Tagebuch eines Vampirs 8 - Jagd im Abendrot
war
– es gab da einige ziemlich seltsame Geschichten –, und dann passierten
in der Stadt jede Menge anderer unheimlicher Dinge. Gewalt. Mädchen,
die verrückt wurden, und Kinder, die ihre Eltern angriffen. Und dann war
es plötzlich vorüber; es hat einfach aufgehört, und es war, als sei ich der
Einzige, der sich daran erinnern konnte. Aber ich erinnerte mich auch an
einen ganz normalen Sommer. Daran, dass Elena Gilbert die ganze Zeit
über dagewesen war, und dass sich niemand etwas dabei dachte – weil die
Leute sich einfach nicht daran erinnern konnten, dass sie gestorben war.
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Nur ich schien zwei Erinnerungsstränge zu haben. Leute, die vor meinen
Augen verletzt worden waren« – er schauderte bei dem Gedanken – »oder
sogar getötet, waren plötzlich wieder gesund. Ich hatte das Gefühl, ver-
rückt zu werden.«
Caleb strich sich sein zotteliges, dunkelblondes Haar aus dem Gesicht,
rieb sich die Nase und holte tief Luft. »Was auch immer im Gang war, ich
wusste, dass du und Elena eine zentrale Rolle dabei gespielt habt. Das war
mir durch die Art der verschiedenen Erinnerungen klar. Und ich habe
überlegt, dass ihr auch etwas mit Tylers Verschwinden zu tun haben
musstet. Entweder hattet ihr ihm etwas angetan, oder ihr wusstet etwas
darüber, was ihm zugestoßen war. Ich dachte, dass ich vielleicht etwas
herausbekommen würde, wenn ich dich von deinen Freunden trennen
könnte. Sobald ihr euch zerstritten hättet, wäre ich in der Lage gewesen,
mir Zutritt zu eurer Clique zu verschaffen und herauszufinden, was los
war. Vielleicht hätte ich Elena mit einem Scheinzauber dazu bringen
können, sich in mich zu verlieben, oder eins der anderen Mädchen. Ich
musste es einfach wissen.« Er blickte von einem zum anderen. »Der
Rosenzauber sollte euch völlig irrational machen, euch gegeneinander
aufbringen.«
Alaric runzelte die Stirn. »Du hast also nichts heraufbeschworen?«
Caleb schüttelte den Kopf. »Hier«, sagte er und zog ein dickes, in Leder
gebundenes Buch unter seinem Bett hervor. »Der Zauber, den ich benutzt
habe, steht hier drin. Das ist alles, was ich getan habe, ehrlich.«
Alaric griff nach dem Buch und blätterte darin, bis er den richtigen
Zauber fand. Mit gerunzelter Stirn studierte er die Worte und erklärte
dann: »Er sagt die Wahrheit. Hier steht nichts über die Beschwörung eines
Phantoms. Und der Zauber passt zu dem, was wir in Calebs Werkstatt
gesehen haben und worüber ich in seinen Notizbüchern gelesen habe. Das
mit den Rosen ist ein ziemlich einfacher Zwietrachtzauber; er verstärkt
nur jene negativen Gefühle, die wir bereits in uns haben – Hass, Zorn,
Eifersucht,
Angst,
Kummer
–
und
vergrößert
dadurch
die
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Wahrscheinlichkeit ein wenig, dass wir uns gegenseitig für alles, was
schiefgeht, die Schuld geben.«
»Aber die Kräfte des Phantoms, das sich hier wohl aufhält, haben diesen
Zauber dann wie durch eine Rückkopplung verstärkt, so wie Mrs Flowers
es vorhergesagt hat. Diese Kräfte haben unsere schlechten Gefühle an-
schwellen lassen und das Phantom noch mächtiger gemacht«, sagte Ste-
fano langsam.
»Eifersucht«, murmelte Meredith nachdenklich. »Weißt du, ich hasse
es, es zuzugeben, aber ich war schrecklich eifersüchtig auf Sabrina.« Sie
sah Alaric entschuldigend an, der sich vorbeugte und sanft ihre Hand
berührte.
»Sie war auch eifersüchtig auf dich«, stellte Stefano sachlich fest. »Ich
konnte es spüren.« Er seufzte. »Und ich war ebenfalls eifersüchtig.«
»Also vielleicht ein Eifersuchtsphantom?«, fragte Alaric. »Gut, das gibt
uns schon mal einen Anhaltspunkt, um nach einem geeigneten Bannza-
uber zu suchen. Obwohl ich überhaupt nicht eifersüchtig war.«
»Natürlich nicht«, erwiderte Meredith spitz. »Du warst ja derjenige, um
den zwei Mädchen herumgeflattert sind.«
Plötzlich war Stefano so erschöpft, dass seine Beine zitterten. Er
brauchte Nahrung, und zwar sofort. Er nickte Caleb unbeholfen zu. »Es tut
mir leid … was passiert ist.«
Caleb schaute zu ihm auf. »Bitte, sag mir, was Tyler zugestoßen ist«, fle-
hte er. »Ich muss es wissen. Wenn du mir einfach die Wahrheit sagst,
werde ich euch in Ruhe lassen, ich verspreche es.«
Meredith und Stefano sahen einander an, und Stefano hob leicht die Au-
genbrauen. »Tyler hat im letzten Winter die Stadt verlassen«, begann
Meredith langsam. »Quicklebendig. Das ist alles, was wir über ihn wissen,
ich
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