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Tanz der Kakerlaken

Tanz der Kakerlaken

Titel: Tanz der Kakerlaken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald Harrington
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die Müßiggänger zerstreuten. Man hätte ihn gerne in der Runde willkommen geheißen – kein Ingledew war seinen männlichen Kameraden gegenüber so schüchtern wie den weiblichen –, aber Sam wollte nicht, daß sich seine zunehmende Taubheit herumsprach. Daß Doc es nun erfahren würde, war ihm zwar äußerst unangenehm, aber das war jetzt unvermeidlich. Sam würde warten, bis die anderen, auch sein Vater, gegangen waren.
    Sein Vater brach erst in den frühen Morgenstunden auf. Er schien sich nie auf den Weg machen zu wollen. Junker Hank und Doc Swain konnten die ganze Nacht reden und taten das auch oft, und zwar oft gleichzeitig, ohne daß der eine dem anderen zuhörte, aber das war auch nicht nötig, weil sie in fast allem einer Meinung waren und sich nie stritten. Einmal hatte Junker Hank, um seine nächtlichen Besuche bei Doc Swain zu erklären, zu seinem Sohn gesagt: »Das ist um Klassen besser, als mir selbst beim Reden zuzuhören.«
    Während seines fünften und sechsten Stadiums hatte Sam seinen Vater manchmal zur Veranda von Doc Swains Klinik begleitet und zugehört, wie sie sich mit einer für Sam unheimlichen Fähigkeit unterhielten: dem anderen scheinbar zuhörten, aber gleichzeitig selber sprachen. Bei diesen Zusammenkünften hatte Sam alles erfahren, was es über die glorreiche Vergangenheit von Stay More, und fast alles, was es über die Ankunft Der Bombe zu wissen gab. Sam argwöhnte, daß Doc Swain ein paar Dinge über Die Bombe wußte, die er nicht einmal Junker Hank anvertraute.
    Die letzten Worte, die sein Vater jetzt zu Doc Swain sagte, konnte Sam nicht hören:
    »Ich mach mich besser auf den Rückweg. Kommen Sie doch mit zu mir.«
    Und genausowenig konnte er Doc Swains Antwort hören:
    »Ich glaube, heute nacht nicht. Bleiben Sie doch noch und verbringen Sie den Tag bei mir.«
    Aber als Sam noch hören konnte, hatte er diesen Wortwechsel unzählige Male erlebt, und er wußte, daß sie höfliche Abschiedsfloskeln austauschten, ohne daß die Formalitäten ernstgemeint waren. Junker Hank hätte niemals auch nur daran gedacht, seinen besten Freund wirklich in den Parthenon einzuladen, und Doc Swain hatte kein wirkliches Interesse daran, Junker Hank den Tag über bei sich schlafen zu lassen. Trotzdem redeten die beiden alten Knackerlaken mindestens fünfzehn Minuten:
    »Nichts zu machen, fürchte ich. Warum kommen Sie nicht einfach mit zu mir?«
    »Besser nicht. Machen Sie's sich hier gemütlich und bleiben Sie den ganzen Tag.«
    »Zeit für mich, nach Haus zu gehen. Kommen Sie und leisten Sie mir Gesellschaft.«
    »Heute nacht nicht, werter Junker. Kommen Sie doch mit rein und essen Sie einen Happen mit mir.«
    »Danke vielmals, Doc, aber ich geh lieber nach Hause. Kommen Sie mit.«
    Keiner der beiden Knackerlaken war gewillt, dem anderen das letzte Wort zu lassen, und so gingen diese Einladungen und Ablehnungen und Gegeneinladungen in unzähligen Variationen weiter, bis Doc Swain schließlich eine kleine Wendung einbrachte:
    »Nun, dann kommen Sie bald wieder und richten Sie's so ein, daß Sie eine Woche bleiben können.«
    »Wenn Sie vorher eine Woche zu mir kommen. Gehen wir.«
    »Ich fürchte, heute nacht geht's leider nicht, Hank. Halten Sie für mich die Augen nach der Weißen Maus offen.«
    »Ich paß auf, ob ich sie sehe. Bis morgen abend dann.«
    Damit hatte Junker Hank das letzte Wort, und Doc ließ es ihm aus Höflichkeit. Junker Hank zog seine Krabbler an sich und schlurfte heimwärts. Sam wartete eine kleine Weile, bis sein Vater völlig außer Sicht- und Schnüffelweite war. Doc Swain hockte jetzt allein auf seiner Veranda, seine Schnüffelruten zum Ausruhen neben seinen Leib gelegt, während seine weisen alten Augen traurig in die Dunkelheit starrten, als dächte er immer noch über Die Bombe nach.
    Als Sam näher kam, richteten Docs Schnüffelruten sich wachsam auf. Er brauchte eine volle Sekunde, um Sam zu erkennen, dann spuckte er aus und sagte: »Na, wenn das nicht der junge Samuel ist! Ich hab' dich ja ein Heuschreckenzeitalter lang nicht gesehen, mein Junge!«
    Sam konnte es nicht hören, aber er sagte: »Hallo, Doc. Wie geht's denn immer so?«
    »Nicht schlecht«, sagte Doc. »Genauso wie immer, aber wie steht's mit dir? Ich dachte schon, die Uhr hätte dich aufgegessen.«
    Sam beschloß, nicht länger so zu tun, als könnte er hören, und sagte dem freundlichen Arzt: »Doc, ich bin so gut wie taub.«
    »Häh? Na, das ist kein Wunder, diese alte Uhr hat womöglich deine

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