.
    »Erzähl mal, hast du es schon geschafft, deine jährliche Jungfrau auszuleeren? Oder hat sie sich zu sehr gewehrt, und die Beißerchen haben zu sehr gewackelt?«
    Jetzt kam kein Geräusch mehr von ihm, nicht einmal ein Keuchen. Hatte er seine Gelüste doch niedergekämpft? Nein, unmöglich! Ihre Stimme vibrierte. »Ich meine: Sonst wird das nix mit der ewigen Schönheit. Am Ende musst du dir doch noch Botox spritzen, um dein Versagen gegenüber den Kollegen zu kaschieren.«
    »Sie hat gequiekt, wie du es gleich tun wirst.« Sein modriger Atem strich über ihren Hals, obwohl sie weder hören noch spüren konnte, wie er vor ihr aufgetaucht war. War er nahe genug?
    Siebenhundertvierundfünfzig!
    Die Reißzähne gruben sich in ihren Hals. Der Schmerz überwältigte ihre Sinne, während sein Speichel das Gift in ihre Blutbahnen trug. Näher ging es nicht mehr. Ihre Extremitäten wurden schwer, während ihr Bewusstsein allmählich schwand.
    Irgendetwas wollte sie … musste sie … tun!
    Ihr Kiefer tat weh, so sehr presste sie die Zähne aufeinander. Vor ihren Augen pulsierten rote Kreise – und mit einem Mal pulsierte absolut alles in ihr und um sie herum: die Dunkelheit, ihr Herz, die Schmerzen.
    Irgendetwas … tun!
    Schwach schüttelte sie die rechte Hand und fing den Zahnstocher auf, der aus ihrem Ärmel rutschte. Jetzt pulsierten auch die Gesprächsfetzen mit Abbas in ihrem Verstand.
    Er wird sterben . Der Verwandelte, der mit uns im Transporter fahren muss. So weiß, so harmlos lag dieses Stückchen Eschenholz in ihrer Handfläche.
    Das nehme ich in Kauf. Mit schmalen Augen hatte Abbas ein paar Kieselsteine in ihre Handfläche rieseln lassen. Kollateralschaden.
    Wie ich, wenn ich geschnappt werde?
    Du lässt dich nicht schnappen. Enya vertraut darauf, das reicht mir vollkommen aus. Dir etwa nicht?
    Oh doch, durchaus! Fest umklammerte sie ihren winzigen Holzspeer, riss die Uniform des Aufsehers hoch, sodass die Kette an ihren Handschellen bis zum Äußersten spannte, und entblößte seinen Bauch. Ihre Finger fuhren über seine Haut und fanden die Vertiefung des Bauchnabels. Der Verwandelte zuckte unter der Berührung zusammen – doch zu spät.
    Sie rammte den Zahnstocher hinein.
    Mit einem trockenen Geräusch riss die Haut. Der Mann japste und sackte zu Boden. Nun atmete er nicht mehr.
    Der Gestank machte es ihr schwer, den Würgreflex im Zaum zu halten. Neunhundert … Ja, was? Sie hatte es versäumt zu zählen. Wie weit waren sie noch von der Hafencity entfernt?
    Sie rutschte von der Bank, soweit es ihr die Kette erlaubte. Ihre ausgestreckten Finger erreichten nur den Saum seiner Uniform. Sie zerrte an dem Leichnam, der plötzlich eine Tonne zu wiegen schien, fluchte und zog noch kräftiger. Endlich ertastete sie die Schlüssel und fluchte weiter, während sie mit dem Karabinerhaken kämpfte, der den Schlüsselbund am Gürtel des Wachmannes festhielt. Wertvolle Sekunden verstrichen, bis sie endlich die Fußschellen und die Ketten gelöst hatte, die sie und Alessa an der Wand des Transporters fixierten. Um die Handschellen kümmerte sie sich nicht, schließlich sollte sie mit dem Menschenmädchen verbunden bleiben.
    Hallo, G.host . Ich komme.
    »Steh auf.« Sie zog Alessa von der Bank, hielt inne, rang sich zu einem ›Ich meine: bitte‹ durch und widmete sich der Türverriegelung. Das Mädchen stand direkt hinter ihr. Ihr warmer Atem fuhr durch die Bisswunde, die zu pochen begann, als würde die Stelle das frische Leben in der Nähe spüren. Die Kleine versuchte, etwas Abstand zu gewinnen, sodass die Kette Zarahs Hände bei jeder Bewegung zur Seite zog.
    »Teufelsfurz, zappel doch nicht so!« Mit aller Kraft riss sie Alessa an der Kette zurück und erntete ein scharfes Keuchen. »Ich … meine: Halt still.« Nein. Das war nicht

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