Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tante Inge haut ab

Tante Inge haut ab

Titel: Tante Inge haut ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Heldt
Vom Netzwerk:
bringen?«
    Inge stellte das leere Glas auf den Tisch und stand auf. »Nein, vielen Dank, das ist nicht nötig. Wenn Sie mir nur sagen, wo ich ihn finde.«
    »Zimmer 102, den Flur entlang und dann rechts. Ich melde Sie an. Alles in Ordnung?«
    »Ja.« Inge war wieder ruhiger und lächelte ihn an. »Ich war nur etwas nervös. Danke für das Wasser. Zimmer 102, sagten Sie?«
    Er nickte und griff zum Telefon. »Auf Wiedersehen.«
    Herr Rupp stand schon an der Tür, als Inge um die Ecke bog. Er streckte ihr die Hand entgegen.
    »Guten Tag, Frau Müller. Was haben wir denn für ein Problem?«
    Inge nahm auf dem Stuhl Platz, den er ihr hinschob, und gab ihm den Umschlag.
    »Ich habe dieses Testament vor vier Wochen bekommen. Mit der Post. Anna Nissen ist eine meiner ältesten Freundinnen gewesen. Sie ist im März verstorben. Ich war mit dem Schriftstück in Westerland bei einem Anwalt. Aber irgendetwas stimmt nicht.«
    »Haben Sie auch den Erbschein dabei?«
    Inge ließ ihre Schultern hängen. »Darum geht es eben. Ich habe noch keinen, und den Anwalt, der ihn beantragt hat, erreiche ich nicht, weil er jetzt krank ist. Aber plötzlich ist ein Herr Schneider aufgetaucht. Dem gehört die Verwaltungsgesellschaft und angeblich auch Anna Nissens Haus. Anscheinend gibt es noch ein anderes Testament.«
    Nachdenklich ließ Herr Rupp das Papier sinken. »Tja. Das Testament ist datiert von November letzten Jahres. Das sieht ordnungsgemäß aus. Es kann natürlich sein, dass es noch ein später datiertes gibt. Das finden wir gleich mal raus. Moment.«
    Er stand auf und verließ das Zimmer. Nach kurzer Zeit kam er mit einer Akte zurück und setzte sich wieder. Mit einem langen Blick auf Inge sagte er: »Es ist in der Tat merkwürdig. Es laufen bereits Vorgänge zu dieser Immobilie. Mehr kann ich Ihnen allerdings nicht sagen, da müssen Sie bis zur offiziellen Eröffnung warten.«
    »Und wann ist das?«
    Er blätterte in der Akte und runzelte die Stirn. »Demnächst. Es ist eigentlich alles schon so weit bearbeitet. Wer hat Ihnen eigentlich das Testament zukommen lassen?«
    Inge zuckte die Achseln. »Irgendeine Flensburger Kanzlei. Ich habe da gar nicht drauf geachtet, ich war so aufgeregt.«
    »Haben Sie die Adresse noch?«
    »Ich glaube ja. Ich muss sie suchen. Wie geht es denn jetzt weiter?«
    Herr Rupp lehnte sich zurück. »Das Testament muss erst mal hierbleiben. Ich kann Ihnen aber eine Kopie machen. Ja, und dann muss man abwarten. Ich kann Ihnen nur raten, sich einen Anwalt zu nehmen.«
    Mit gesenktem Kopf rieb Inge an einem imaginären Fleck auf ihrem Mantel. Sie war ganz und gar ratlos.
    »Frau Müller?« Die sanfte Stimme von Herrn Rupp riss sie aus ihrer Starre. »Haben Sie nicht einen Ehemann oder Sohn oder Bekannten, der Ihnen zur Seite stehen kann? Das hört sich nach Schwierigkeiten an, die Sie nicht allein aus der Welt schaffen können.«
    Johann, dachte Inge und wunderte sich, warum ihr Christines neuer Freund als Erstes einfiel. »Ja, habe ich. Ich danke Ihnen.« Sie stand auf und knöpfte ihren Mantel zu. »Sie waren sehr freundlich.«
    Herr Rupp geleitete sie zur Tür und streckte ihr die Hand hin. »Sie hören von uns. Spätestens zur Eröffnung. Und wenn Sie vorher noch Fragen haben, rufen Sie an.«
    Als Inge eine halbe Stunde später am Bahnsteig auf den Zug nach Westerland wartete, hatte sie einen Entschluss gefasst. Sie fischte ihr Handy aus der Handtasche und suchte Christines Nummer. Nach drei Freizeichen ging ihre Nichte dran.
    »Hallo, Tante Inge. Wo bist du?«
    »In Niebüll. Christine, ich muss mit euch reden. Dringend.«
    »Du, Mama ist bei Georg, und zu Hause ist es etwas chaotisch, weil Papa ...«
    »Nicht mit der Familie«, unterbrach sie Inge, »nur mit Johann und dir. Könnt ihr heute Abend zu mir kommen?«
    »Ja, sicher«, Christines Antwort klang irritiert, »um acht?«
    »Gut. Bis dann.« •
     Christine schob das Handy zurück in die Jackentasche. »Tante Inge.« »Und?« Gelassen rührte Johann seinen Kaffee um und ließ dabei seine Blicke über den Strandabschnitt vor der »Buhne 16« schweifen. Die ersten Surfer hatten ihre Bretter schon in den Sand gelegt, Johann wollte unbedingt Kite-Surfer sehen.
    »Sie will mit uns reden.«
    »Aha.« Er musterte sie kurz. »Jetzt?«
    »Nein. Jetzt ist sie in Niebüll. Heute Abend.«
    »Gut.« Er nickte.
    Christine wartete darauf, dass er fragte, was ihre Tante in Niebüll machte. Fehlanzeige. »Findest du es nicht komisch, dass sie in Niebüll

Weitere Kostenlose Bücher