Tagebuch für Nikolas
Gesten sind genau wie die von Matt! Und umgekehrt. Manchmal, wenn ich dich anschaue, kann ich mir Daddy vorstellen, wie er als kleiner Junge war. Ihr seid beide voller Freude, anmutig und stark und schön anzusehen.
Du bist gerade zu unserer Decke zurückgekehrt von Kämpfen gegen Sandmonster und unfreundliche Seeigel, als Matt in seine Tasche greift und einen Brief herauszieht. Er reicht ihn mir.
»Der Verleger in New York wollte meine Gedichtsammlung nicht - noch nicht aber hier ist ein kleiner Trostpreis.«
Er hatte ein Gedicht an eine Zeitschrift geschickt, die Atlantic Monthly hieß. Sie hatten es angenommen. Matt hatte mir nicht einmal gesagt, dass er sein Gedicht eingeschickt hatte. Er sagte, dass er nichts davon sagen wollte, für den Fall, dass nichts daraus würde. Aber es wurde etwas daraus, Nicky, und er bekam den Brief genau an seinem Geburtstag.
Ich fragte ihn, ob ich ihn lesen dürfte, und Matt faltete ein anderes Blatt auseinander. Es war das Gedicht; er hatte es die ganze Zeit bei sich gehabt.
Mir schössen die Tränen in die Augen, als ich den Titel las: »Nikolas und Suzanne.«
Matt erzählte mir, dass er all die Dinge, die ich zu dir sage und dir vorsinge, aufgeschrieben hat, und dass er die Ohren gespitzt hat, um meine kleinen Gedichte und Wiegenlieder mitzubekommen.
Er sagte, dass dies nicht nur sein Gedicht war, sondern auch meines. Er erklärte mir, dass es meine Stimme war, die er in diesen Zeilen hörte; wir hatten es also gemeinsam geschaffen.
Daddy las einen Teil laut vor, gegen die donnernde Brandung und die kreischenden Möwen.
Nikolas und Suzanne
Wer rührt die Blätter in Bäumen und Ähren?
Und führt Schiffe heim von fremden Meeren,
Und spinnt das Stroh zu purem Gold
Ist voll Liebe, rein und hold …
Wer jagt vom Himmel fort den Regen?
Und singt dem Mond den Abendsegen,
Und erfüllt Wünsche wie eine Fee
Und hört Lieder in den Muscheln der See …
Wer macht aus jeder Kleinigkeit
Ein kleines Wunder jederzeit?
Wer bringt in mein Leben die Freude zurück?
Mein Sohn, meine Frau, ihr seid mein Glück.
Was könnte besser sein, Nicky? Nichts. Gar nichts.
Daddy sagte, es war der schönste Geburtstag seines Lebens.
Nikolas,
es ist etwas Unerwartetes passiert, und leider sind es keine guten Nachrichten.
Es war Zeit für die erste deiner gefürchteten Impfungen. Es widerstrebte mir sehr, dass du das durchmachen musst. Deine Kinderärztin auf Martha’s Vineyard war im Urlaub, und so beschloss ich, einen mir befreundeten Arzt in Boston anzurufen. Es wurde sowieso einmal Zeit für einen Besuch in »Beantown«.
Während ich in Boston war, wollte ich mich auch selbst untersuchen lassen. Es war zugleich eine Gelegenheit, Freunde zu treffen, einen Schaufensterbummel auf der New Sudbury Street zu machen und in Harvard Gardens zu essen, aber vor allem, mit dir anzugeben, Nicky Mouse.
Wir nahmen die Fähre hinüber nach Woods Hole, erreichten die Route 6 gegen neun Uhr morgens und waren kurz darauf auf der Interstate 3-Es war unser erstes Abenteuer außerhalb der Insel. Nikolas’ Fahrt in die große Stadt!
Zuerst jedoch kam dein Termin. Die Kinderarztpraxis sah genauso aus wie immer. Überall lagen Spielzeuge, Buntstifte und Malblocks. Eine schwarze Katzenuhr wedelte im Sekundentakt mit dem Schwanz. Dein Blick wurde magisch von ihr angezogen.
Andere Babys weinten und waren unruhig, aber du hast still wie eine kleine Maus dagesessen und die neue Umgebung inspiziert.
»Nikolas Harrison«, rief schließlich die Dame vom Empfang.
Es war komisch, deinen Namen so offiziell von einem völlig fremden Menschen angekündigt zu hören. Einen Moment erwartete ich beinahe, dass du »Hier!« rufst.
Es war schön, meinen alten Kumpel Dan Anderson wiederzusehen, und er konnte kaum glauben, wie groß du schon warst. Er sagte, dass er in dir eine Menge von mir selbst wieder erkannte, und das fand ich natürlich aufregend. Aber der Fairness halber musste ich ihm auch Bilder von Daddy zeigen.
»Du bist offenbar sehr glücklich, Suzanne«, sagte Dan, als er dich untersuchte, deine Werte nahm und dich abklopfte.
»Das bin ich auch, Dan. Ich war nie glücklicher. Es ist einfach wunderbar.«
»Es hat dir sehr gut getan, dass du die Großstadt verlassen hast. Und sieh dir nur diesen künftigen Footballverteidiger an, den du hier hast.«
Ich strahlte. »Er ist der beste kleine Junge auf der Welt. Aber das hast du sicher schon oft gehört, nicht wahr?«
»Nicht von dir, Suzanne.« Er legte
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