Tagebuch eines Vampirs 8 - Jagd im Abendrot
selbst mächtiger zu werden«, erklärte Elena deutlich.
»Wie fühlst du dich?«
»Och, nur ein wenig durcheinander«, witzelte Matt mit schwacher
Stimme. Er sah sich um, dann leckte er sich nervös die Lippen. »Huh, das
ist also die Unterwelt? Sie ist hübscher, als ich sie mir nach euren Bes-
chreibungen vorgestellt habe. Sollte der Himmel nicht rot sein? Und wo
sind all die Vampire und Dämonen?« Er sah Elena und Bonnie streng an.
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»Habt ihr uns die Wahrheit über alles gesagt, was euch hier passiert ist?
Denn dieser Ort kommt mir für eine Hölle ziemlich angenehm vor, mit all
den Rosen.«
Elena starrte ihn an.
Dann bemerkte sie den Anflug von Panik auf Matts Gesicht und begriff,
dass er sich mit seinen toughen Sprüchen nur selbst Mut machen wollte.
»Tja, wir wollten euch eben beeindrucken«, witzelte sie ihrerseits mit
einem zittrigen Lächeln, dann kam sie schnell zur Sache. »Was war zu
Hause los?«, fragte sie ihn.
»Ähm«, antwortete Matt, »Stefano und Meredith haben Caleb danach
gefragt, wie er das Phantom heraufbeschworen hat.«
»Caleb ist nicht verantwortlich für das Phantom«, erklärte Elena ener-
gisch. »Es ist uns nach Hause gefolgt, als wir das letzte Mal hier waren.
Wir müssen sofort nach Fell’s Church, damit wir ihnen sagen können, dass
wir es mit einem der ursprünglichen Phantome zu tun haben. Ein
Original-Phantom loszuwerden, ist viel schwieriger, als es bei einem
gewöhnlichen Phantom der Fall wäre.«
Matt sah Bonnie fragend an. »Wieso weiß sie das?«
»Nun«, sagte Bonnie mit einem Hauch von Schadenfreude, den sie bei
Klatsch und Tratsch immer empfand, »anscheinend hat Damon es ihr
erzählt. Er lebt, und sie hat ihn gesehen!«
So viel dazu, dass du Damons Geheimnis für dich behalten solltest,
Bonnie!, dachte Elena und verdrehte die Augen. Aber im Grunde spielte es
keine Rolle, ob Matt es wusste. Er war nicht derjenige, vor dem Damon das
Geheimnis bewahren wollte, und es war auch nicht wahrscheinlich, dass er
allzu bald in der Lage sein würde, Stefano davon zu erzählen.
Elena blendete Matts erstaunte Ausrufe und Bonnies Erklärungen aus,
während sie erneut ihre Umgebung in Augenschein nahm. Sonnenschein.
Rosenbüsche. Rosenbüsche. Sonnenschein. Gras. Klarer blauer Himmel.
Überall das Gleiche, in allen Richtungen. Wohin sie auch blickte, nickten
samtschwarze, perfekte Blüten heiter in der heißen Mittagssonne. Die
Büsche waren alle gleich, bis hin zu Anzahl und Position der Rosen an
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jedem einzelnen Busch und dem Abstand zwischen ihnen. Selbst die
Grashalme schienen identisch – sie hatten alle die gleiche Höhe. Und die
Sonne hatte sich seit ihrer Ankunft hier nicht bewegt.
Auf den ersten Blick wirkte alles hübsch und entspannend, aber bereits
nach einigen Minuten ging einem diese Einförmigkeit auf die Nerven.
»Da war ein Tor«, sagte sie nun zu Bonnie und Matt, »durch das wir
vom Torhaus der Sieben Schätze auf dieses Feld geschaut haben. Man kon-
nte von dort hier eintreten, also muss es auch einen Weg zurück geben.
Wir müssen ihn nur finden.«
Plötzlich setzte der scharfe, ziehende Schmerz wieder ein. Elena umk-
lammerte ihren Bauch. Bonnie verlor das Gleichgewicht, ließ sich auf den
Boden sinken und blieb dort mit fest geschlossenen Augen sitzen.
Matt stieß einen erstickten Ruf aus und keuchte. »Was ist das?«
Elena wartete mit ihrer Antwort, bis der Schmerz endlich wieder
nachließ. Ihre Knie waren wackelig. Ihr war schwindelig und übel. »Ein
weiterer Grund, warum wir von hier wegmüssen«, keuchte sie. »Das
Phantom benutzt uns, um seine Macht zu vergrößern. Wahrscheinlich
kann es das am besten, wenn wir hier sind. Wenn wir das Tor also nicht
bald finden, werden wir vielleicht zu schwach sein, um es zurück nach
Hause zu schaffen.«
Sie sah sich wieder um, und die Eintönigkeit der Umgebung war bei-
nahe schwindelerregend. Jeder Rosenbusch stand in der Mitte eines klein-
en, runden Beetes aus fruchtbar wirkendem, dunklem Lehm. Zwischen
diesen Kreisen war das Gras des Feldes samtig glatt wie der Rasen eines
englischen Herrenhauses oder eines exzellenten Golfplatzes.
»Okay«, sagte Elena und holte tief Luft, um sich zu beruhigen. »Wir ver-
teilen uns und halten die Augen offen. Am besten gehen wir etwa zehn
Schritte voneinander entfernt von einem Ende dieses Rosengartens zum
anderen und suchen ihn ab. Passt gut auf – alles, was sich auch nur im
Geringsten vom
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