Tagebuch eines Vampirs 7 - Schwarze Mitternacht
und es biss sich fest auf die
Lippen – um nicht aufzuschreien, vermutete sie.
»Tut es weh?«, fragte sie und versuchte sich zugleich
einzureden, dass es das nicht tat. Sie war verzweifelt in
ihrem Wunsch, es zu glauben.
»Nicht so sehr.« Aber der Junge log, begriff sie. Trotzdem
hatte er keine Tränen vergossen. Er hatte seinen Stolz,
dieser Kind-Damon.
»Ich habe eine besondere Nachricht für dich«, sagte er.
»Er hat mich gebeten, dir auszurichten, dass er immer bei
dir sein wird. Und dass du nie al ein sein wirst. Dass
niemand wirklich al ein ist.«
KAPITEL NEUNUNDREISSIG
Elena presste das Kind an sich. Damon hatte verstanden,
selbst in seinem benommenen, verwirrten Zustand. Al e
waren miteinander verbunden. Niemand war al ein.
»Und er hat etwas gefragt. Er hat gefragt, ob du mich
halten würdest, so wie jetzt – fal s ich schläfrig werde.«
Samtig dunkle Augen schauten Elena suchend ins Gesicht.
»Würdest du das tun?«
Elena versuchte, ruhig zu bleiben. »Ich werde dich halten«,
versprach sie.
»Und du wirst mich niemals loslassen?«
»Und ich werde dich niemals loslassen«, antwortete Elena
ihm, denn er war ein Kind, und es hatte keinen Sinn, ihn zu
verängstigen, wenn er keine Furcht hatte. Und weil es für
diesen Teil Damons – diesen kleinen, unschuldigen Teil –
viel eicht irgendeine Art von »ewig« geben würde. Sie hatte
gehört, dass Vampire nicht zurückkamen, dass sie nicht
wiedergeboren wurden wie Menschen. Die Vampire in der
obersten Dunklen Dimension »lebten« noch – es waren
Abenteurer oder Glücksritter oder sie waren vom
Himmlischen Hof in diese Dimension verbannt worden.
»Ich werde dich halten«, versprach Elena noch einmal.
»Für immer und ewig.«
Genau in dem Moment durchlief ein weiterer Krampf
seinen kleinen Körper, und sie sah Tränen auf seinen
dunklen Wimpern und Blut auf seiner Lippe. Aber bevor sie
ein Wort sagen konnte, fügte er hinzu: »Ich habe noch mehr
Nachrichten. Ich kenne sie auswendig. Aber« – seine
Augen flehten sie um Vergebung an – »ich muss sie den
anderen übermitteln.«
Welchen anderen?, dachte Elena zuerst verwirrt. Dann
erinnerte sie sich. Stefano und Bonnie. Es gab noch
andere, die er liebte.
»Ich kann … es ihnen für dich sagen«, erwiderte sie
zögernd, und er lächelte ein winziges Lächeln, sein erstes,
und er zog dabei nur einen Mundwinkel hoch.
»Er hat mir ebenfal s ein wenig Telepathie gelassen«,
erklärte er. »Ich habe sie mir aufgespart für den Fal , dass
ich dich hätte rufen müssen.«
Immer noch ganz wild auf seine Unabhängigkeit, dachte
Elena. Al es, was sie sagte, war: »Dann sprich.«
»Die erste Nachricht ist für meinen Bruder bestimmt, für
Stefano.«
»Du kannst es ihm gleich selbst sagen«, erwiderte Elena.
Sie klammerte sich an den kleinen Jungen in Damons
Seele, wohl wissend, dass dies das Letzte war, was sie
ihm noch geben konnte. Sie konnte einige kostbare
Sekunden opfern, damit Stefano und Bonnie ebenfal s
Lebewohl sagten. Sie passte sich mit Anstrengung wieder
ihrem Körper außerhalb von Damons Geist an und stel te
fest, dass sie die Augen öffnete, blinzelte und versuchte,
scharf zu sehen.
Sie sah Stefanos Gesicht, weiß und erschüttert. »Ist er
…?«
»Nein. Aber bald. Er kann Telepathie hören, wenn du so
klar denkst, als würdest du sprechen. Er hat darum
gebeten, mit dir zu reden.«
»Mit mir?« Stefano beugte sich langsam vor und legte
seine Wange auf die seines Bruders. Elena schloss wieder
die Augen und leitete ihn durch die Dunkelheit, dorthin, wo
ein einziges kleines Licht noch leuchtete. Sie spürte
Stefanos Staunen, als er sie dort sah, den dunkelhaarigen
kleinen Jungen noch immer in den Armen.
Elena war nicht wirklich klar gewesen, dass sie durch ihre
Verbindung mit dem Kind jedes Wort würde hören können.
Oder dass Damons Nachrichten natürlich auch für die
anderen in die Worte eines Kindes gekleidet sein würden.
Der kleine Junge sagte: »Ich schätze, du hältst mich für
ziemlich dumm.«
Stefano stutzte. Er hatte den Kind-Damon noch nie zuvor
gesehen oder gehört. »Das würde ich niemals denken«,
sagte er langsam, staunend.
»Aber es sah – ihm, weißt du – nicht besonders ähnlich.
Mir nicht.«
»Ich denke«, murmelte Stefano unsicher, »es ist
schrecklich traurig, dass ich keinen von euch jemals
wirklich sehr gut gekannt habe.«
»Bitte, sei nicht traurig. Das ist es, was er mich gebeten
hat
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