Tai-Pan
Masterson ein. Er faltete die Hände und senkte gottesfürchtig den Kopf. »Der Herr bewahre uns vor den gottverdammten Heiden! Bin ganz Ihrer Meinung, Tai-Pan. Hol der Teufel diesen ganzen Tumult!« Mauss riß sich nur mit Mühe zusammen. Er hatte das Gefühl, nackt vor Struan zu stehen, der wieder einmal in die Tiefe seiner Seele geblickt hatte. »Sie sind … Sie haben recht. Ja. Recht.«
»Denn würden wir Sie verlieren, wer sollte uns dann noch das Wort Gottes predigen?« sagte Struan und beschloß, sollte es wirklich zu Zusammenstößen kommen, auf Mauss zu achten.
»Ganz richtig«, stimmte Masterson ihm bei und schneuzte sich mit den Fingern. »Wäre es nicht sinnlos, einen wertvollen Christen den Wölfen vorzuwerfen? Dieses verfluchte Gesindel ist bis zum Äußersten aufgehetzt worden und nicht in der Stimmung, sich eine Predigt anzuhören. Möge uns der Herr schützen! Gottverdammt, Tai-Pan, ich habe Ihnen gesagt, sie würden angreifen.«
»Den Teufel haben Sie!« brüllte Roach von der anderen Seite des Raumes her.
»Wer, zum Donnerwetter, hat denn Sie um Ihre Meinung gefragt? Ich unterhalte mich hier ganz ruhig mit dem Tai-Pan und Reverend Mauss«, brüllte Masterson zurück. Dann zu Mauss gewandt: »Wie wäre es, wenn Sie ein Gebet für uns sprechen würden? Schließlich sind ja wir hier die Christen, bei Gott!« Er eilte zum Fenster hinüber. »Sieht denn keiner, was da draußen vor sich geht, he?«
Mauss wischte sich den Schweiß von der Stirn. O Allmächtiger Gott und lieber Jesus, Dein einziger Sohn, gib mir Deinen Frieden. Schicke mir Jünger und Missionare, so daß ich Deine Bürde ablegen kann. Und ich segne Dich, weil Du mir den Tai-Pan gesandt hast, denn er ist mein Gewissen, und er sieht mich, wie ich bin. »Ich danke Ihnen, Tai-Pan.«
Die Tür wurde aufgestoßen, und noch mehr Händler strömten in den Raum. Alle waren bewaffnet. »Was in aller Welt geht eigentlich vor? Was ist los?«
»Das weiß niemand«, antwortete Roach. »Zuerst sah es noch ganz friedlich aus, aber im nächsten Augenblick kamen sie von allen Seiten herbeigeströmt.«
»Den guten Eliksen werden wir bestimmt niemals wiedersehen. Dem armen Teufel haben sie wahrscheinlich die Kehle bereits durchgeschnitten«, meinte Masterson und machte grimmig seine Muskete schußfertig. »Wir werden heute nacht in unseren Betten sterben.«
»Ach, halt's Maul, ich bitte dich«, entgegnete Roach.
»Sie sind wahrhaftig ein Mensch, der Frieden und Seelenruhe um sich her verbreitet!« Vivien, ein stiernackiger Händler, blickte finster auf Masterson hinab. »Warum pissen Sie nicht gleich in Ihren Hut?«
Die anderen Händler brüllten, und dann drängte sich Gorth zur Tür. »Ich nehme meine Leute und jage die Bande zum Teufel!«
»Nein!« Struans Stimme klang schneidend. Es wurde sehr still. »Noch tun sie uns nichts Böses. Was ist los, Gorth? Haben Sie etwa vor ein paar Männern Angst, die Sie beschimpfen?«
Gorth schoß das Blut ins Gesicht, und er ging auf Struan zu, aber Brock trat ihm in den Weg. »Geh runter«, befahl er. »Geh in den Garten und paß auf, und dem ersten Chinesen, der hereinkommt, bläst du den Kopf herunter!«
Nur mit Mühe gelang es Gorth, seinen Zorn zu beherrschen, und er ging hinaus. Alle begannen wieder durcheinanderzureden.
»Nich' ratsam, den Burschen zu reizen, Dirk.« Brock schenkte sich einen Krug Ale ein und trank es in durstigen Zügen. »Könnte Ihnen sonst mal den Kopf vor die Füße legen.«
»Könnte sein. Und es könnte auch vorkommen, daß man ihm etwas Manieren beibringt.«
»Entschuldigen Sie, Mr. Struan«, unterbrach sie Rumajee, der vor Nervosität seine gute Erziehung vergaß. »Sind eigentlich Wachen am Hintereingang aufgestellt?«
»Ja. Drei meiner Leute. Den können sie gegen eine Armee dieses Gesindels halten.«
Unter den Händlern brach plötzlich heftiger Streit aus, und Roach rief: »Gorth hat recht. Meiner Meinung nach sollten wir uns jetzt sofort den Weg freikämpfen.«
»Das werden wir auch. Falls notwendig«, entgegnete Struan.
»Ja«, sagte auch Brock. »Es jetzt zu tun, wäre nur eine Herausforderung. Wir warten und halten uns, bis es Tag ist, zu allem bereit. Vielleicht sind sie bis dahin verduftet.«
»Und wenn sie es nicht sind? Was dann? Das würde ich gern mal wissen!«
»Dann werden wir 'ne Menge Blut vergießen. Ich schmuggle drei meiner Leute auf unsere Lorcha und lasse sie sie mitten im Fluß verankern. Wir haben einen Zehnpfünder an Bord.«
Struan
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