Tagebuch eines Vampirs 7 - Schwarze Mitternacht
hatten. Und dass er … fort war.
Plötzlich schien der Raum um sie herum immer enger zu
werden. Es gab nicht genug Luft. Es gab nur diese Frauen:
diese mächtigen, magischen hohen Richterinnen; die
trotzdem nicht genug Macht oder Magie hatten, um Damon
zu retten – oder denen dieses Unterfangen nicht einmal
wichtig genug war, um es ein zweites Mal zu versuchen.
Sie war sich nicht sicher, was mit ihr geschah. Ihre Kehle
fühlte sich wie aufgebläht an, ihre Brust war gleichzeitig
riesig und eng. Jeder Herzschlag tönte durch sie hindurch,
als versuche er, sie zu Tode zu schütteln.
Zu Tode. Vor ihrem inneren Auge sah sie eine Hand, die
ein Glas schwarzmagischen Weins der Marke Clarion Löss
hielt.
Und dann wusste Elena, dass sie auf eine bestimmte Art
dastehen musste, dass sie die Arme auf eine bestimmte
Art halten und tonlos bestimmte Worte fl?stern musste. Und
nur die letzten Worte mussten laut ausgesprochen werden,
der Name der Beschw?rung.
Am Ende – wenn al es sich verlangsamte. Wenn die
grünäugige Idola – was für ein perfekter Name für eine
Frau, die sich selbst idolisiert, dachte Elena – und die
blonde geschäftsmäßige Ryannen und die fürsorgliche
Susurre – wenn sie al e Elena mit offenem Mund anstarrten,
zu schockiert, um auch nur einen Finger zu rühren, während
sie leise und gelassen sagte: »Flügel der Zerstö …«
Es war eine Wächterin, ohne besonderen Rang, eine der
dunkelhaarigen Frauen, die sie aufhielt. Sie sprang vor
Elena und schlug ihr mit unmenschlicher Geschwindigkeit
eine Hand auf den Mund, sodass die letzte Silbe bloß ein
Murmeln war und die goldene, grüne und blaue Hal e nicht
explodierte und in winzige Partikel zerstäubt wurde.
Dann legten sich weitere Arme um Elena, drückten sie
nieder und erlaubten ihr kaum zu atmen, selbst als sie
wegen des Luftmangels erschlaffte. Elena kämpfte wie ein
Tier, mit Zähnen und Nägeln, um zu entfliehen. Aber
schließlich wurde sie zu Boden gedrückt. Sie konnte Sages
tiefe Stimme toben hören und Stefano, der zwischen
verzweifelten telepathischen Nachrichten an sie fehte und
erklärte: »Sie ist noch immer nicht in der Realität! Sie weiß
nicht einmal, was sie tut!«
Aber lauter konnte sie die Stimmen der hohen Richterinnen
hören. »Sie hätte uns al e getötet!« – »Diese Flügel – ich
habe noch nie etwas so Tödliches gesehen!« – »Ein
Mensch! Und mit nur drei Worten hätte sie uns auslöschen
k?nnen!? ? ?Wenn Lenea sie nicht niedergerungen h?tte
?? ? ?Oder wenn sie einige Schritte weiter entfernt
gestanden h?tte ?? ? ?Sie hat bereits einen Mond zerst?rt!
Jetzt gibt es dort ?berhaupt kein Leben mehr und noch
immer f?l t Asche vom Himmel!? ? ?Das ist nicht der Punkt.
Der Punkt ist, dass sie ?berhaupt keine Fl?gelm?chte
haben sol te. Sie muss ihrer Fl?gel beraubt werden.? ? ?
Das ist richtig ? schneidet ihre Fl?gel ab! Tut es!«
Elena erkannte am Ende Ryannens und Idolas Stimme. Sie
versuchte noch immer, sich zu wehren, aber sie hielten sie
so fest und hatten sich so unbarmherzig auf sie gesetzt,
dass es schon zu einem Kampf wurde, einfach Luft zu
bekommen, und al es, was sie erreichte, war, sich selbst zu
erschöpfen.
Und dann schnitten sie ihr die Flügel ab. Es ging
wenigstens schnel und Elena spürte kaum etwas. Was am
meisten schmerzte, war ihr Herz. Der Kampf hatte Stolz
und Halsstarrigkeit in ihr zutage treten lassen, und jetzt
schämte sie sich bei jedem Paar, das ihr abgeschnitten
wurde. Als Erstes verlor sie die Flügel der Erlösung, diese
großen regenbogenfarbigen Schwingen. Dann die Flügel
der Reinigung, weiß und schil ernd wie frostüberhauchte
Spinnweben. Die Flügel des Windes, aus honig-
bernsteinfarbenen Sommerfäden. Die Flügel der
Erinnerung, weiches Violett und Mitternachtsblau. Und
dann die Flügel des Schutzes – smaragdgrün und golden
hatten diese Flügel ihre Freunde bei ihrem ersten Besuch
in den Dunklen Dimensionen vor Blodwedds verzweifeltem
Angriff gerettet.
Und schließlich die Flügel der Zerstörung – hohe
ebenholzschwarze B?gen mit R?ndern, die so zart waren
wie schwarze Spitze.
Elena versuchte, ruhig zu bleiben, während ihr Macht für
Macht genommen wurde. Aber nachdem die beiden ersten
Flügel links und rechts von ihr zu Boden gefal en waren, in
Schatten, die viel eicht nur sie sehen konnte, hörte sie ein
leises Aufkeuchen und begriff, dass es ihre eigene Stimme
war. Und beim nächsten Schnitt ein
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