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Tanz der Hexen

Tanz der Hexen

Titel: Tanz der Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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war – aber nicht fasziniert genug, um sich nicht mit einer weiteren lahmen Bemerkung aus der Affäre zu ziehen. »Na, es freut mich, daß du für all das Interesse aufbringst.«
    »Interesse!« hatte Mona gesagt. »Ich bin bereit, das Kommando zu übernehmen! Wieso bist du so ein Schlap p schwanz, Onkel Ryan, wenn es um aggressive Wachstumsfonds geht? Und was ist mit Japan? Kennst du nicht den simplen Grundsatz, wonach du nur ein Gegeng e wicht zu deinen Investitionen an der US-Börse schaffen mußt, und schon hast du globale -«
    »Halt!« hatte er sie unterbrochen. »Wer wird denn in einen Fonds namens Mona eins investieren?«
    Mona hatte blitzschnell geantwortet. »Jeder!«
    Mona hätte weiter über den Investmentfonds geredet, aber es war Mardi Gras, die Leute waren müde, und Onkel Ryan hatte sich in den bodenlosen Abgrund einer Unterhaltung mit Onkel Randall ziehen lassen. Onkel Randall hatte ihr den Rücken zugewandt, um sie vom Gespräch auszuschließen. So b e nahm er sich dauernd, seit Mona ihn ins Bett gelockt hatte. Ihr war es egal. Es war ein Experiment gewesen, nichts weiter, um einen Mann um die achtzig einmal mit den Jungen zu ve r gleichen.
    Jetzt war ihr Ziel Michael. Zum Teufel mit Onkel Randall. O n kel Randall war interessant gewesen, weil er so alt war, und ein wirklich alter Mann hat in den Augen eines jungen Mädchens etwas an sich, das sie sehr erregend fand. Aber Onkel Randall war kein freundlicher Mann. Michael war einer. Und Mona mochte Freundlichkeit.
    Nun, morgen würde sie zu den Aktien kommen.
    Morgen oder übermorgen würde sie vielleicht das tatsächliche Portefeuille für Mona eins ausarbeiten, auf der Grundlage der Papiere, die in den letzten fünf Jahren an der Börse die beste Performance geboten hatten. Es passierte so leicht, daß ihre Fantasie mit ihr durchging und sie sich vorstellte, wie Mona eins so groß wurde, daß sie einen zweiten Investmentfonds namens Mona zwei daraus klonen mußte, und dann Mona drei, und wie sie dann mit ihrem eigenen Flugzeug um die Welt jettete und mit den Managern der Unternehmen zusa m menkam, in die sie investiert hatte.
    Sie würde sich Fabriken in China ansehen, Verwaltungen in Hongkong, wissenschaftliche Forschungseinrichtungen in Paris. Sie stellte sich vor, daß sie dabei einen Cowboyhut trug. Im Moment hatte sie gar keinen Cowboyhut. Die Schleife war ihr Stil. Aber irgendwie hatte sie immer den Hut auf, wenn sie in ihren Visionen aus dem Flugzeug stieg. Und das alles wü r de kommen. Das wußte sie.
    Vielleicht wurde es Zeit, daß sie Onkel Ryan den Computerausdruck mit den Aktien zeigte, die sie im letzten Jahr verfolgt hatte. Wenn sie da wirklich Geld hineingesteckt hätte, dann hätte sie jetzt ihr eigenes Vermögen. Ja, sie mußte diese Datei ausdrucken.
    Ah, aber im Augenblick vertat sie ihre Zeit.
    Heute abend war sie hier, und sie hatte ihr wichtigstes Ziel im Sinn. Die Eroberung dieses Leckerbissens namens Michael. Und die Suche nach dem mysteriösen Victrola.
    Die blattgoldverzierten Stühle schimmerten im Schatten, anmutige, geradlehnige Stühle. Gobelinbestickte Kissen türmten sich in unordentlichen Bergen auf dem tiefen Damastsofa. Ein Schleier der Stille lag über allem, als habe sich die Welt hinter alldem in Rauch aufgelöst. Staub auf dem Flügel. Die arme alte Eugenia, sie taugte nicht viel, nicht wahr? Und Henri war sich wahrscheinlich zu fein zum Staubputzen und Wischen und Fegen. Und zwischen ihnen Michael, zu krank und zu gleichgültig, als daß es ihn wirklich interessiert hätte, was sie taten.
    Sie ließ den Doppelsalon hinter sich und begab sich zum Fuße der Treppe. Sehr dunkel da oben, wie es sich gehörte, wie auf einer Leiter, die in den Schattenhimmel führt. Sie legte die Hand auf den Treppenpfosten und begann den Aufstieg. Sie war im Haus, sie lief darin umher, frei und allein im Dunkeln! »Onkel Julien, ich bin hier!« sang sie in feinem Flüsterton. Oben angekommen, sah sie, daß Tante Vivs Zimmer lee r stand, ganz wie sie es erwartet hatte.
    »Armer Michael, du bist mein«, sagte sie leise. Und als sie sich umdrehte, sah sie, daß die Tür zum großen Schlafzimmer offen war, und das matte Licht einer kleinen Nachtlampe schien heraus in den hohen, schmalen Korridor.
    Du bist also allein da drin, Big Boy, dachte sie. Hast keine Angst, in dem Zimmer zu sein, in dem Deirdre gestorben ist. Und wir wollen auch Großtante Mary Beth nicht vergessen, und all die Leute, die die Geister um sie herum gesehen h a

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