Tamuli 1 - Die schimmernde Stadt
wickeln?«
»Ich hatte kein Eis.«
»Dann mach welches! Du kennst den Zauber!«
»Das Eis, das ich zustande bringe, ist offenbar nicht so kalt wie deines, Sephrenia«, entgegnete er bedauernd.
»Männer!« rief sie in gespielter Verärgerung. »Führen sich wie kleine Kinder auf!« Sie eilte davon, um eine Wanne zu holen.
»Ihr habt das mitgekriegt, Sperber, nicht wahr?« fragte Vanion.
»Natürlich, Hochmeister. Das war sehr geschickt, wenn ich so sagen darf.«
»Wovon redet ihr eigentlich?« fragte Kalten.
»Das würdest du nie verstehen, Kalten.«
»Nicht in einer Million Jahren«, fügte Vanion hinzu.
»Wie habt Ihr Euch den Knöchel verstaucht, Eminenz?« fragte Berit.
»Ich mußte etwas beweisen. Ich habe dem Rat von Styrikum klargemacht, daß die körperliche Verfassung der jungen Sarsoser sehr zu wünschen übrigließ. Das habe ich demonstriert, indem ich schneller lief als alle miteinander. Es ging auch recht gut, bis ich das Kaninchenloch übersah.«
»Wie bedauerlich, Hochmeister Vanion«, sagte Kalten mitfühlend. »Soviel ich weiß, ist das der erste Wettkampf, den Ihr verloren habt.«
»Wer sagt, daß ich verloren habe? Mein Vorsprung war groß genug, daß ich die Ziellinie sogar noch humpelnd vor ihnen erreichte. Jetzt wird der Rat zumindest einmal darüber nachdenken, ob den jungen Männern nicht ein wenig militärische Ausbildung guttäte.« Er blickte Sperbers Knappen an. »Hallo, Khalad. Wie geht es deinen Müttern?«
»Sehr gut, Eminenz. Wir haben sie besucht, als wir die Königin nach Chyrellos begleiteten, damit sie den Erzprälaten übers Knie legen konnte.«
» Khalad! « entrüstete sich Ehlana.
»Hätte ich das nicht sagen sollen, Majestät? Wir dachten alle, daß Ihr das vorhattet, als wir Cimmura verließen.«
»Nun – na ja, so was Ähnliches – aber ich wollte sicher nicht, daß du in dieser Deutlichkeit damit herausplatzt!«
»Oh, das wußte ich nicht. Ich hielt es selber auch für eine gute Idee. Unsere Heilige Mutter braucht hin und wieder etwas, worüber sie sich Sorgen machen kann. Das bewahrt sie vor größerem Ärger.«
»Erstaunlich, Khalad«, sagte Patriarch Emban trocken. »Du schaffst es in einem Atemzug, sowohl Kirche wie Staat zu beleidigen.«
»Was ist denn seit meiner Abwesenheit in Eosien los?« fragte Vanion.
»Es handelte sich lediglich um ein kleines Mißverständnis zwischen Sarathi und mir«, erklärte Ehlana. »Khalad hat übertrieben. Das tut er oft – wenn er nicht gerade damit beschäftigt ist, Kirche und Staat im selben Atemzug zu beleidigen.«
Vanion grinste. »Da wächst doch nicht etwa ein neuer Sperber heran?«
»Gott bewahre die Kirche!« rief Emban.
»Und die Krone«, fügte Ehlana hinzu.
Prinzessin Danae bahnte sich einen Weg zu Vanion. Sie hielt Murr mit einer Hand unter dem Bauch. Das Kätzchen machte ein resigniertes Gesicht und seine Beine baumelten nicht sehr anmutig herunter.
»Hallo, Vanion«, grüßte Danae den ehemaligen pandionischen Hochmeister. Sie kletterte auf seinen Schoß und gab ihm einen Kuß.
»Du bist gewachsen, Prinzessin.« Er lächelte.
»Hast du erwartet, daß ich schrumpfe?«
» Danae! « rügte Ehlana.
»Ach Mutter! Vanion und ich sind alte Freunde. Er trug mich schon auf den Armen, als ich noch ein Baby war.«
Sperber blickte seinen alten Freund forschend an und fragte sich, ob Vanion näher über die kleine Prinzessin Bescheid wußte. Vanions Gesicht verriet jedoch nichts. »Ich hab' dich vermißt, Prinzessin«, sagte er zu ihr.
»Ich weiß. Alle vermissen mich, wenn ich nicht da bin. Kennst du Murr schon? Sie ist meine Katze. Talen hat sie mir geschenkt. War das nicht lieb von ihm?«
»Sehr lieb, Danae.«
»Vater wird Talen zum Ritter ausbilden lassen, sobald wir wieder zu Hause sind. Wahrscheinlich ist es am besten, wenn er das alles hinter sich bringt, solange ich noch klein bin.«
»Ach? Wieso, Prinzessin?«
»Weil ich ihn heiraten werde, wenn ich groß bin. Möchtest du meine Katze halten?«
Talen errötete und lachte ein wenig nervös, um Danaes Eröffnung als Kleinmädchen-Einfall abzutun. Doch seine Augen blickten ziemlich erschrocken drein.
»Man darf Männer nie vorwarnen, Danae«, sagte Baroneß Melidere. »Man wartet geduldig ab und läßt die Katze erst im letzten Augenblick aus dem Sack.«
»Ach? So macht man das?« Danae blickte Talen an. »Dann vergiß einfach, was ich gerade gesagt habe«, riet sie ihm. »Die nächsten zehn oder zwölf Jahre werde ich in dieser Sache
Weitere Kostenlose Bücher