Tanz der Hexen
Donnelaith gehen, und dort würden wir uns treffen.
»Nein, Darling«, sagte sie laut. Sie streckte die Hände nach dem Baumstamm aus und fiel gegen seine dunkle, duftende rauhe Oberfläche. Wie Stein fühlte er sich an; nichts deutete darauf hin, daß er lebte, nicht hier an seiner zerklüfteten Basis, wo die Wurzeln wie Felsen waren, sondern nur oben, außen, wo die dünnen Zweige sich im Wind bewegten. »Geh zu Michael, Emaleth. Erzähl ihm alles. Geh zu Michael.«
Es tut weh, Mutter, es tut weh.
»Denke daran, Emaleth. Geh zu Michael.«
Mutter, stirb nicht. Du mußt mir helfen, geboren zu werden. Du mußt mir deine Augen geben und die Milch, sonst bleibe ich klein und nutzlos.
Sie wanderte weg vom Baumstamm, zwischen zwei dieser starken, weitausgebreiteten Äste hindurch ins Gras, das weich und seidig unter ihren Füßen war.
Dunkel und lieblich.
Ich werde sterben, Darling.
Nein, Mutter. Ich komme jetzt. Hilf mir!
Es war dunkel und lieblich hier auf Bergen von Laub und Moos, wie in einer Laube. Sie lag auf dem Rücken, und ihr Körper pulsierte von schockartigen Schmerzen. Und über ihr Moos, weiches Moos, das herunterhing, und der Mond, der sich darin verfangen hatte, so schön.
Sie fühlte, wie die Flüssigkeit herausflutete, warm an ihren Schenkeln nach unten lief, und dann kam der schlimmste Schmerz, und etwas Weiches, Nasses, das sie streichelte. Sie hob die Hand, aber sie konnte ihre Bewegungen nicht koordinieren, konnte nicht nach unten greifen.
Lieber Gott, langte das Kind aus ihrem Leib? War das die Hand des Kindes an ihrem Schenkel? Die Dunkelheit über ihr rückte heran, wie die Äste sich geschlossen hatten, und dann schien der Mond wieder hell und ließ das Moos für einen Augenblick grau erscheinen. Sie ließ den Kopf zur Seite rollen. Sterne fielen durch den purpurnen Himmel herab. Dies ist das Paradies.
»Ich habe einen Fehler begangen, einen schrecklichen, schrecklichen Fehler«, sagte sie. »Meine Sünde war Eitelkeit. Sag das Michael.«
Der Schmerz weitete sich aus; sie kannte die Gründe dafür: Der Muttermund wurde aufgerissen. Sie schrie, sie konnte nicht anders, und sie spürte nichts außer dem Schmerz, der schlimmer und schlimmer wurde und dann plötzlich aufhörte. Sie sank zurück in dumpfe Qual und Übelkeit, und sie mühte sich, die Zweige über sich wieder zu sehen, mühte sich, die Hände zu heben, um Emaleth zu helfen, aber sie konnte es nicht.
Etwas Großes, Warmes, Schweres lag auf ihren Schenkeln. Es lag auf ihrem Bauch. Sie spürte, wie warme Nässe ihre Brust berührte.
»Mutter, hilf mir!«
In der unbestimmten, süßen Dunkelheit sah sie den kleinen Kopf, der sich über sie erhob wie der Kopf einer Nonne, das lange, nasse Haar so glatt wie der Schleier einer Nonne. Und der Kopf hob sich und hob sich.
»Mutter, sieh mich an. Hilf mir! Sonst bleibe ich klein und nutzlos!«
Das Gesicht ragte über dem ihren auf, die großen blauen Augen schauten sie an, und die nasse Hand schloß sich plötzlich um ihre Brust, daß die Milch aus der Warze spritzte.
»Bist du mein kleines Mädchen?« rief sie. »Ah, der Duft deines Vaters. Bist du mein kleines Mädchen?«
Da war dieser brennende Geruch, der Geruch der Nacht, in der er zur Welt gekommen war, der Geruch von etwas Heißem und Gefährlichem. Sie fühlte, wie die Arme sie umschlangen, das nasse Haar auf ihrem Bauch, den Mund an ihrer Brust, und dann dieses köstliche Saugen, daß es sie lustvoll durchströmte. Der Schmerz war weg. Wunderschön und ganz und gar weg. Die Dunkelheit der Nacht schien sie zu umhüllen, sie auf das Laub zu drücken, auf das Bett aus Moos unter der köstlichen Last der Frau, die auf ihr lag.
»Emaleth!«
Ja, Mutter. Die Milch ist gut. Die Milch ist schön. Ich bin geboren, Mutter.
»Ich will sterben. Ich will, daß du stirbst. Wir beide, jetzt. Stirb.«
Aber sie hatte keine großen Sorgen mehr. Sie schwebte, und Emaleth trank die Milch in tiefen, herzhaften Zügen, und es gab nichts, was sie jetzt hätte tun können. Sie konnte nicht einmal ihre eigenen Arme und Beine fühlen. Sie fühlte nichts außer diesen Augen, und als sie versuchte, etwas zu sagen… war es gleich weg, was immer es gewesen war. Ich will die Augen öffnen, ich will die Sterne wiedersehen.
»Sie sind so schön, Mutter. Sie könnten mich nach Donnelaith führen, wenn das große Meer nicht zwischen uns läge.«
Nein, wollte sie sagen, nein, nicht nach Donnelaith. Sie wollte Michaels Namen wieder sagen, aber dann
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