Tamuli 2 - Das leuchtende Volk
hervor und drückte seinen Ring dagegen. »Öffne dich«, befahl er. Dann reichte er sie der Kindgöttin.
Sie rutschte von Sephrenias Schoß und entfernte sich ein Stück den Strand entlang.
Nach etwa zehn Minuten kehrte sie zurück und gab Sperber die Schatulle. »Alles erledigt«, erklärte sie gleichmütig. »Wann wollt ihr aufbrechen?«
Sperber blickte Vanion fragend an. »Morgen früh?«
Vanion nickte. »Das dürfte Khalad Zeit genug geben, sich mit den Flößen zu beschäftigen, und wir können bis dahin die Ritter und ihre Pferde auf Sorgis Schiffe verfrachten.«
»Gut.« Aphrael nickte. »Also, dann morgen. – Sucht doch gleich mal Ulath und fragt ihn, wer mit dem Kochen an der Reihe ist. Ich bin am Verhungern.«
Der schwachen Brise gelang es nicht, den Nebel völlig zu vertreiben, aber zumindest konnten sie jetzt ihren Weg einigermaßen sehen und die restlichen Nebelfetzen würden ihnen ein wenig Deckung bieten, nachdem sie um die Spitze des Riffs herumgekommen waren.
Khalad hatte gemeint, daß es am einfachsten sei und am schnellsten gehen müsse, die Flöße zu verstärken, indem man immer zwei aufeinanderlegte. Die dieserart erhöhte Schwimmfähigkeit verlieh den Flößen zwar bessere Tragkraft, machte sie allerdings schwerfälliger, so daß sie sich nur mühsam steuern ließen und geradezu aufreizend langsam am Riff entlangfuhren.
Das Beiboot dagegen, das sie lotste, schnitt geschmeidig durch das Wasser vor der Flottille und verschwand in den Resten der Nebelbank. Khalad und Berit hatten beschlossen, voraus zu rudern, um zu kundschaften.
Nach etwa einer Stunde kehrte das Beiboot zurück. »Wir haben die Fahrrinne markiert«, erklärte Khalad. »Die siedendheiße Strömung hat das Eis tatsächlich aufgelöst. Jetzt gibt's genügend offenes Wasser, die Flöße um die Riffspitze zu kriegen.«
»Wir haben Kapitän Sorgis Schiff vorbeiziehen sehen«, berichtete Berit. »Offenbar hat er sich nicht ganz auf die Segel verlassen. Diese Brise ist doch ziemlich unberechenbar…« Er zögerte. »Aber ihr braucht Aphrael gegenüber nicht zu erwähnen, daß ich das gesagt habe. Wie dem auch sei, Sorgi hat die Ritter wieder an die Riemen gesetzt. Sie dürften den Strand nördlich des Piers längst erreicht haben, bevor wir an der Küste eintreffen.«
»Werden uns die aus dem Wasser ragenden Bäume Probleme machen?« fragte Kalten.
»Nicht, wenn wir uns dicht an die Klippenwand halten, Ritter Kalten«, versicherte Khalad. »Das Erdbeben, das Bhelliom auslöste, hat alle Bäume bis über dreißig Fuß vor der Wand entwurzelt. Die weiter entfernten Bäume werden uns zusätzlichen Sichtschutz geben. Außerdem wallen immer noch die Nebelfetzen. Da kann ich mir nicht vorstellen, daß jemand an der Küste uns kommen sehen wird.«
»Dann läuft ja alles ziemlich gut«, ächzte Ulath, während er mit der zwanzig Fuß langen Stange über den Meeresboden stakte. »Abgesehen von dieser Plackerei, natürlich.«
»Wir könnten auch schwimmen«, meinte Tynian.
»Ist schon gut, Tynian«, sagte Ulath hastig. » So viel macht mir das Staken auch wieder nicht aus.«
Als sie die Spitze des Riffs erreichten, teilte sich die aus Flößen bestehende Flotte in zwei getrennte Geschwader. Königin Betuana und Engessa nahmen mit den Atanern den Weg um den äußeren Rand des halb unter Wasser stehenden Waldes zum Pier, der vom Strand hinausführte, während Sperber und seine Gefährten mit den Peloi und den Rittern, für die kein Platz mehr auf Sorgis Schiffen gewesen war, der Route entlang der Klippe folgten. Da nicht einmal Sorgis hundert Schiffe und die vielen Flöße ausgereicht hatten, sämtliche Streitkräfte zu befördern, war ihnen nichts anderes übriggeblieben, als einen beachtlichen Teil ihrer Armee mit Sephrenia, Talen, Flöte und Xanetia am südlichen Strand zurückzulassen.
»Es wird seichter«, stellte Ulath nach etwa einer halben Stunde fest. »Ich glaube, wir nähern uns der Küste.«
»Es ragen auch viel mehr Bäume aus dem Wasser«, fügte Kalten hinzu. »Ich kann euch gar nicht sagen, wie froh ich sein werde, von diesem Floß runterzukommen. Es mag ja ein recht gutes Floß sein; aber das Ding mit einer zwanzig Fuß langen Stange durchs Wasser zu schieben ist beinahe so, als wolle man mit bloßen Händen ein Haus umkippen.«
Das Beiboot glitt aus dem Nebel zurück. »Ihr solltet lieber etwas leiser sein, meine Herren!« rief Khalad mit heiserem Wispern. »Wir sind schon ziemlich nahe.« Er streckte eine Hand
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