Tagebuch eines Vampirs 7 - Schwarze Mitternacht
geschenkt habe. Obwohl das
Schloss wie ein zartes Juwel wirkte, hatte es Damon
bereits vor mehrere Probleme gestel t. Da war dieser
Stacheldrahtzaun gewesen, an dem er sich seine
Lederjacke zerrissen hatte; ein ungewöhnlich eifriger und
halsstarriger Wachposten, den zu erwürgen beinahe ein
Jammer gewesen war; ein Graben, der ihn fast überrascht
hätte; und einige Hunde, die er mit der gleichen Kur
behandelt hatte wie Saber – mit Mrs Flowers’ Schlafmittel,
das er mitgebracht hatte. Es wäre einfacher gewesen, sie
zu vergiften, aber Jessalyn stand in dem Ruf, eine große
Schwäche für Tiere zu haben – und er würde sie immerhin
für mindestens drei Tage brauchen. Das sol te lang genug
sein, um ihn zum Vampir zu machen ? fal s sie w?hrend
dieser Tage nichts anderes taten.
Als er sich jetzt lautlos an der Pergola hochzog, fügte er im
Geiste seiner Liste von Unannehmlichkeiten lange
Rosendornen hinzu. Er probte außerdem seine erste
Ansprache an Jessalyn. Sie war achtzehn gewesen – war
achtzehn – würde es immer sein. Aber es waren junge
achtzehn, da sie nur zwei Jahre Erfahrung mit dem Dasein
als Vampir hatte. Er tröstete sich mit diesem Gedanken,
während er geräuschlos durch ein Fenster einstieg.
Immer noch geräuschlos und mit langsamen Bewegungen
für den Fal , dass die Prinzessin Wachtiere in ihrem
Schlafgemach hatte, teilte Damon Schicht um Schicht der
einzeln durchscheinenden schwarzen Vorhänge, die
verhinderten, dass das blutrote Licht der Sonne in das
Gemach fiel. Seine Stiefel sanken in den dicken schwarzen
Teppich ein. Nachdem er die Vorhänge überwunden hatte,
sah Damon, dass das ganze Gemach von einem absoluten
Meister der Kontraste gestaltet worden war – zu einem
einzigen Thema: Schwarz – einmal glänzendes
Pechschwarz, einmal sattes Mattschwarz.
Es gefiel ihm sehr.
Im Raum stand ein riesiges Bett, das beinahe zur Gänze
umschlossen war von weiteren sich bauschenden, dünnen
schwarzen Vorhängen. Man konnte es nur vom Fußende
aus erreichen, wo die durchscheinenden Vorhänge
weniger wurden.
Während in dem Gemach kathedralenähnliche Stil e
herrschte, betrachtete Damon die zarte Gestalt unter den
schwarzen Seidenlaken zwischen Dutzenden kleiner
Kissen.
Sie war ebenso wie ihr Schloss ein Juwel. Zierliche
Knochen. Ein Ausdruck absoluter Unschuld im Schlaf. Ein
ätherischer Fluss aus feinem scharlachrotem Haar, das
sich um sie herum über ihr Kissen ergoss. Er konnte sogar
einzelne Haare auf den schwarzen Laken sehen. Sie hatte
ein wenig Ähnlichkeit mit Bonnie.
Damon war hocherfreut.
Er zog dasselbe Messer hervor, das er Elena an die Kehle
gehalten hatte, und zögerte nur für einen Moment – aber
nein, dies war nicht der richtige Zeitpunkt, um an Elenas
goldene Wärme zu denken. Al es hing von diesem zarten
Kind vor ihm ab. Er drückte sich die Messerspitze an die
Brust, bewusst weit von seinem Herzen entfernt, für den
Fal , dass Blut vergossen werden musste … und hüstelte.
Nichts geschah. Die Prinzessin, angetan mit einem
schwarzen Negligé, das ihre zerbrechlichen porzel anfeinen
und bleichen Arme nicht bedeckte, schlief weiter. Damon
bemerkte, dass die Nägel ihrer schmalen Finger im
Scharlachton ihres Haares lackiert waren.
Die beiden großen Säulenkerzen in den hohen schwarzen
Kerzenständern verströmten ein berauschendes Parfüm
und dienten gleichzeitig als Uhren – je weiter sie
herunterbrannten, umso weiter war die Zeit fortgeschritten.
Die Beleuchtung war perfekt – al es war perfekt –, nur dass
Jessalyn immer noch schlief.
Damon hüstelte abermals, diesmal lauter – und stieß
gegen das Bett.
Die Prinzessin schrak hoch und zog gleichzeitig zwei in
einer Scheide steckende Klingen aus dem Haar.
»Wer ist da? Ist jemand hier?« Sie sah in al e Richtungen,
nur nicht in die richtige.
»Ich bin es nur, Euer Hoheit.« Damon sprach leise und
eindringlich. »Ihr braucht keine Angst zu haben«, fügte er
hinzu, jetzt, da sie in die richtige Richtung geblickt und ihn
gesehen hatte. Er kniete am Fußende ihres Bettes nieder.
Er hatte sich ein wenig verrechnet. Das Bett war so groß
und hoch, dass seine Brust und das Messer weit unterhalb
von Jessalyns Gesichtsfeld lagen.
»Hier werde ich mir das Leben nehmen«, verkündete er,
nun sehr laut, um sicherzustel en, dass Jessalyn dem
Programm folgen konnte.
Nach ein oder zwei Sekunden tauchte der Kopf der
Prinzessin über dem Fußende des Bettes
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