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Tal der Tausend Nebel

Tal der Tausend Nebel

Titel: Tal der Tausend Nebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noemi Jordan
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eingeschleust hat? Deine kleine Tochter ist längst zum Politikum geworden … Sie gehört dir nicht mehr, denn sie kann nicht zu einem Kanaka wie mir gehören! Sie ist weiß! Wenn du sie behalten willst, dann musst du Gerit Janson heiraten. Es gibt keinen anderen Weg … Möchtest du das? Möchtest du Janson heiraten?«
    Elisa sagte nichts. Sie wusste, wie recht er hatte. Seit herausgekommen war, dass Elisa nicht nur am Leben war, sondern ein weißes Kind unter ihrem Herzen trug, war im Palast die Hölle losgewesen. Der Auslöser war Sanford Dole, der Vertraute der Königin. Lili’uokalani hatte ihr Bestes gegeben, um das Liebespaar zu schützen, aber für Elisa galten eigene Gesetze. Sie blieb eine Weiße, wie Dole stets betonte, und müsste mit den Gesetzen der Weißen zurechtkommen. Es hatte von Gerit Jansons Seite aus einen Heiratsantrag gegeben. Elisa hatte Unrecht getan, indem sie mit Kelii durchgebrannt war, noch dazu mit Jansons Kind unter ihrem Herzen. Doch natürlich würde die Situation anders aussehen, wenn das Baby, das Elisa bald gebären würde, hawaiische Merkmale trüge. Dann würden andere Gesetze greifen, die Gesetze der Königin und damit des hawaiischen Volkes. Allein die Hautfarbe des Kindes würde entscheiden. Der Wille der Mutter war Nebensache.
    »Lass mich in Ruhe … geh zu deinen Leuten. Ich tue, was für mein Kind und mich richtig ist!«
    Bebend vor Zorn drückte Elisa das wimmernde Bündel an sich. Sie ging an Kelii vorbei auf die Hafenmauer zu. Wenn sie es nur schaffen würde, auf ein Schiff zu kommen, dachte sie in ihrer Not, auf irgendein Schiff, das sie weit weg bringen würde, vielleicht sogar zurück nach Europa, dann könnte sie ihre Tochter bei sich behalten.
    »Bleib stehen, Elisa! Es hat doch keinen Sinn …«
    Sie hasste Kelii in diesem Moment, obwohl sie wusste, dass er recht hatte. Sie selbst hatte im Vorfeld eingewilligt zu dieser Adoption, weil es gar keine andere Möglichkeit gab. Jeder konnte sehen, dass dieses bezaubernde Wesen mit der milchweißen Haut und den graublauen Augen kein Kanaka-Kind war, sondern einem weißen Mann gehörte. Und dennoch hasste sie Kelii dafür. Er versperrte ihr den Weg zu den Schiffen, sodass sie jetzt dicht an der Hafenmauer stand. Sein Blick war voller Trauer.
    »Gib sie mir … bitte. Ich bringe sie weg. Du wirst sie bald vergessen, das verspreche ich dir. Wir werden andere Kinder haben, du und ich, unsere Kinder … so wie wir es besprochen haben. Dieses Kind bringt nur Unglück …«
    Elisa hörte den Klang seiner Worte, aber sie konnten nicht in ihr wundes Herz vordringen. Ein hoher Zaun hatte sich um sie herum gebildet. Sie war dahinter allein mit dem Kind. Es gab in diesen Minuten keine Liebe zu Kelii, keine lustvollen Stunden zu zweit, kein Lernen und Lehren in der hohen Kunst des Heilens. Sie hatten keine Zukunft und keine Vergangenheit mehr als Paar. Elisa war jetzt Mutter und würde nie wieder das Mädchen sein, das sie einmal war. Ihre Brüste schmerzten heiß. Sie wollte den Rosenmund des kleinen Wesens an ihnen spüren und allein sein, einfach nur allein mit ihrem Kind. Wimmernd griff das hilflose Wesen nach seiner Nahrung. Jeder noch so winzige Laut, der durch die Brandung an der Hafenmauer an ihr Ohr drang, schnitt tief in Elisas Seele. Wie hatten die anderen für sie diese Adoption planen können? Wussten sie nicht, dass Elisa es nicht ertragen konnte, sich von ihrer Tochter zu trennen?
    Die Gischt einer mächtigen Welle, die an die Hafenmauer peitschte, benetzte Elisas Wangen. Es ist ein Zeichen, dachte sie. Großvater Hai gibt mir das Zeichen, dass ich mein Kind nicht freigeben muss. Ich kann zusammen mit meiner Tochter ins Wasser springen und dort unten am Meeresgrund warten, bis Großvater Hai uns holt.
    »Gib sie mir … gib sie mir jetzt.«
    Er streckte ihr seine schönen Hände entgegen. Elisa sah, wie sie zitterten. Er kannte ihre Gedanken, und vielleicht erkannte er auch ihre Not. Seine Stimme klang beschwörend, als er einen weiteren Schritt auf sie zumachte.
    »Mach keine Dummheit, Elisa! Ich weiß, was du fühlst. Aber es wird vorübergehen. Wir werden wieder auf den Falkenflügeln reiten, du und ich. Wir haben noch unser ganzes Leben! Ich liebe dich, ich liebe dich, ich liebe dich!«
    Elisa sah die grenzenlose Liebe in seinen Augen, die weder Zeit noch Raum zu kennen schien. Aber sie hörte auch das klägliche Wimmern ihrer Tochter. Sie fühlte die kleine Hand, die ihre Brust suchte. Kelii war ein Mann, er

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