Tanz der Hexen
verwandt.«
»Diese Steine. Was wissen Sie darüber?«
»Manche sagen, sie sind so alt wie Stonehenge, vielleicht älter. Ich denke, sie haben etwas mit den Pikten zu tun, und früher einmal war etwas darin eingemeißelt. Sie sind sehr rauh, diese Steine, und alle unterschiedlich groß. Es sind nur Überreste dessen, was einmal da war, und ich glaube, daß sie irgendwann mit Absicht entstellt wurden – daß Inschriften abgeschlagen oder abgeschliffen wurden. Den Rest hat dann die Witterung erledigt.« Er schlug ein kleines Buch mit Zeichnungen auf. »Das ist die Kunst der Pikten«, sagte er.
Einen schrecklichen Moment lang fühlte ich mich völlig desorientiert. Ich weiß nicht, was das zu bedeuten hatte, aber ich werde es nie vergessen. Ich schaute mir diese Krieger an, Reihen um Reihen rohgezeichneter kleiner Gestalten mit Schild und Schwert. Ich wußte nicht, was ich damit anfangen sollte.
»Ich nehme an, daß die Steine ihre Gebetsstätte waren. Zum Teufel mit Stonehenge. Aber wer wird das je wissen? Vielleicht gehörten die Steine auch einem dieser seltsamen Stämme – oder sogar dem kleinen Volk.«
»Wem gehört denn das Tal?« fragte ich.
Das wußte der Mann nicht genau. Das ganze Land dort oben sei vom Staat geräumt worden, und man habe die letzten hungernden Siedler zu ihrem eigenen Besten vertrieben. Viele seien nach Amerika ausgewandert. Ob ich nicht von den Hochlandräumungen gehört hätte?
»Aber ich habe Ihnen alles erzählt«, sagte er. »Ich wünschte, ich wüßte mehr.«
»Das werden Sie«, sagte ich. »Ich werde Ihnen die nötigen Mittel hier lassen, um eine Studie durchzuführen.«
Dann bat ich ihn, mich auf meiner Wanderung nach Donnelaith zu begleiten, aber er schwor, daß er dazu nicht mehr imstande sei. »Ich liebe dieses Glen«, sagte er. »Ich war vor vielen Jahren mit einem Mann von diesem Amsterdamer Orden dort oben. Alexander Cunningham war sein Name, ein brillanter Bursche. Er hat alles bezahlt – und was für ein Picknick haben wir mitgenommen! Eine ganze Woche blieben wir im Glen. Ich sage Ihnen, ich war froh, als ich wieder in die Zivilisation zurückkehren konnte. Aber er sagte etwas sehr Sonderbares, als er sich hier nach unserem letzten Abendessen von mir verabschiedete.
›Sie haben eigentlich nicht gefunden, was Sie dort oben gesucht haben, nicht wahr?‹ sagte ich.
›Nein‹, sagte er, ›in der Tat, das habe ich nicht, und Gott sei Dank dafür. Falls es ihn gibt.‹ Er verließ das Haus, und dann kam er noch einmal zurück. ›Ich will Ihnen etwas sagen, alter Freund. Nehmen Sie die Legenden dieses Glens niemals auf die leichte Schulter‹, sagte er. ›Und lachen Sie niemals über die Geschichte von Castle Glamis. Man kann die kleinen Leute immer noch finden, und sie würden die Hexen zum Sabbat bringen, wenn sie könnten, für den alten Zweck.‹
Natürlich fragte ich den Mann: ›Und was ist das für ein Zweck?‹ Aber darauf wollte er mir keine Antwort geben, und sein Schweigen schien aufrichtig.«
»Wie geht denn die Geschichte von Glamis Castle?« fragte ich.
»Oh, daß es in dieser Familie irgendeinen Fluch gibt, wissen Sie, und wenn man es dem Erben erzählt, wird er nie mehr lächeln. Viele haben darüber geschrieben. Ich war in Glamis Castle. Wer weiß? Aber dieser Mann von der Talamasca, der war ein fleißiger und leidenschaftlicher Mensch. Wir hatten es herrlich dort oben im Glen, wenn wir zum Mond hinaufschauten.«
»Aber die kleinen Leute haben Sie nicht gesehen.«
Er schwieg eine Weile. Dann sagte er: »Gesehen habe ich etwas. Aber es waren keine Feen, glaube ich. Es war nur ein kleingewachsenes Paar, ein Mann und eine Frau, ziemlich missgestaltet, zwei Ungückliche, wie man sie auf der Straße betteln sieht. Ich habe die beiden einmal sehr früh am Morgen gesehen, und als ich es meinem Freund von der Talamasca erzählte, geriet er in Raserei, weil er sie nicht gesehen hatte. Sie kamen aber nicht noch einmal.«
»Mit eigenen Augen haben Sie sie gesehen? Waren sie furchterregend?«
»Oh, sie haben mir einen Schauer über den Rücken laufen lassen!« Er schüttelte den Kopf. »Ich erzähle diese Geschichte nicht gern. Bedenken Sie, für uns, mein Freund, sind Feen nicht bloß humorvolle kleine Wesen. Es sind Dämonen der Wildnis; sie sind mächtig und gefährlich, und sie können rachsüchtig sein. Aber ich sage Ihnen, es gibt Feenlichter da oben in dem Glen. Feenlichter – diese Flammen, die nachts am Horizont aufsteigen, ohne jede
Weitere Kostenlose Bücher