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Tanz der Hexen

Tanz der Hexen

Titel: Tanz der Hexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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begann Lasher, seine Vorlieben zu äußern. Wir sollten ihm Leute von heller Haut- und Haarfarbe bringen, damit er sie desto leichter so verändern könnte, wie er wollte; und er ging und sprach nun für längere Zeitabschnitte in ihren Körpern.
    Irgendeine oberflächliche Mutation kam immer zustande. Aber mehr war es nicht! Haut und Haar und weiter nichts.
    Und das Opfer starb unweigerlich.
    Aber der Geist liebte das alles; der Geist lebte bald nur noch dafür.
    »Ich möchte heute nacht den Mond mit Menschenaugen sehen«, sagte Lasher. »Bringt mir ein Kind. Ich möchte heute nacht mit Menschenfüßen zur Musik tanzen. Laßt die Fiedler vor dem Haus stehen, und bringt mir Beine, die tanzen können.«
    Und zum Lohn brachte das Wesen uns Gold und Juwelen in unvorstellbaren Mengen. Dauernd fand ich Geld in meinen Taschen. Wir wurden immer wohlhabender. Das Wesen warnte uns unfehlbar jedesmal, wenn wir unsere Investitionen aus diesem oder jenem Geschäft abziehen mußten.
    Und noch etwas anderes geschah. Das Wesen fing an, mich nachzuahmen. Ich sah es.
    Es begann mit ein paar unbedachten Bemerkungen, die ich gemacht hatte. »Warum mußt du so aussehen, wenn du erscheinst? So steif, so verstaubt?«
    »Suzanne fand einen solchen Mann schön. Wie möchtest du mich denn haben?«
    Und mit wenigen, sorgfältig gewählten Worten entwarf ich ihm seine neue Kleidung. Von da an erschien er immer exakt in meiner Gestalt, was mich erschreckte und zugleich erheiterte. Bald stellten wir fest, daß er andere damit erfolgreich täuschen konnte. Ich konnte ihn in meiner Gestalt an den Schreibtisch setzen und fortgehen, und die Leute würden denken, ich hätte das Haus nie verlassen.
    Es war wunderbar. Natürlich konnte er sich nie sehr lange verfestigen. Aber er wurde immer stärker.
    Und noch etwas war mir klar geworden. Obgleich das Wesen mir Lust verschaffte, wann immer ich es wünschte, war es doch, was mich betraf, nie eifersüchtig auf andere. Im Gegenteil, es beobachtete solche Vorgänge sogar gern – mit Geliebten, Huren, Mätressen.
    Während Marguerite sich jetzt Tag und Nacht in ihrem irrwitzigen Laboratorium aufhielt, zog ich hinaus in die Stadt. Und der Dämon ging mit mir und beobachtete alles. Ich fühlte mich überaus mächtig, wenn ich ihn neben mir wußte, meinen geheimen Vertrauten, mein übernatürliches Auge, meinen Wächter.
    Michael, ich könnte Ihnen so viel erzählen! Aber nicht auf die Geschichte meines Lebens kommt es an. So mag es genügen, wenn ich sage, daß ich gelebt habe, wie es nur wenigen Männern je vergönnt war; ich lernte, was ich wollte, tat, wozu ich Lust hatte, und genoß alle erdenklichen Freuden. Und der Dämon war natürlich mein bester Liebhaber – immer. Kein Mann und keine Frau konnte mich lange von ihm fernhalten.
    »Gelächter, Julien. Bin ich nicht besser als sie?«
    »Das bist du, ich muß es gestehen.« Ich warf mich rücklings aufs Bett und überließ es ihm, mich auszuziehen und mich zu liebkosen.
    »Warum tust du das so gern?« fragte ich.
    »Du wirst warm; du bist mir nah. Ich bin dir nah, wir sind beinahe eins. Du bist schön, Julien. Wir sind Männer, du und ich.«
    Einleuchtend, dachte ich, und trunken von erotischer Lust überließ ich mich ihm oft tagelang, bis ich dann schließlich in die Stadt hinausfuhr und mich auf irgendeine andere Weise amüsierte, damit ich nicht ebenso verrückt wurde wie meine Mutter.
    Natürlich wußte ich inzwischen, daß uns die Experimente nie weiterbringen würden. Wir machten nur deshalb noch weiter, weil Lasher danach süchtig war, von Menschen Besitz zu ergreifen.
    Marguerite war inzwischen offiziell wahnsinnig. Aber niemanden kümmerte es. Warum auch? Unsere Familie zählte nach Hunderten! Mein Bruder Rémy hatte geheiratet und viele Kinder bekommen, sowohl mit seiner Frau als auch mit seiner mulattischen Mätresse. Es gab Mayfairs zur Linken und Mayfairs zur Rechten, und viele von uns zogen in die Stadt und bauten dort überall prächtige Häuser.
    Und wenn die Oberhexe in ihren Gemächern blieb, während wir üppige Picknicks hielten und große Bälle gaben, was machte das schon? Niemand vermißte sie. Ich war da und tanzte natürlich mit Katherine, die all den jungen Männern, die ihr nachstellten, das Herz brach – Katherine war inzwischen über fünfundzwanzig und für damalige Begriffe eine alte Jungfer, aber sie war so schön, daß niemand derlei auch nur zu denken wagte, und natürlich so reich, daß sie es nicht nötig hatte,

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