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Tagebuch eines Engels

Tagebuch eines Engels

Titel: Tagebuch eines Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carolyn Jess-Cooke
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Körper.
    Â»Mrs. Poslusny«, keuchte die Schwester. »Es ist ein wunderbarer kleiner Junge.«
    Margot versuchte, den Kopf zu heben. »Theo«, sagte sie. »Ich glaube, er soll Theo heißen.«
    Theo Graham Poslusny, sagenhafte fünf Kilo schwer, rollte sich an Margots Brust zusammen und hörte nicht auf zu nuckeln, bis es draußen dunkel wurde.
    Es gab Probleme mit Margots Plazenta, darum behielten sie die junge Mutter ein paar Wochen im Krankenhaus. Das Baby wurde nachts in den Säuglingsraum gebracht, sodass Margot schlafen konnte. Wahrscheinlich hätte ich James einfach seinen Job machen lassen sollen, während ich mich um Margot kümmerte, aber ich konnte mich nicht beherrschen. Ich war so vernarrt in das rosa Bündel, das da in der Plastikwiege quäkte, in seinen feuerroten Haarflaum, der unter der Wollmütze verschwand, die Rose vor ein paar Monaten gestrickt hatte. Er hatte einen solchen Hunger, dass er die ganze Nacht die Brust haben wollte, doch die Schwestern stellten ihn mit einem Schnuller ruhig, und ich streichelte ihm über das wunderschöne Gesicht.
    Dann, endlich, kam James auf mich zu. Das fand ich ziemlich mutig von ihm.
    Â»Hör zu«, sagte er, nachdem er eine Weile schweigend neben mir an Theos Bettchen gestanden hatte. »Ich bin derjenige, der auf Theo aufpassen soll. Dein Schützling ist Margot.«
    Ich blickte an ihm vorbei zu Margot, die ich durch den um ihr Bett herum zugezogenen Vorhang sehen konnte. Sie schlief tief und fest.
    Â»Glaubst du etwa, dass ich sie nicht im Auge habe? Ich kann sie hervorragend sehen. Oder hast du vergessen, dass ich ein Engel bin? Engel können so was nämlich.«
    Er legte den Kopf schief und runzelte die Stirn.
    Â»Vielleicht sollte ich dir mal meine Beziehung zu Theo erklären.«
    Â»Deine Beziehung zu Theo interessiert mich nicht. Ich will nur, dass du dafür sorgst, dass er nicht wegen Mordes lebenslänglich hinter Gitter kommt.«
    Aus dem Augenwinkel sah ich, dass er einen Schritt zurückging.
    Vielleicht war das ein bisschen hart gewesen. Vielleicht war er ein entfernter Verwandter von Theo. Ein Onkel oder so. Ganz egal, jedenfalls hatte ich keinen Grund, ihn so anzugehen. Der Punkt war aber, dass ich Theo für mich allein wollte. Mir bot sich eine Gelegenheit, mit der ich nie gerechnet und die ich (so glaubte ich jedenfalls) mir auch nie gewünscht hatte – nämlich die Gelegenheit, das Wunder meines erstgeborenen Kindes noch einmal zu erleben. Ich kam mir vor wie eine Löwin, die lauernde Raubtiere anknurrt. Ich wollte, dass James nur die zweite Geige spielte. Aber damit wollte er sich nicht zufriedengeben.
    Ich wandte mich zu ihm um. »Tut mir leid.« Ich streckte die Hand aus, um meine Aufrichtigkeit zu unterstreichen. Er begegnete meinem Blick und hielt ihm stand, ohne etwas zu erwidern. So stierten wir uns eine Weile an, wobei ich mir der Unverschämtheit meiner Worte immer bewusster wurde und James schweigend meine Entschuldigung ablehnte. Erst als Theo anfing zu wimmern, löste James sich aus der Starre. Ich wollte wieder Theos Wange streicheln, aber James war schneller. Er legte die Hand auf Theos Kopf, und der Junge schlief sofort wieder ein.
    Â»Du musst mich nicht mögen«, murmelte James, ohne mich anzusehen. »Aber ich möchte dich bitten, mir zu vertrauen.«
    Ich nickte. Ich wollte mich gerade ein zweites Mal entschuldigen, da wandte James mir den Rücken zu. Leise verzog ich mich zu Margot.
    Einige Tage später wurde Margot entlassen. Sie kehrte zurück in eine lupenrein saubere Wohnung, die obendrein über ein frisch gestrichenes Kinderzimmer verfügte, das mit jedem Babyartikel ausgestattet war, den sie im Laden jemals bewundernd kommentiert hatte. Toby, der seiner Zeit um einiges voraus war, hatte bei seinem Arbeitgeber um eine Woche Vaterschaftsurlaub gebeten. Die Bitte wurde abgelehnt, er nahm sich trotzdem eine Woche frei und wurde prompt gefeuert. Aber der Anblick eines Neugeborenen erfüllt die Menschen ja immer wieder mit Hoffnung. Arbeits- und mittellos, umgeben von immer wiederkehrendem Polizeisirenengeheul, war Toby überzeugt davon, dass seine kleine Familie unbesiegbar war.
    Und das Beste stand noch aus: Er teilte Margot mit, dass er von dem letzten Rest ihrer Ersparnisse ein Flugticket gekauft habe – Graham werde am folgenden Abend in JFK landen, um seinen Enkel kennenzulernen. An dieser Stelle sang ich

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