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Tanz der Engel

Tanz der Engel

Titel: Tanz der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Itterheim , Diana
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dampfender Tee und eine heiße Dusche schafften es nicht, die Kälte in mir zu vertreiben. Ich war ihm gefolgt. Es hatte mich angezogen, weil es so war wie ich: dunkel, schattenhaft – und böse. Susan hatte recht. Bevor ich zum Racheengel wurde, war sie in der Welt der Engel meine beste Freundin gewesen. Stets hilfsbereit, mit einem großen Herzen und viel Geduld, war sie immer für mich da gewesen. Meine Veränderungen erschreckten und ängstigten sie – und zunehmend auch mich.
    Was würde Sanctifer aus mir machen? Was hatte er Christopher angetan, als er sein Schüler war? Würde meine Liebe sich in Hass verwandeln? Ich weigerte mich, das zu glauben, doch tief in mir erwachten Zweifel. Den Schatten zu hassen, dem ich gefolgt war, entsprach einem inneren Bedürfnis, das stärker war als ich.
    Das Klopfen an meiner Tür und Pauls Stimme rissen mich aus meinen trüben Gedanken. So zu tun, als würde ich schon schlafen, um Paul auszuweichen, erschien mir falsch. Nur meinetwegen musste er morgen eine weitere Prüfung bestehen. Er hatte uns durch das Tunnelsystem geführt und als Erster seinen Protegé befreit. Wäre er auf dem Weg geblieben, anstatt mich zu suchen, hätte er und nicht Sebastian heute die Tickets zum Ball gewonnen.
    Mit einer Decke unter dem Arm betrat er meine Kammer.»Offenbar ist in allen Zimmern die Heizung ausgefallen«, begrüßte er mich und breitete sein wärmendes Mitbringsel über meine Schultern.
    Ich schenkte ihm ein Lächeln. »Es tut mir leid, dass du meinetwegen morgen noch mal ranmusst.«
    Paul rückte den Stuhl neben mein Bett und setzte sich mir gegenüber. »Deshalb bin ich hier. Wir sind die letzte Gruppe mit zwei Prüflingen. Wer von uns beiden morgen nicht besteht, dem blüht ein Einzeltest. Und da ich mich vier Jahre länger als du auf die Prüfung vorbereiten konnte, wirst du morgen die Einladung zum Ball des Dogen bekommen.«
    »Träum weiter! Wenigstens einer von uns sollte realistisch bleiben.«
    »Das bin ich«, erklärte Paul mit einem hinterhältigen Grinsen.
    »Aber …« Ich brach ab, als ich verstand, was er vorhatte. »Du willst mich gewinnen lassen?!«
    »Genau!«
    »Danke, aber nein danke! Ich hab dir heute schon den Sieg vermasselt. Außerdem würde Susan mich umbringen.«
    »Susan ist taffer als Lisa. Falls du’s nicht mitbekommen hast, Lisa hat auf dem ganzen Weg zurück geheult.«
    Das hatte ich auch bemerkt, aber da Sebastian den Part des Retters übernommen hatte, war mein Trost nicht gefragt gewesen.
    »Du magst sie nicht. Oder?«
    »Ich … ich kenn sie noch zu wenig, um mir ein Urteil bilden zu können«, versuchte ich mich um eine Antwort zu drücken.
    »Und nur weil sie neu ist, misstraust du ihr?«
    »Wie kommst du auf die Idee?«
    Paul runzelte amüsiert die Stirn. »Im auffällig unauffälligen Beobachten bist du unschlagbar.«
    »So schlecht?«
    »Als Spion würdest du keinen Tag alt werden.«
    Paul wartete auf eine bessere Erklärung. Ich wickelte die Decke fester um meine Schultern. Der Gedanke an Sanctifer ließ mich frösteln.
    »Dafür, dass Lisa erst seit ein paar Tagen ein Engel ist, kann sie erstaunlich gut fliegen.«
    »Neidisch?«
    »Nein!« Meine Erwiderung kam zu schnell. Natürlich ärgerte es mich, dass Lisa fliegen konnte und ich nicht – zumindest nicht so richtig.
    »Wieso glaube ich dir nicht?« Paul reagierte gewohnt locker. Er verstand es, mit meinen Launen umzugehen. »Außerdem bist du mir noch eine andere Antwort schuldig.«
    Bevor ich ihm ausweichen konnte, zog er die Decke von meinen Schultern, schob den Ärmel meines Pullis nach oben und begutachtete das lederne Band mit der Silberspange an meinem Oberarm.
    »Von Aron. Als Aufmunterungsgeschenk. Dass das Flügelpaar fehlt, ist Absicht, damit ich nicht aus Versehen durch ein Portal stolpere«, log ich. Paul einzuweihen würde weder mir noch ihm nützen.
    Er nickte. Anscheinend glaubte er mir diesmal.
    »Um dich zu beruhigen: Ich hab mit Lisa gesprochen, anstatt sie nur anzustarren – was du vielleicht auch mal ausprobieren solltest.« Paul spielte auf mein derzeitiges Verhältnis zu Susan an. »Lisa hat einen Vierundzwanzig-Stunden-Crashkurs bekommen. Ihre Geschichte ist glaubhaft – und ihre Angst auch. Plötzlich ein Engel zu sein, verkraftet nicht jeder.«
    Wem erzählte er das? Ich war das nun schon seit Weihnachten und hatte immer noch Probleme damit. Allerdings dauerte mein Engelwerden auch um einiges länger als bei einem normalen Engel. Nicht frieren, ewig Luft

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