Tagebuch Eines Vampirs 05. Rückkehr Bei Nacht
beim nächsten Mal erlauben, euch zu uns nach oben zu setzen.«
Die anderen folgten ihm mit mehr oder weniger lauten Ausrufen, aber es war Caroline, die verärgert wirkte und sagte: »Warum sollen wir hineingehen? Ich dachte, es würde draußen stattfinden.«
»Wer dem Geschehen am nächsten sitzt, ist von der Gefahr am weitesten entfernt«, antwortete Damon knapp. »Von dort oben werden wir den besten Blick haben. Königliche Logenplätze. Und jetzt komm.«
Die Fuchszwillinge und das menschliche Mädchen folgten ihm und knipsten unterwegs die Lichter in dem dunklen Haus bis hinauf zur Dachterrasse an.
»Und wo sind sie jetzt?«, fragte Caroline, die hinabspähte.
»Sie werden jeden Augenblick hier sein«, erwiderte Shinichi mit einem Blick, der sowohl verwirrt als auch tadelnd war. Dieser Blick sagte: Was denkt dieses Mädchen eigentlich, wo sie ist? Diesmal sprudelte er keine Verse hervor.
»Und Elena? Sie wird ebenfalls hier sein?«
Auf diese Frage ging Shinichi überhaupt nicht ein und Misao kicherte nur. Aber Damon legte die Lippen dicht an Carolines Ohr und flüsterte ihr etwas zu.
Danach leuchteten Carolines Augen grün wie die einer Schlange. Und das Lächeln auf ihren Lippen war das einer Katze, die soeben den Kanarienvogel in die Pfoten bekommen hatte.
KAPITEL SECHSUNDDREISSIG
Elena hatte auf ihrem Baum gewartet.
Das unterschied sich im Grunde gar nicht so sehr von ihren sechs Monaten in der Geisterwelt, wo sie den größten Teil ihrer Zeit damit verbracht hatte, andere Leute zu beobachten, zu warten und sie weiter zu beobachten. Diese Monate hatten sie eine geduldige Wachsamkeit gelehrt, die jeden, der die alte, unbezähmbare Elena gekannt hatte, in Erstaunen versetzt hätte.
Natürlich war die alte, unbezähmbare Elena ebenfalls noch immer in ihr und gelegentlich rebellierte sie. Soweit sie sehen konnte, geschah in der dunklen Pension rein gar nichts. Einzig der Mond schien sich zu bewegen und am Himmel höher hinaufzukriechen.
Damon hat gesagt, dieser Shinichi habe um 4:44 Uhr am Morgen oder am Nachmittag etwas vor, dachte sie. Vielleicht funktionierte diese schwarze Magie nach einem Zeitplan, von dem sie noch nie etwas gehört hatte.
In jedem Fall tat sie es für Stefano. Und sobald ihr dieser Gedanke kam, wusste sie, dass sie, wenn nötig, stundenlang hier warten würde. Sie würde bis Tagesanbruch ausharren, wenn kein Schwarzmagier, der etwas auf sich hielt, jemals auch nur daran denken würde, eine Zeremonie zu beginnen.
Und am Ende tat sich das, worauf sie wartete, direkt unter ihren Füßen auf.
Zuerst waren da Gestalten, die gemessenen Schrittes aus dem Alten Wald kamen und auf die gekiesten Pfade der Pension zugingen. Sie waren nicht schwer zu identifizieren, nicht einmal aus einiger Entfernung. Eine der Gestalten war Damon, der ein Je ne sais quoi ausstrahlte, das Elena in einer Entfernung von einer Viertelmeile nicht übersehen hätte - und dann war da seine Aura, die ein sehr gutes Fake seiner alten Aura war: dieser undurchschaubare, unzerbrechliche Ball aus schwarzem Stein. Tatsächlich war es eine sehr gute Imitation. Es war beinahe genau wie die ...
In diesem Moment, so begriff Elena später, kamen ihr zum ersten Mal Bedenken.
Aber im Augenblick war sie so sehr mit dem Hier und Jetzt beschäftigt, dass sie den beklommenen Gedanken beiseitewischte. Die Gestalt mit der dunkelgrauen Aura und den karmesinroten Blitzen darin musste Shinichi sein. Und die dritte Gestalt hatte die gleiche Aura wie die besessenen Mädchen - eine Art schlammige Farbe, durchschossen von Orange. Das musste die Zwillingsschwester Misao sein.
Allerdings hielten sich diese beiden, Shinichi und Misao, an den Händen und kuschelten sich sogar gelegentlich aneinander - wie Elena sehen konnte, als sie näher an die Pension herankamen. Sie benahmen sich ganz und gar nicht wie irgendein anderes Geschwisterpaar, das Elena je gesehen hatte.
Darüber hinaus trug Damon ein größtenteils nacktes Mädchen über der Schulter, und Elena hatte keine Ahnung, wer das sein konnte.
Geduld, dachte sie bei sich. Geduld. Die wichtigsten Darsteller waren endlich eingetroffen, geradeso wie Damon es versprochen hatte. Und die unbedeutenderen Darsteller ...
Nun, zuerst folgten Damon und seiner Gruppe drei Mädchen. Sie erkannte Tami Bryce sofort an ihrer Aura, aber die beiden anderen waren Fremde. Sie hüpften, hopsten und tänzelten aus dem Wald in Richtung der Pension, wo Damon etwas zu ihnen sagte und sie sich in Mrs
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