Tagebuch eines Vampirs 7 - Schwarze Mitternacht
dich für niemanden außer für dich selbst,
dachte Bonnie. Plötzlich machst du einen auf patriotisch,
aber in Fel ’s Church hast du nicht so getan, als sei dir an
irgendetwas anderem gelegen, als Menschen zu verletzen.
»In deiner kleinen Stadt hatte ich, wie auch in anderen
Städten im Laufe der Geschichte, Befehle auszuführen.
Und genau das habe ich getan«, sagte Shinichi, und
Bonnie rutschte das Herz hinunter bis in ihre Schuhe. Er
war telepathisch. Er wusste, was sie dachte. Er hatte sie ?
ber die Urnen nachdenken h?ren.
Shinichi feixte. »Kleine Städte wie die auf Unmei no Shima
müssen vom Antlitz der Erde weggewischt werden«, fuhr er
fort. »Hast du die Anzahl von Kraftlinien unter dieser Insel
gesehen?« Ein weiteres Feixen. »Aber natürlich warst du
nicht wirklich dort, also hast du sie wahrscheinlich nicht
gesehen.«
»Wenn du erkennen kannst, was ich denke, weißt du, dass
meine Geschichte über Schätze nur eine Geschichte war«,
sagte Bonnie. »Sie war in der Sternenkugel, die den Titel
trug: Fünfhundert Geschichten für Kleine. Sie ist nicht
real.«
»Dann ist es ja seltsam, dass sie zufäl ig genau zu dem
passt, was angeblich hinter den Sieben Kitsune-Toren
liegt.«
»Sie war mitten in einem Haufen Geschichten über die …
die Düz-Aht-Bhi’iens. Ich meine, die Geschichte direkt
davor handelte von einem Kind, das Süßigkeiten kaufte«,
sagte Bonnie. »Warum holst du dir die Sternenkugel nicht
einfach, statt zu versuchen, mir Angst zu machen?« Ihre
Stimme begann zu zittern. »Sie befindet sich in dem
Gasthaus direkt gegenüber des Ladens, in dem ich –
festgenommen wurde. Geh einfach hin und hol sie dir!«
»Natürlich haben wir das versucht«, erwiderte Shinichi
ungeduldig. »Die Wirtin war ziemlich hilfsbereit, nachdem
wir ihr eine … Entschädigung gegeben hatten. Es gibt
keine solche Geschichte in dieser Sternenkugel.«
»Das ist unmöglich!«, rief Bonnie. »Woher habe ich die
Geschichte sonst?«
»Das frage ich dich.«
Mit flatterndem Magen sagte Bonnie: »Wie viele
Sternenkugeln hast du dir in diesem braunen Zimmer
angesehen?«
Shinichis Augen trübten sich für einen Moment. Er sprach
offensichtlich telepathisch mit jemandem, aber Bonnie
konnte nichts davon hören.
Schließlich stel te er fest: »Genau achtundzwanzig
Sternenkugeln. «
Bonnie hatte das Gefühl, als habe man ihr einen Schlag mit
einem Knüppel versetzt. Sie würde nicht verrückt werden –
sie würde es nicht. Sie hatte diese Geschichte erlebt. Sie
kannte jede Spalte in jedem Fels, jeden Schatten im
Schnee. Die einzigen Antworten waren, dass die echte
Sternenkugel gestohlen worden war, oder – oder viel eicht
hatten sie sich die Kugeln, die sich in ihrem Besitz
befanden, nicht gründlich genug angeschaut.
»Die Geschichte ist da«, beharrte sie. »Direkt davor ist die
Geschichte über die kleine Marit, wie sie in einen
Süßigkeitenladen …«
»Wir sind das Inhaltsverzeichnis durchgegangen. Es gibt
eine Geschichte über ein Kind und« – er blickte
geringschätzig drein – »einen Süßigkeitenladen. Aber nicht
die andere. «
Bonnie schüttelte nur den Kopf. »Ich schwöre, dass ich die
Wahrheit sage.«
»Warum sol te ich dir glauben?«
»Warum spielt es überhaupt eine Rol e? Wie könnte ich mir
etwas Derartiges ausdenken? Und warum sol te ich eine
Geschichte erzählen, von der ich wusste, dass sie mich in
Schwierigkeiten bringen würde? Es ergibt keinen Sinn.«
Shinichi starrte sie hart an. Dann zuckte er die Achseln, die
Ohren flach an den Kopf gelegt. »Was für ein Jammer,
dass du das immer wieder sagst.«
Plötzlich hämmerte Bonnie das Herz in der Brust und
schlug ihr bis zum Hals. Ihre Kehle war wie zugeschnürt.
»Warum?«
»Weil«, sagte Shinichi kühl und zog die Rol läden
vol kommen nach oben, sodass Bonnie abrupt in die Farbe
von frischem Blut getaucht wurde, »ich fürchte, dass wir
dich jetzt töten müssen.«
Der Oger, der sie festhielt, marschierte auf das Fenster zu.
Bonnie schrie. An Orten wie diesen, das wusste sie,
blieben Schreie ungehört.
Aber sie wusste nicht, was sie sonst hätte tun sol en.
KAPITEL SIEBZEHN
Meredith und Matt saßen am Frühstückstisch, der ohne
Bonnie traurig leer wirkte. Es war erstaunlich, wie sehr
dieser schmale Körper den Raum anscheinend ausgefül t
hatte und wie viel ernster al e ohne sie waren. Meredith
wusste, dass Elena Bonnies Fehlen hätte wettmachen
können, wenn
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