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Talivan (German Edition)

Talivan (German Edition)

Titel: Talivan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Tillmanns
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begegnet war.
    „Du hast gut gespielt“, sagte die Alte und setzte sich u n gefragt an Fionas Lager. „Es ist Krieg da draußen, Kind“, fuhr sie übergangslos fort. Fiona starrte sie in ve r wundertem Schweigen an. „Nicht mehr als zwei Jahre, vielleicht noch ein paar Monde danach, wenn du dich zusamme n reißt“, sprach die Fremde weiter, „länger wirst du nicht spielen können. Nicht jeder versteht die Musik, und ma n ches mag eine Melodie nicht zu erzählen imstande sein. Überlege dir gut, was du nimmst, wenn du geben kannst.“ Mit sanftem Griff nahm sie Fionas Hände in die ihren und betrachtete sie. „Nicht mehr als zwei Jahre. Und dann?“ Sie erhob sich und wandte sich zum Gehen.
    „Warte“, rief Fiona endlich, „wer bist du? Und was – was willst du mir damit sagen?“
    Noch einmal drehte sich die alte Frau herum und sah das Mädchen aufmerksam an. „Wer ich bin“, sagte sie schlie ß lich, „tut nichts zur Sache. Manche nennen mich Heilerin, manche auch Kräuterhexe. Was ich dir sagen will, das weißt du selbst.“
    Bevor Fiona etwas sagen konnte, hatte die Fremde die Tür schon hinter sich zugezogen. Sie ließ sich auf ihrer Bettstatt zurückfallen und starrte an die Decke. Ja, sie wusste es. Sie hatte es schon immer gewusst, ohne es glauben zu können. Manchmal reichte der bloße Wille nicht aus, das zu schaffen, was man erreichen wollte. Sie wusste es, und e benso wusste sie, was sie zu tun hatte. Und doch blieb sie liegen, unfähig, sich aufz u richten, geschweige denn den ersten Schritt zu gehen. Bis zum Abend lag sie still. Tränen hätten nichts g e nutzt, und so verzichtete sie darauf zu weinen. Vielleicht, hoffte ein Teil von ihr, würde ihr die Entscheidung a b genommen. Vielleicht war doch sie die Vierte, für die es hier keinen Platz gab. Zwei Jahre hatte die Heilerin gesagt, mehr nicht. Und doch – war auch diese kurze Zeit es nicht wert? Was sonst sollte sie tun? Keinen Beruf gab es mehr, den sie hätte au s üben können und der ihr zusagte. Sie wusste, dass es in manchen Gegenden anders war, dass dort nicht jeder die Arbeit verrichtete, die ihm gefiel, so n dern eine, die benötigt wurde. In ihrer Heimat jedoch wäre es undenkbar g e wesen, einen Mann oder eine Frau zu zwingen, einen ungeliebten Beruf zu e r lernen. Vielleicht, überlegte sie für einen kurzen Moment, gab es noch mehr, wofür sie geeignet war, und sie hatte es nur noch nicht e r fahren. Die Fremde hatte sich als Heilerin bezeichnet, was jedoch nur ein anderes Wort für Hexe zu sein schien, und Fiona erinnerte sich noch gut an die Prüfungen, bei denen sich herausgestellt hatte, dass sie für Zauberei keinerlei T a lent besaß. Die Worte der Alten schwirrten weiter durch i h ren Kopf. Wen sollte es geben, der die Musik nicht verstand? Was, das eine Melodie nicht b e schreiben konnte? Und was hatte der Krieg damit zu tun?
    Wie im Traum folgte sie am Abend dem Ruf der Glocke in den Versammlungsraum. So sehr ein Teil von ihr hoffte, Meister Sephonis werde ihren Namen nennen, so niede r geschlagen ließ sie sich doch auf einen Hocker gleiten, da sie ihn tatsächlich vernahm. Unweit von ihr stand der Junge, der ihrer Ansicht nach der Viertbeste gewesen war, und sie sah ihn mühsam die Tränen hinunte r schlucken. Zwei Jahre dachte sie oder ein ganzes Leben – wenn es nur nicht i h re eigenen zwei Jahre gewesen wären. Sie blickte auf ihre Hände, betrachtete die Handinnenflächen, die weiß hervortretenden Gelenke ihrer Finger, und stand schließlich lan g sam auf. Mit einem Male fühlte sich Fiona so müde, dass sie glaubte, im Stehen einschlafen zu können, doch wusste sie auch, dass sie noch heute etwas tun musste, wozu ihr am nächsten Morgen wahrscheinlich der Mut fehlen würde.
     
    Die Meister hatten ihr erlaubt, so lange zu bleiben, wie sie wollte. Meist lag Fiona in ihrem kleinen Zimmer auf dem Bett oder ging ziellos durch die Umgebung des Grünen Turmes. Die Laute lag gut umwickelt in einer Ecke ihres Raumes, und Fiona wusste, dass sie sie nie wieder spielen würde. Sie hatte andere Schmerzen erfahren, die nur äuße r lich brannten oder aber das Herz zu zerreißen schienen. Manche hatten Narben hinterlassen, andere nicht, doch w a ren alle verheilt. ‚Die Zeit’, dachte sie, ‚heilt nicht alle Wunden. Nicht diese. Ein Herz mag brechen, doch sollte man es nicht herau s reißen.’ Was sollte sie tun? Welches Ziel blieb ihr noch, von dem sie sich nicht bereits a b gewandt hatte? Der Krieg, von dem

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