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Tante Inge haut ab

Tante Inge haut ab

Titel: Tante Inge haut ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Heldt
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der Tür drehte sie sich zu ihm um. Er saß verloren im Strandkorb, kaute an seiner Nagelhaut und betrachtete die Buchsbäume. Er machte sich Sorgen. Zu Recht?
    Johann betrat genau in dem Moment das Badezimmer, als Christine krampfhaft versuchte, sich zwischen den Schulterblättern einzucremen. Er nahm ihr die Lotion aus der Hand. »Wie bist du eigentlich bisher ohne mich durchs Leben gekommen?«
    »Schlecht. Und mein Rücken hat oft gejuckt.« Sie küsste ihn, bevor sie sich umdrehte. »Und? Wie war das Laufen?«
    »Schön.« Er cremte sehr gefühlvoll, Christine wurde bis ins Innere weich. »Und fast ohne Wind. Knapp zehn Kilometer. Was macht dein Kater?«
    »Es geht. Irgendwie habe ich immer noch Watte im Kopf. Wer hat eigentlich bezahlt?«
    »Ich. Du und deine Tante konntet ja nicht mehr zählen. So, fertig.«
    Während Christine den Deckel auf die Flasche schraubte, drehte sie sich zu ihm um.
    »So schlimm war das doch gar nicht. Mein Vater tut auch so, als hätten wir uns total danebenbenommen. Wir hatten einen Schwips. Ich kann Alkohol am Nachmittag einfach nicht ab. Und Tante Inge ist sowieso keinen gewöhnt.«
    Das hoffte sie wenigstens.
    Johann zog sein T-Shirt über den Kopf und lachte. »Nicht so schlimm? Na ja. Du bist um halb acht auf deinem Gartenstuhl eingeschlafen, und deine Tante wollte unbedingt Spiegeleier braten. Deine Mutter hat fast einen Anfall gekriegt, als sie hinterher die Küche gesehen hat. Inge hat ihr daraufhin die Schulter gestreichelt und gemeint, dass ihr Putzzwang Ausdruck für ihre Unzufriedenheit in der Ehe sei.«
    »Das hat Tante Inge gesagt?«
    »Nicht ganz. Sie hat Auschtruck gesagt. Und Putschwang. Aber man konnte sie trotzdem verstehen.«
    Christine ließ sich auf den Badewannenrand sinken. »O Gott. Und dann?«
    »Dann hat Inge deiner Mutter ein Sektglas in die Hand gedrückt und mit so viel Schmackes mit ihr angestoßen, dass beide Gläser kaputtgegangen sind.«
    Das waren die guten Gläser. Es war riskant, weiter zu  fragen, Christine tat es trotzdem: »War noch was?« Jetzt hatte sich Johann ganz ausgezogen und stieg in die Dusche. Im Moment hatte sie kaum einen Blick dafür. »Ob sonst noch was war?«
    »Deine Mutter fand, es wäre jetzt genug, und wollte ein Taxi für Inge rufen, Heinz hatte aber Angst, dass man den labilen Zustand seiner Schwester ausnutzen könnte. Weshalb er sie höchstpersönlich nach Kampen bringen wollte. Das ergab dann eine kleine Diskussion, die er aber gewonnen hat. Als er fuhr, bin ich nach oben gegangen.«
    Die Dusche ging an.
    »Johann, kann es sein, dass Tante Inge ein Alkoholproblem hat?«
    »Was?« Das Wasser rauschte zu laut.
    »Ob Inge trinkt?«
    Christines Frage hallte durch die plötzliche Stille im Badezimmer. Johann hatte das Wasser ausgestellt und seifte sich ein.
    »Schrei doch nicht so. Was weiß ich? Gestern hat sie jedenfalls ganz schön was getrunken.« Er lachte leise. »Und du auch. Und übrigens viel mehr als Inge.«
    »Sie hat früher nie Alkohol getrunken.«
    Statt seiner Antwort rauschte wieder das Wasser. Christine überlegte, woran man eine geübte Trinkerin erkannte. Tante Inge hatte sie gefragt, was so ein Glas Sekt im Lokal wohl koste, und hatte ihr irgendetwas von einem finnischen Barkeeper erzählt, der ein kleines grünes Getränk erfunden habe, das sehr gesund sei. Anika hatte lachend erklärt, was Inge meinte. Das klang alles nicht danach, als würde Tante Inge sich dauernd betrinken. Im Bus hatte sie sich verdutzt umgesehen, sich dann kichernd die Hand vor den Mund gelegt und geflüstert: »Oh, Schande, es ist ja noch hell! Und wir haben schon einen sitzen.« Dann hatte sie >An der Nordseeküste< angestimmt. Ganz sicher trank sie nicht so häufig tagsüber. Das Wasser wurde jetzt endgültig abgedreht. Die Duschtür öffnete sich, Johann angelte nach dem Handtuch.
    »Mein Vater glaubt, sie steckt in einer Krise, und vermutet ein Alkoholproblem«, sagte Christine. »Das ist doch Blödsinn, oder?«
    Er frottierte sich gerade die Haare, deswegen klang seine Antwort dumpf. »Heinz mit seinen Vermutungen. Frag sie doch einfach, ob sie eine Krise hat.«
    »Johann, sie will ihren Mann verlassen. Nach fast einem halben Jahrhundert. Das ist ja wohl eine Krise.«
    Er schlang sich das Handtuch um die Hüfte und sah sie freundlich an. »Christine, sie hat ihren Mann verlassen. Ihr wisst nur noch nicht, warum. Das ist euer Problem.«
    »Sie will ihr Leben verändern«, war die schnelle Antwort, »sie hat aber nicht gesagt,

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