Tagebuch eines Vampirs 7 - Schwarze Mitternacht
weil wir Wächterinnen sind,
keinen Schaden zufügen können …?«, begann sie, als
Stefanos Stimme die ihre übertönte.
»Ich denke, dass ihr, weil ihr ›Wächterinnen‹ seid,
scheinheilig töten und damit durchkommen könnt«, sagte
Stefano, und seine Lippen bildeten eine so bezwingende –
und erschreckende – Linie der Verachtung, wie Elena es
selbst bei Idola noch nie gesehen hatte. »Du hättest Elena
getötet, wenn Sage dich nicht aufgehalten hätte. Verdammt
sol st du sein«, fügte er leise hinzu, aber mit solch absoluter
Bestimmtheit, dass Idola einen weiteren Schritt rückwärts
machte. »Ja, du sol test besser al deine kleinen
Freundinnen um dich scharen«, sprach er weiter. »Ich
könnte durchaus beschließen, dich trotzdem zu töten. Ich
habe meinen eigenen Bruder getötet, wie dir sicher
bewusst ist.«
»Aber gewiss – doch das hast du erst getan, nachdem du
selbst einen tödlichen Stoß empfangen hattest.« Susurre
stand zwischen Stefano und Idola und versuchte
einzugreifen.
Stefano zuckte die Achseln. Er sah sie mit der gleichen
Verachtung an, mit der er die andere Herrscherin bedacht
hatte. »Ich konnte noch immer meinen Arm benutzen«,
sagte er langsam. »Ich hätte mich dafür entscheiden
können, mein Schwert fal en zu lassen oder ihn lediglich zu
verwunden. Stattdessen habe ich beschlossen, ihm die
Klinge direkt ins Herz zu rammen.« Er bleckte die Zähne zu
einem entschieden unfreundlichen L?cheln. ?Und jetzt
brauche ich nicht einmal eine Waffe.?
»Stefano«, gelang es Elena endlich zu flüstern.
»Ich weiß. Sie ist schwächer als ich, und du wil st nicht,
dass ich sie töte. Das ist der Grund, warum sie noch lebt,
Liebste. Das ist der einzige Grund.« Als Elena den Blick
ihrer halb verängstigten Augen auf ihn richtete, fügte
Stefano mit einer Stimme, die nur sie hören konnte, hinzu:
Natürlich gibt es einige Dinge an mir, von denen du
nichts weißt, Elena. Dinge, von denen ich gehofft hatte,
dass du sie niemals würdest sehen müssen. Dich zu
kennen – dich zu lieben – hat mich fast dazu gebracht, sie
zu vergessen.
Stefanos Stimme in ihrem Kopf weckte etwas in Elena. Sie
schaute auf und betrachtete die verschwommene Masse
von Wächtern um sie herum. Sie sah rotblonde Locken,
schwebend in der Luft. Bonnie. Bonnie, die kämpfte. Sie
kämpfte schwach, aber nur deshalb, weil zwei blonde
Wächterinnen und zwei dunkelhaarige sie an Armen und
Beinen in der Luft festhielten. Während Elena sie anstarrte,
schien sie neue Energie zu finden und kämpfte heftiger.
Und Elena konnte … etwas hören. Es war schwach und
weit entfernt, aber es klang beinahe wie … ihr Name. Wie
ihr Name, gesprochen von wispernden Zweigen oder dem
Sirren vorbeifahrender Fahrräder. lei … na … e … lei
Elena griff innerlich nach dem Geräusch. Sie versuchte
verzweifelt zu fassen, was immer danach kam, aber nichts
geschah. Sie probierte es mit einem Trick, der ihr am
vergangenen Tag noch leichtgefal en wäre – sie
kanalisierte Macht in das Zentrum ihrer Telepathie. Es
funktionierte nicht. Sie probierte es selbst mit Telepathie.
Bonnie! Kannst du mich hören?
Der Gesichtsausdruck des kleineren Mädchens veränderte
sich nicht im Geringsten.
Elena hatte ihre Verbindung zu Bonnie verloren.
Sie schaute zu, während Bonnie das Gleiche begriff,
schaute zu, wie Bonnie al er Kampfesmut verließ. Bonnies
Gesicht war in leerer Verzweiflung nach oben gewandt und
war unbeschreiblich traurig und zugleich unbeschreiblich
rein und schön.
Das wird uns niemals widerfahren, sagte Stefanos Stimme
in ihrem Geist wild. Niemals! Ich gebe dir mein …
Nein!, sandte Elena zurück, die eine abergläubische Angst
Nein!, sandte Elena zurück, die eine abergläubische Angst
vor Pech hatte. Wenn Stefano schwor, konnte etwas
geschehen – viel eicht musste sie zu einem Vampir oder
einem Geist werden –, um sicherzustel en, dass er nicht
sein Wort brach.
Er hielt inne, und Elena wusste, dass er sie gehört hatte.
Und irgendwie beruhigte sie dieses Wissen, dass Stefano
ein einzelnes Wort von ihr gehört hatte. Sie wusste, dass er
nicht spionierte. Er hatte es gehört, weil sie ihm den
Gedanken geschickt hatte. Sie war nicht al ein. Sie mochte
wieder ein gewöhnliches Mädchen sein; die Wächterinnen
mochten ihr die Flügel und den größten Teil der Macht aus
ihrem Blut genommen haben, aber sie war nicht al ein. Sie
beugte sich zu ihm vor und legte die
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