Tanz der Kakerlaken
vom Rand weg!« warnte er sie. »Du wirst auch reinfallen.«
»Was machst du denn da unten, Jack?« fragte sie.
»Ich lieg bloß hier rum, laß mich treiben und fühl mich prächtig«, erklärte er.
»Du bist noch nicht ertrunken, oder?«
»Nee, aber sieht so aus, als hätt's Jaybird erwischt.«
»Wie bist du da runtergekommen, Jack?«
»Genauso, wie du gleich hier runterkommen wirst, wenn du nicht vom Rand wegbleibst«, warnte Jack, aber er hatte die Worte noch nicht ausgesprochen, als er sie schon kopfüber in die Bierdose fallen sah. Mit einem sanften Platscher landete sie neben ihm und genehmigte sich einen ordentlichen Schluck Bier.
»Mmmm-mm«, schnurrte sie und leckte sich die Mandibeln. »Das ist der wahre Tropfen!«
»Guck dir an, was du gemacht hast«, schimpfte er. »Jetzt sitzen wir beide hier unten fest.«Ihm war inzwischen klargeworden, worin das Problem bestand.
Sie bemerkte den mit dem Bauch nach oben treibenden Jaybird.
»Ist er wirklich verwestert?« fragte sie.
»Entweder das, oder er ist betrunkener als ein gebratenes Bleßhuhn«, entgegnete Jack.
Josie hatte noch nie ein gebratenes Bleßhuhn gesehen, aber sie roch deutlich den Geruch der Westlichkeit, den Jaybirds Leichnam ausströmte, und sie empfand eine Mischung aus Trauer um den Verwesterten und Verantwortung: Sie fragte sich, welche der wenigen Vorräte, die in ihrer Speisekammer lagen, sie Samantha Coe für den Leichenschmaus bringen könnte. Josie hatte kein Krümchen Süßigkeit im Klotz, schließlich hatte sie eine große Familie durchzufüttern, die anderen Damen aber würden Samantha bestimmt ein Stückchen Kuchen oder Pastete oder zumindest einen Keks zum Leichenschmaus bringen, und Josie würde wie immer ärmlich dastehen. Sie klagte ihrem Ehemann ihr Leid: »Ich hab nicht das kleinste bißchen zum Leichenschmaus mitzubringen.«
»Grundgütiger, Ma, ist das alles, woran du in einem solchen Moment denken kannst?« wollte Jack wissen. »Im Augenblick ist nicht Jaybirds Leichenschmaus unsere Sorge, sondern unser eigener, wenn wir hier nicht rauskommen.«
Josie nahm noch einen Schluck von dem Bier rings um sie herum und fragte sich, wie lange sie mit Jacks Hilfe wohl brauchen würde, alles auszutrinken. »Wie tief ist das hier, Schatz?« fragte sie.
»Ich hab noch nicht versucht, auf Grund zu kommen«, erklärte er. »Und ich bin auch nicht sicher, ob ich es will.«
Josie versuchte, ihren Plan zu erklären. Wenn sie das ganze Bier tranken, konnten sie nicht darin ertrinken.
»Also, das ist echt echt clever von dir«, kommentierte Jack sarkastisch und tippte sich mit seinem Fühler an die Stirn. »Aber denk mal einen Augenblick drüber nach. Wo soll das ganze Bier, das wir trinken, denn hin?«
Josie dachte einen Augenblick darüber nach. »Oh«, bemerkte sie dann, versank in sorgenvolles Schweigen und paddelte träge mit ihren Schwanzreifen herum, doch dieser Spaß war ihr bald verleidet. »Jack«, fragte sie, »kannst du dich umdrehen?«
»Ma, es war mir lieb, wenn du aufhören würdest, mich ›Jack‹ zu nennen. Du mußt mich nicht ›Junker John‹ nennen, aber ›John‹ wäre schon ein wesentlicher Fortschritt.«
»Nun, John, wenn du wirklich ein Ingledew bist, dann solltest du dich eigentlich drehen, deine Flügel ausbreiten und hier rausfliegen können.«
Jack hatte eine undeutliche, aber angenehme Erinnerung daran, wie er kürzlich mit Hilfe seiner Flügel einem Santa Fe entkommen war. Einen Versuch war es wert. Er rollte sich auf die Seite und strampelte mit sämtlichen sechs Krabblern, aber es gelang ihm nicht, sich auf den Bauch zu drehen. »Gib mir mal einen Schubs«, sagte er zu seiner Frau.
Josie versuchte, ihm einen Schubs zu geben und ihn herumzudrehen, aber sie konnte ihn nur quer über den Teich schieben. Sie schob ihn an der Metallwand des Tanks empor, und dort gelang es ihnen durch Josies fortgesetztes Schieben und sein eigenes Strampeln, ihn auf die richtige Seite zu drehen. Er versuchte, die Flügel auszubreiten, aber sie waren mit Bier vollgesogen, und er stellte rasch fest, daß sein Körper in dieser Position keinen Auftrieb mehr hatte. Er konnte nur mit dem Bauch nach oben schwimmen.
»Hilfe!« schrie er im Untergehen.
»O Herr, steh uns bei!« flehte Josie den Mann an, der immer noch fest und süß (oder bitter) schlafend im Hof hinter dem Haus lag. »Kletter die Wand hoch, Jack!« rief sie ihrem Gatten verzweifelt zu und schob ihn an die Aluminiumwand, und er scharrte mit den
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