Tagebuch Eines Vampirs 01. Im Zwielicht
Sie sah Stefan an, und der Friede, der sie erfüllt hatte, schien plötzlich zerbrechlich.
„Ich frage mich, was passiert ist. Glaubst du, Tyler hat ihnen schon alles erzählt?“ „Selbst Tyler würde nicht so blöd sein“, erwiderte Stefan. Er parkte hinter einem der Polizeiautos. Elena ließ widerwillig seine Hand los. Sie wünschte sich von ganzem Herzen, daß sie und Stefan allein sein könnten, daß sie sich nie mehr der Welt stellen mußten. Doch es half nichts. Sie gingen zur Haustür, die offen stand. Drinnen war alles hell erleuchtet.
Elena trat ein. Dutzende von Köpfen fuhren herum. Sie sah sich plötzlich selbst da in der Tür stehen, in dem langen, schwarzen Samtmantel, mit Stefan Salvatore an ihrer Seite.
Dann stieß Tante Judith einen Schrei aus, riß sie in ihre Arme, schüttelte sie und umarmte sie gleichzeitig. „Elena! Gott sei Dank, dir ist nichts geschehen. Wo bist du gewesen? Warum hast du nicht angerufen? Kannst du dir vorstellen, was wir deinetwegen durchgemacht haben?“ Elena blickte sich verwirrt im Zimmer um. Sie verstand nichts. „Wir sind froh, daß du wieder da bist“, mischte Robert sich ruhig ein. „Ich war mit Stefan in seiner Pension“, erklärte sie langsam. „Tante Judith, das ist Stefan Salvatore. Er hat dort ein Zimmer gemietet. Er hat mich zurückgebracht.“ „Danke“, sagte Tante Judith zu Stefan über Elenas Kopf hinweg. Sie trat einen Schritt zurück und musterte Elena. „Aber dein Kleid, dein Haar... Was ist passiert?“ „Wißt ihr es denn nicht? Dann hat Tyler euch nichts erzählt? Aber warum ist die Polizei da?“ Elena drängte sich instinktiv enger an Stefan. Sie fühlte, wie auch er, um sie zu beschützen, näher zu ihr kam. „Die Beamten sind da, weil Vickie Bennett heute nacht auf dem Friedhof überfallen worden ist“, erklärte Matt. Er, Bonnie und Meredith standen hinter Tante Judith und Robert. Die drei sahen erleichtert, ein wenig verlegen und sehr, sehr müde aus. „Wir haben sie vor ungefähr zwei, drei Stunden gefunden und seither nach dir gesucht.“ „Überfallen?“ rief Elena erstaunt. „Von wem?“ „Keine Ahnung“, erwiderte Meredith. „Nun, vielleicht ist alles nur halb so schlimm“, tröstete Robert. „Der Arzt sagt, daß sie einen schlimmen Schock hat. Außerdem hatte sie Alkohol im Blut.
Kann sein, daß sie sich alles nur eingebildet hat.“ „Diese Kratzer waren echt“, warf Matt höflich ein. „Welche Kratzer?
Wovon redet ihr?“ fragte Elena und sah einen nach dem anderen an. „Okay, ich erklär's dir.“ Meredith erzählte in kurzen Worten, wie sie und die anderen Vickie gefunden hatten. „Sie hat andauernd wiederholt, daß sie nicht weiß, wo du bist, und daß sie mit Dick allein war, als es geschah. Wir brachten sie zurück, aber der Arzt konnte auch keinen Hinweis finden, was genau passiert war. Abgesehen von den Kratzern ist sie unverletzt, und die könnten auch von einer Katze stammen.“ „Und sie hatte keine anderen Wunden?“ fragte Stefan scharf. Es war das erste Mal, daß er sich zu Wort meldete, seit sie das Haus betreten hatten. „Nein“, erwiderte Meredith. „Natürlich zieht ihr eine Katze nicht die Kleider aus.
Aber das könnte Dick getan haben. Ach, noch was, ihre Zunge war zerbissen.“ „Was?“ Elena faßte es nicht. „Ja. Ziemlich schlimm. Muß höllisch geblutet haben. Und sie hat Schmerzen, wenn sie redet.“ Stefan war neben Elena ganz still geworden.
„Hat sie eine Erklärung dafür, was passiert ist?“ „Sie war hysterisch“, sagte Matt. „Total hysterisch. Man kriegte kein klares Wort aus ihr heraus. Sie faselte was von Augen, dunklem Nebel und daß sie nicht davonlaufen konnte. Der Arzt hält das für eine Art Halluzination. Aber die Fakten sind, daß Dick und sie allein um Mitternacht in der Kirchenruine beim Friedhof waren und daß etwas hereingekommen ist und sie angegriffen hat.“ „Dick ist nichts geschehen“, fügte Bonnie hinzu. „Das zeigt zumindest, daß der Täter Geschmack hatte. Die Polizei fand Dick bewußtlos auf dem Kirchenboden. Er erinnert sich an nichts.“ Aber Elena hörte die letzten Worte kaum. Stefans Verhalten hatte sich dramatisch verändert. Sie hatte keine Ahnung, woher sie es wußte, aber sie war sich ganz sicher. Bei Matts letzten Worten hatte er sich plötzlich angespannt, und obwohl er sich nicht bewegt hatte, kam es ihr so vor, als würden sie mit einem Mal Welten trennen. „In der Kirche, Matt?“ fragte er mit dieser kalten,
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